Call-to-action: Einfach machen

Es ist die Mutter ihres Partners, die Eileen Andert inspiriert, in die Webentwicklung einzutauchen. Denn diese hatte sich als gelernte Modestylistin das nötige IT-Wissen autodidaktisch und durch Fortbildungen selbst angeeignet. Die 27-Jährige folgt deren Beispiel und wagt sich ohne viel Vorwissen und mit einer Ausbildung in den schier unendlich scheinenden IT-Bereich hinein.

MINT-Berufe Frauen Portrait

Eileen Andert

Webentwicklerin

Eine junge Frau lehnt an einem Geländer im Hafen, trägt eine schwarze Lederjacke und lacht in die Kamera.

Dank ihrer Freude am Ausprobieren und der Bereitschaft, ständig dazulernen zu wollen, sammelt sie nach und nach so viele Werkzeuge, dass der Schritt in die Selbstständigkeit auf der Hand liegt. In diesem Porträt erzählt die Webentwicklerin von ihrem Werdegang, gewährt Einblicke in ihren abwechslungsreichen Arbeitsalltag und gibt darüber hinaus wertvolle Tipps weiter, wie Interessierte gezielt ihren individuellen Platz im großen Universum der IT finden können.

Weniger Theorie, mehr Praxis – pronto!

Als Eileen Andert nach dem Abitur – einerseits etwas orientierungslos und andererseits offen für verschiedene Themenfelder – ein Studium im Bereich Informatik beginnt, merkt sie schnell, dass sie weniger der Typ für die wissenschaftliche Forschung, sondern eher für die Praxis und das damit verbundene berufsbezogene Wissen ist. Kurzerhand kehrt die frischgebackene Studentin der Universität den Rücken, um eine Ausbildung zur Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung zu beginnen. In deren Rahmen nimmt sie am Austauschprogramm Go for Europe teil, was ihr einen einmonatigen Auslandsaufenthalt in Brescia, Norditalien ermöglicht.
Das Projekt wird durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds unterstützt.

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„Ich kann nur sagen, dass diese Zeit eine der besten Erfahrungen in meiner ganzen Ausbildung war. Sie hat mir eine völlig neue Perspektive im Hinblick auf das eröffnet, was die IT noch bieten kann und zudem meine Komfortzone extrem erweitert.“

Besonders motivierend sei die Tatsache gewesen, dass ihre etwa gleichaltrige Trainerin vor Ort selbst im technischen Bereich arbeitet. Auch menschlich habe sie sich äußerst wohl gefühlt und schnell Anschluss gefunden. „Kaum hatte ich dort neue Kontakte geknüpft, mein Lieblingscafé und eine gemütliche Bar gefunden und mich so richtig eingelebt, waren die vier Wochen auch schon vorbei – und ich musste wehmütig, aber um viele Erfahrungen reicher, wieder gehen.“

Selbstständigkeit trifft auf Bildungswissenschaften – für noch mehr Austausch und bessere Beratung.

Eine junge Frau steht in einer Halle und trägt eine grüne Hose und einen roten Hut.

Nach ihrem Ausbildungsabschluss arbeitet die Berufsanfängerin noch knapp zwei Jahre in ihrer Position weiter, stellt jedoch im Laufe der Zeit fest, dass ihr dabei die kommunikativen und organisatorischen Gesichtspunkte zu kurz kommen und sie sich mehr Austausch mit Kunden wünscht. Da die entsprechende Stelle intern bereits besetzt ist und sie nur im Rahmen von Urlaubsvertretungen in den Genuss dieser Position kommt, wagt die junge Webentwicklerin den Schritt in die Selbständigkeit. Parallel widmet sie sich dem Studiengang Bildungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung und Beratung an der Fernuniversität in Hagen. „Mein Ziel ist es, meine technischen Kenntnisse mit didaktischen Konzepten zu verbinden und digitale Lernprozesse zu gestalten; sei es klientenzentriert bei der technischen Beratung oder weiterhin in der Selbstständigkeit, gerade um beispielsweise Berufsanfängerinnen und -anfänger besser unterstützen zu können.“ Ob sie auf diesem Weg jemals einen Moment daran gezweifelt hat, dass der MINT-Bereich tatsächlich der richtige ist? „Ich würde fast sagen, nicht nur einen Moment, sondern fast ständig. Dadurch, dass ich eben nicht seit der Grundschule von Computern fasziniert war, habe ich mich oft wie ein ‚Imposter‘ gefühlt, dem ein großer Teil an Grundlagenwissen fehlt. Dennoch würde ich rückblickend nichts anders machen und weiß, dass sich meine Laufbahn nicht in einer Schiene festgefahren hat, sondern dabei ist, sich immer wieder anzupassen und zu entwickeln.“

Von KI generiert – vom Menschen kapiert.

Dass ein gewisses technisches Verständnis und die Bereitschaft, das eigene Wissen fortlaufend zu erweitern, wichtig sind, um erfolgreich im IT-Bereich arbeiten zu können, liegt auf der Hand. „Aus diesem Grund habe ich mich auch entschieden, zusätzlich Bildungswissenschaften zu studieren, um mein Verständnis von Vermittlung, Kommunikation und didaktischem Arbeiten zu vertiefen und auch fundiert nachweisen zu können.“ Doch welche menschlichen Eigenschaften und Qualitäten sollten darüber hinaus vorhanden sein? „Da generell viel Austausch nötig ist, hilft es, wenn man sich präzise ausdrücken kann, um Missverständnisse zu vermeiden. Auch Durchhaltevermögen und die Bereitschaft zum Ausprobieren sollten mitgebracht werden,“ so die Webentwicklerin. Im Großen und Ganzen seien in der IT aber sehr unterschiedliche Typen von Menschen vorzufinden, die alle ihren Platz fänden. „Manche arbeiten lieber ganz in Ruhe vor sich hin und wollen nicht gestört werden. Andere leben den Austausch miteinander. Es gibt nicht nur die Stereotypen mit Kapuzenpulli, sondern auch Entwicklerinnen mit lackierten Fingernägeln.“ Vor allem im Hinblick auf die rasante Entwicklung, die mit dem Aufkommen von generativer KI derzeit in der IT zu beobachten ist, sind es nach Einschätzung von Eileen Andert genau diese individuellen Soft Skills, die immer mehr an Bedeutung gewinnen dürften.

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„Zwar könnten mittelfristig betrachtet einfache Aufgaben von KI viel schneller erledigt werden, jedoch braucht es immer noch jemanden, der den Inhalt verstehen und passend einbauen kann. Dort kommen die Fähigkeiten der oder des Einzelnen ins Spiel, die für reibungslose Abstimmungsprozesse sorgen.“

Vorab wesentlich Fragen stellen – um direkt den richtigen Platz zu finden.

Ob sie sich in der Männerdomäne IT jemals als Frau benachteiligt gefühlt habe? Im Gegenteil: „Ich konnte – zumindest im Hinblick auf die Ausbildungssuche – eher Erfahrungen sammeln, dass viele Betriebe jungen Frauen eine Chance geben wollen. Es besteht ja zudem das Vorurteil, dass Frauen generell ‚fleißiger‘ als Männer seien. Das hat mir oft in die Karten gespielt, aber auch dazu geführt, dass ich mir selbst gegenüber Leistungsdruck verspürt habe.“ Damit mehr Mädchen und junge Frauen den Mut hätten, ihrem Beispiel zu folgen, brauche es ihrem Empfinden nach genau das: sichtbare Vorbilder, so wie sie sie selbst hatte – und zwar nicht nur die, die es „ganz nach oben“ geschafft hätten, sondern auch die durchschnittliche Informatikerin mit einem ganz normalen Alltag. Dazu seien Plattformen und Möglichkeiten zum Austausch wichtig, damit Fragen und Bedenken an der richtigen Stelle aufgegriffen und geklärt werden könnten.

Eine junge Frau sitzt mit Kopfhörern an einem Tisch und schaut in einen Laptop

Auch guter Informatikunterricht an Schulen sowie externe Veranstaltungen, wie z.B. der Girls‘Day seien wichtige und unterstützende Rahmenbedingungen. Konkret auf die IT bezogen empfiehlt sie Berufsanfängerinnen und -anfängern im Allgemeinen, genau abzuwägen, welcher Bereich der Informatik für sie persönlich interessant sein könnte, optimalerweise mit Hilfe einer entsprechenden Ansprechperson. Wegweisend können folgende Fragen sein:

  • Möchte ich gerne im Designbereich unterwegs sein? Dann bin ich in der Webentwicklung bzw. im Frontend richtig (die Sprachen HTML/CSS/JavaScript).
  • Interessiert mich vor allem das möglichst „saubere“ Schreiben von Program-men in der Programmiersprache? Ähnlich wie bei natürlichen Sprachen folgt der Aufbau festen Regeln – wer Freude an Sprachen hat, könnte am Erlernen der Programmiersprache Java Spaß haben.
  • Organisiere und strukturiere ich gerne Daten? Dann empfiehlt sich die Arbeit mit Datenbanken (Stichwort SQL).

Sobald die Richtung klar sei, könne im nächsten Schritt bei den Betrieben erfragt werden, wo die genaue Spezialisierung liegt.

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„Wenn man sich für ein Ausbildung entscheidet, ist die Spezialisierung der Firma für die eigene Entwicklung richtungsweisend. Daher kann ich nur raten, diese Entscheidung bewusst zu treffen, sich zu informieren und nicht einfach blind bei der erstmöglichen Stelle zuzuschlagen.“

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