Sympathische Maschinen: Kathrin erforscht Roboter der Zukunft

Klar: Der Robotik gehört die Zukunft. Mit ihrer Hilfe lassen sich viele Probleme lösen. Aber was müssen Roboter können, um echte Alltagshelfer zu sein? Wie sollten sie aussehen und kommunizieren? Kathrin Pollmann, 34, vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO erforscht, was sich ältere Menschen von Robotern wirklich wünschen.

MINT-Berufe Frauen Portrait

Kathrin Pollmann

User Experience Expert

Lachende Frau mit Sommersprossen, die User Experience Expert ist.

Der Roboter als Alltagshelfer

Roboter arbeiten unfassbar präzise. Ihre Feinmotorik ist unschlagbar. Aber ein Roboter, der einem wirklich effektiv im Alltag zur Hand geht, lässt noch immer auf sich warten. Die menschlichen Bewegungsabläufe sind einfach zu komplex. Vor allem Senior*innen könnten von der Anwesenheit eines kompetenten Alltagsbegleiters profitieren, der ein paar schwere Getränkekisten in den Keller trägt, beim Ausräumen der Spülmaschinen hilft, an der Haustür die Einkäufe in Empfang nimmt oder daran erinnert, dass es mal wieder Zeit ist, ein Glas Wasser zu trinken.

Aber wären ältere Menschen überhaupt bereit, sich von einer Maschine helfen zu lassen? Und was wünschen sie sich von ihm? Solche Fragen erforscht Kathrin Pollmann. Kathrins Projekt am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart nennt sich „Nutzerzentrierte Interaktionsgestaltung für kontextsensitive Akzeptable Roboter“, kurz NIKA. Die Vision ist, einen sympathischen Kompagnon-Roboter für Senior*innen zu schaffen. Keinen Alleskönner zwar. Aber einen Begleiter, der alte Menschen unterhält, sie hin und wieder spielerisch herausfordert und im Notfall weiß, was zu tun ist.

Ein kompetenter Begleiter wäre genau das Richtige

Manche Leute mag eine solche Vorstellung erschrecken. Schließlich ist jede echte, menschliche Begegnung einer Mensch-Maschine-Interaktion haushoch überlegen. Andererseits muss das eine das andere ja nicht ausschließen. Ein Roboter könnte menschliche Unterstützung ganz gut ergänzen. Und ein Mittel sein, ein bisschen Fröhlichkeit in die Einsamkeit zu bringen.

Derzeit hat Kathrin mit drei verschiedenen gestalteten Robotern zu tun. Einer davon ist dem Menschen ähnlich, ein zweiter gleicht eher einem Tier. Der dritte wiederum versucht gar nicht erst, etwas anderes als eine Maschine zu sein. Mit der Zeit gelang es den Fraunhoferforscher*innen, die NIKA-Roboter mit intelligenten Fähigkeit auszustatten. Die Roboter lernten, ein Quiz zu spielen. Oder Scharade. Sie können ihre Benutzer*innen auch an Termine erinnern. Und dank einer eingebauten Kamera bemerken sie sogar, wenn etwas im Haus nicht stimmt.

Kein Lagerkoller, keine Langeweile

NIKA hat also das Zeug zu einem idealen Gefährten. Er kann den Kontakt mit Freunden und Angehörigen herstellen, zu Sport und Spiel motivieren, zum Lachen bringen und Ordnung schaffen im Informationswirrwarr des Internets. Richtig eingesetzt, wirkt er der Vereinsamung entgegen, dem Lagerkoller und der Langeweile.

Allerdings muss noch Einiges erforscht werden. Folgende Fragen treiben Kathrin um: Wie muss ein Roboter beschaffen sein, um als „angenehm“ empfunden zu werden? Wie zeigt ein Roboter, dass er aufmerksam zuhört? Welche Sprache soll er beherrschen? Wie kann er mit Licht, Geräuschen und Bewegungen „sprechen“? Ab kommendem Frühjahr wird Kathrin ihre gewonnene Expertise in ein neues Roboterprojekt einbringen.

Kathrin baut Brücken
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„Wir sind die Brückenbauer zwischen Technikern und Nutzern“

Denn in ihrer Fraunhofer-Gruppe arbeitet man „menschenzentriert“. Das heißt: Die Forscher*innen interessieren sich für das, was Menschen brauchen. In Fragebögen und Workshops ermitteln sie, was wirklich zählt. Und bauen die Fähigkeiten der Roboter entsprechend aus.

In ihrer Doktorarbeit, die gerade entsteht, sichtet Kathrin die psychologischen Befunde zur Mensch-Roboter-Interaktion und versucht, daraus Gestaltungsmöglichkeiten abzuleiten. Denn zum Thema wird zwar viel geforscht. Aber standardmäßig umgesetzt werden die Forschungsergebnisse nicht. Man könne auch nicht einfach übernehmen, was Japan entwickelt hat, sagt Kathrin. Das Land sei zwar Vorreiter in Sachen Robotik, habe aber andere Vorstellungen davon, wie ein Roboter beschaffen sein sollte. Besonders beliebt sind dort menschenähnliche Roboter. In Deutschland ist das anders.

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„Hier zieht man abstraktere, maschinenähnlichere Roboter vor.“

Programmieren macht doch Spaß!

Dass Kathrin einmal so viel mit dem Thema Technik zu tun haben würde, hat sich lange Zeit gar nicht abgezeichnet. In der Schule wollte sie lieber mit Sprache arbeiten oder kreativ sein. Das änderte sich während ihres Bachelorstudium in Angewandter Kognitions- und Medienwissenschaft in Duisburg. Damals begann sie, sich für Mensch-Computer-Interaktion zu interessieren. „Ich war davon ausgegangen, dass mich vor allem die Psychologie faszinieren würde. Aber im Endeffekt lag mir Informatik viel mehr, ich hatte richtig Spaß am Programmieren. Obwohl das in der Schule bei mir nicht so gezündet hat.“ Sie mag es, an Problemstellungen herum zu tüfteln und die Lösung selbst zu finden. „Wenn es funktioniert, ist das nach wie vor ein Supergefühl.“ Auch bei Fraunhofer programmiert sie an den Robotern ein bisschen mit, „ich bin keine Expertin, aber kleinere Anwendungen habe ich selbst gemacht.“

In ihrem Masterstudium in Eindhoven in den Niederlanden hat sie das Thema Mensch-Technik-Interaktion vertieft. Zu Fraunhofer kam sie vor sechseinhalb Jahren. „Learning by Doing“, erzählt sie, sei das Konzept bei Fraunhofer. Forschungs- und Industrieprojekte bearbeitet sie nicht nur, sie zieht sie auch selbst an Land. Dabei schadet es nicht, gut formulieren zu können und zu wissen, wie man ein Thema verkauft. Kathrin kommt dabei ihr Sprachgefühl zugute und die Fähigkeit, komplexe Themen verständlich aufzubereiten. Darum hat sie auch am Blogger- und Medientraining von Fraunhofer mitgemacht und auf der Homepage zu bloggen begonnen. „Verständlich zu erklären, warum Forschung wichtig ist, liegt mir sehr am Herzen.“

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