
Steckbrief
- Firmensitz: Böblingen
- Branche: IT
- 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Interview mit Eva Faenger, Diversity Managerin Hewlett Packard Enterprise
Frau Faenger, um die Personalentwicklung und -bindung, insbesondere von MINT-Mitarbeiterinnen, zu unterstützen, führen Sie zahlreiche Maßnahmen durch. Welche sind das?
Bei HPE verfolgen wir das Ziel, mehr Frauen für Führungspositionen zu gewinnen. Für uns ist das kein Sprint, sondern ein Marathon. Es geht nicht um das Zählen, Messen und Wiegen von Frauen und Männern in Führungspositionen. Es geht um eine Entwicklung, die sicherstellt, dass Geschlechtervielfalt wirkt. Hierzu gehören nicht nur gute Prozesse, Richtlinien und Trainings. Hierzu gehört vor allem die Auseinandersetzung mit unserer Kultur und dem, was sich in unseren Köpfen abspielt. Was nützt das beste Mentoring, wenn am Ende des Tages die Frauen nicht wollen oder die Führungskräfte nichts Neues wagen und an Altbewährtem festhalten. Wir setzen daher sehr stark auf Dialog und die aktive Einbindung der gesamten Organisation.

Um das zu erreichen, haben wir einen Veränderungsprozess auf den Weg gebracht, der neben den Rahmenbedingungen und Fähigkeiten vor allem die kulturellen Aspekte und persönlichen Einstellungen in den Fokus rückt: Die Führungskräfte müssen die besonderen Herausforderungen verstehen, die den Weg in die Führung für Frauen oft erschweren und die Frauen brauchen Mut und Klarheit, diesen Weg aktiv zu gestalten.
In den Jahren 2012 bis 2015 lag unser Fokus darauf, Führungskräfte für die Herausforderung zu sensibilisieren, Frauenkarrieren gezielt zu fördern und unbewusste einschränkende Denkmuster zu adressieren. Gleichzeitig haben wir Frauen mit Potenzial und Interesse an Führung identifiziert, ermutigt und sie bei der Entwicklung ihrer Führungskarriere begleitet. Mit der Workshopserie „Female Talents Explore Leadership“ haben wir beispielsweise Frauen in ihrer grundsätzlichen Entscheidung für oder gegen eine Führungsposition unterstützt. Der Entscheidungsprozess ist bei Frauen in der Regel viel komplexer. Oft bleiben Frauen hier „stecken“ und lassen die Frage für sich unbeantwortet. Damit fehlt eine Klarheit, die für die weitere Karriereentwicklung hinderlich ist. Mit der Workshopserie haben wir bei den Frauen diese Klarheit entwickelt und somit eine erste große Hürde genommen. Eine weitere Hürde ist die oft fehlende Sichtbarkeit. Hierzu haben wir in 2016 das Female Sponsorship Program auf den Weg gebracht. Beim Sponsorship geht es – anders als beim Mentoring – darum, Türen zu öffnen, Visibilität zu schaffen und dafür zu sorgen, dass der Schützling bei der nächsten Chance zum Zuge kommt. Der Einsatz für den Sponsor ist nicht unerheblich. Er bürgt mit seinem Namen für das Talent, er ist überzeugt von den Qualitäten und setzt sich für das Talent ein. Beim Sponsorship verdichten sich unsere bisherigen Bemühungen. Das Female Sponsorship Program ist sozusagen das Brennglas unseres Veränderungsprozesses.
Auch für den weiblichen Nachwuchs sorgen wir konsequent. In 2015 feierten wir das 50-jährige Bestehen unseres HP/HPE Dual Study Programmes. Attraktive Studiengänge sorgen dafür, dass fast die Hälfte unserer Studenten mittlerweile weiblich sind. Begleitet werden diese Maßnahmen durch unsere Female Mentoring Programme und zahlreiche Möglichkeiten, sich mit anderen Frauen zu vernetzen.
Auch extern sind wir aktiv: HPE war eines der ersten Unternehmen, das vor mehr als zehn Jahren eine Patenschaft für den ersten Frauenstudiengang Deutschlands an der Hochschule Furtwangen übernommen hat.
Darüber hinaus suchen wir den Dialog mit Frauen auf Events und Messen, um die vielseitigen Karrierechancen in einem Technologieunternehmen zu zeigen. Was wenige Frauen wissen: HPE bietet ein vielfältiges Portfolio an Jobmöglichkeiten, das über die klassischen, technisch orientierten Aufgaben hinausgeht. Durch die IT-Trends der letzten Jahre sind stets neue Profile gefragt, bei denen weibliche Stärken eine große Rolle spielen. Der digitale Wandel ist nicht nur eine technologische, sondern ebenso eine kulturelle Herausforderung. Es geht zunehmend darum, in Teams und Netzwerken zu arbeiten und gemeinsam Entscheidungen zu treffen: All das sind Herausforderungen, wo Frauen mit ihren Stärken punkten können.
Dass wir mit unseren Initiativen und Maßnahmen insgesamt auf einem sehr guten Weg sind, zeigt auch unsere wiederholte Erstplatzierung im Frauen-Karriere-Index (FKI), der jährlich unter der Schirmherrschaft des Bundesfamilienministeriums erstellt wird. Seit der Erhebung des Indexes belegen wir zum fünften Mal in Folge die Spitzenposition. Der FKI stellt dar, wie erfolgreich Unternehmen darin sind, Frauenkarrieren zu fördern. Mit 90 von 100 Punkten erreichte HPE das beste Ergebnis aller teilnehmenden Unternehmen.
Von der Jury positiv bewertet wurde bei HPE die kontinuierliche Entwicklung und Umsetzung von Programmen für die Förderung von Frauenkarrieren und die damit erzielten Resultate. Bei HPE sind in Deutschland 19 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt – deutlich mehr als im Durchschnitt der IT-Unternehmen in Deutschland (knapp 8 Prozent laut Branchenverband Bitkom). Der HPE-Aufsichtsrat besteht derzeit zur Hälfte aus Frauen.
Was raten Sie anderen Unternehmen aus dem MINT-Bereich? Lohnen sich gezielt frauenspezifische Programme zur Personalentwicklung?
Frauenspezifische Programme zur Personalentwicklung lohnen sich auf jeden Fall, vor allem zu Beginn des Veränderungsprozesses. Das hat zum einen Signalwirkung, zum anderen lernt die Organisation, die besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit Gender Diversity besser zu verstehen und damit umzugehen. Mein Rat ist: Betrachten Sie dieses Thema nicht als Sprint, sondern als Marathon. Mit ein paar Einzelmaßnahmen ist es nicht getan. Vielmehr ist ein Veränderungsprozess erforderlich, der die Wechselwirkung zwischen Rahmenbedingungen, Fähigkeiten, Unternehmenskultur und persönlichen Mindsets berücksichtigt. Hierzu braucht es vor allem ein klares verbindliches Ziel, Investitionsbereitschaft, die aktive Einbindung der Geschäftsbereiche und einen Fahrplan, der Orientierung gibt und den Veränderungsprozess für alle transparent macht.
Welche Erfahrungen machen Sie in Ihrer unternehmerischen Praxis? Gibt es einen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen MINT-Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen?
Es gibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Unterschiede, die ich beobachte, sind: Frauen suchen eher den Konsens, setzen sich stärker mit Inhalten auseinander und sorgen dafür, dass es dem Team gut geht. Gerade die Unterschiede sind es, die wir nutzen wollen. Unterschiedliche Stärken, Perspektiven und Herangehensweisen führen zu besseren Lösungen und mehr Innovation. Dieses Potenzial haben wir im Fokus bei unseren Bemühungen, mehr Frauen für unsere Branche zu begeistern und eine bessere Balance der Geschlechter auf allen Ebenen zu erreichen.
Was raten Sie persönlich weiblichen Fachkräften, z.B. um nach einer Elternzeit wieder erfolgreich in den Beruf ein- und aufsteigen zu können?
Ganz wichtig: das richtige Unternehmen aussuchen. Ausschlaggebend ist eine Unternehmenskultur, die auf Vertrauen, Flexibilität und Vielfalt setzt und die ein lebensphasenorientiertes Arbeiten ermöglicht. Außerdem: Kontakt zum Unternehmen und zu Kollegen/innen halten, um „am Ball“ zu bleiben und Angebote zur Weiterentwicklung wahrzunehmen.
Männerdomäne MINT? Wie lange wird sich aus Ihrer Sicht dieses Vorurteil noch halten?
Ich sehe eine neue Frauengeneration heranwachsen, die die Männerdomäne MINT immer mehr für sich entdeckt – gerade weil Politik, Gesellschaft, Bildung und Wirtschaft in den letzten Jahren viel für Aufklärung und Transparenz gesorgt haben. Ich erlebe das gerade ganz persönlich: Meine Tochter hat sich gerade für ein duales Studium der Wirtschaftsinformatik entschieden.
Kontakt
Hewlett Packard Enterprise
Eva Faenger
Berliner Strasse 111
40880 Ratingen
E-Mail: eva.faenger@hpe.com