10 Jahre Landesbündnis Frauen in MINT-Berufen

IMPRESSUM Herausgeber Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg Neues Schloss, Schlossplatz 4 70173 Stuttgart Telefon: +49 (0)711 123-0 Fax: +49 (0)711 123-2121 E-Mail: poststelle@wm.bwl.de Internet: wm.baden-wuerttemberg.de Redaktion Dr. Birgit Buschmann, Dr. Jürgen Zieher Copyright © 2021, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg Redaktionsschluss: September 2021

SEHR GEEHRTE DAMEN UND HERREN, in diesem Jahr kann das Landesbündnis „Frauen in MINT-Beru- fen“ sein zehnjähriges Jubiläum feiern. Es wurde im Juli 2011 von der Landesregierung Baden-Württemberg sowie 24 Spitzenver- treterinnen und -vertretern aus zahlreichen Organisationen ins Leben gerufen. Das Ziel des Bündnisses ist es, mehr Frauen für MINT-Berufe zu gewinnen. Die Beteiligten verfolgen dabei eine gemeinsame Strategie und vernetzen ihre Aktivitäten im Bereich „Frauen in MINT-Berufen“ in einem lebensphasenorientierten Aktionsprogramm. Ich freue mich, dass wir zum zehnjährigen Be- stehen vier weitere Organisationen in das Bündnis aufnehmen und nun mit insgesamt 63 Partnerinnen und Partnern eine chan- cengleiche MINT-Zukunft vorantreiben. Mit dem bundesweit einzigartigen Landesbündnis und der im März 2010 von der Landesregierung gestarteten Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ hat Baden-Württemberg eine Vorrei- terrolle eingenommen. Dank unserer vielfältigen Fördermaßnah- men zeichnen sich bereits seit einigen Jahren positive Entwick- lungen ab: So ist beispielsweise in Baden-Württemberg die Zahl der erwerbstätigen Frauen in MINT-Berufen von 2013 bis 2018 von 226.000 auf 248.000 um fast zehn Prozent angestiegen. Es gilt nun, gemeinsam alles daran zu setzen, dass sich dieser Trend fortsetzt. Fachkräftesicherung brauchen wir kompetente und motivierte Frauen und Männer gleichermaßen. Daher ist es umso wichti- ger, noch mehr Mädchen und junge Frauen für Ausbildungen in MINT-Berufen zu begeistern und die Erwerbsbeteiligung von Frauen in diesen Bereichen auch künftig zu fördern. Die vorliegende Broschüre vermittelt einen spannenden Über- blick zur Entstehung und Entwicklung von Landesbündnis und Landesinitiative. Die ausgewählten Beiträge der Bündnispartne- rinnen und -partner belegen eindrucksvoll das breite Spektrum an Best Practice-Aktivitäten und wirkungsvollen Fördermaßnah- men von der frühkindlichen Bildung bis zur Karriereförderung in Unternehmen. Elf Portraits – von der Schülerin bis zur Universi- tätsprofessorin – geben faszinierende persönliche Einblicke in die facettenreiche Alltagswelt und die Gestaltungsmöglichkeiten von MINT-Frauen. Ich danke allen Partnerinnen und Partnern für ihr tatkräftiges En- gagement im Landesbündnis und wünsche den Leserinnen und Lesern viel Freude bei der Lektüre. Denn Baden-Württemberg hat mit 34 Prozent den bundesweit höchsten Anteil an MINT-Beschäftigten. Durch die digitale Transformation steigt der Fachkräftebedarf weiter an und für die Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut MdL Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg 03Vorwort

1. Entstehung und Entwicklung von Landesinitiative und Landesbündnis „Frauen in MINT-Berufen“ GRÜNDUNG DER LANDESINITIATIVE „FRAUEN IN MINT-BERUFEN“ Auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise emp- fahl der von der Landesregierung eingesetzte Innovationsrat Baden-Württemberg am 21. Juli 2009 die Durchführung eines mittelfristig angelegten Programms „Frauen in MINT-Berufen in Wirtschaft und Wissenschaft“. Das Gremium sprach sich da- für aus, dass die Landesregierung das Programm gemeinsam mit Unternehmen und Verbänden der Wirtschaft, Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Baden-Württemberg umsetzt. Ziel- setzung war, das Arbeitskräftepotenzial in den MINT-Berufen durch eine Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen deut- lich zu erhöhen. Denn Frauen entscheiden sich in deutlich gerin- gerem Maße als Männer für eine berufliche Tätigkeit im Bereich Naturwissenschaft und Technik, dies gilt sowohl für MINT-Aus- bildungsberufe als auch -Studiengänge. Die Empfehlung des Innovationsrats erfolgte vor dem Hinter- grund des damals branchenübergreifend spürbaren Fachkräfte- mangels. Besonders gravierend war damals wie heute der Mangel an qualifizierten Beschäftigten in Berufen im Bereich Mathe- matik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Baden-Württemberg hat den bundesweit höchsten Anteil an MINT-Beschäftigten und auch künftig den höchsten Bedarf an MINT-Fachkräften. Um dem Entstehen einer Innovations- und Wachstumsbremse vorzubeugen, hat die Sicherung von qualifi- zierten Fachkräften oberste Priorität für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Zur Umsetzung beschloss die Landesregierung im März 2010 auf Vorschlag von Wirtschaftsministerium und Ministerium für Wis- senschaft, Forschung und Kunst (Wissenschaftsministerium) die gemeinsame Initiative „Frauen in MINT-Berufen in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung“ (kurz: „Frauen in MINT-Berufen“) zunächst befristet für zwei Jahre zu starten. Die Landesinitiative verfolgte von Anfang an fünf Zielsetzungen: 1. Gewinnung von Frauen für eine berufliche Tätigkeit im MINT-Bereich in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, Steigerung der Attraktivität von beruflichen Tätigkeiten im MINT-Bereich, Karriereförderung und Verbesserung der Wiedereinstiegschancen von Frauen im MINT-Bereich, Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, 2. 3. 4. 5. Verringerung der Ausstiegs- und Abbruchquoten. 06Kapitel 1. Entstehung und Entwicklung von Landesinitiative und Landesbündnis „Frauen in MINT-Berufen“

Um eine nachhaltige und dauerhafte Erhöhung des Frauenanteils in MINT-Berufen zu erreichen, bedarf es eines Kulturwandels mit gesellschaftspolitischen und strukturellen Veränderungen. Es gilt, gesellschaftliche Leitbilder, Infrastrukturen (Ganztagesbetreu- ung) und Unternehmenskulturen zu verändern. Dies erfordert die Zusammenarbeit aller gesellschaftspolitischen Akteure und der Sozialpartner. Mit der Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ bestand erst- mals die Chance, ein ganzheitliches, lebensphasenorientiertes Konzept zur nachhaltigen Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit im MINT-Bereich zu entwickeln und umzusetzen. Die Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ sollte dabei Maßnahmen für verschiedene Lebensphasen umsetzen, die dazu beitragen, beispielsweise Schülerinnen für eine berufliche Ausbildung oder ein Studium im MINT-Bereich zu gewinnen. Indem Frauen im Anschluss an ihre Ausbildung oder ihr Studium bei ihren individuellen Berufswegen unterstützt und begleitet werden, wird einem möglichen Ausstieg aus dem MINT-Bereich vorgebeugt. Auch der Wandel in den Unternehmenskulturen gewerb- lich-technischer Betriebe wurde in den Blick genommen, um den Drop-out von Ingenieurinnen zu reduzieren. Unabdingbar bleibt dabei ein Einstellungswandel bei Entscheidungsträgern, Personalverantwortlichen und der deutlich männlich gepräg- ten Belegschaft. Daher zielte die Landesinitiative von Anfang an auch darauf ab, Führungskräfte und Personalverantwortliche in Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen bei der innerbetrieblichen Durchsetzung von Chancengleich- heit (Diversity-Strategien) und Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu unterstützen. Insbesondere durch das Angebot von flexibleren Arbeitszeitmodellen, mehr (vollzeitnahen) Teil- zeitarbeitsplätzen, passgenauer Kinderbetreuung, Wiederein- stiegsangeboten und Karriereförderung lassen sich mehr Frauen in den Unternehmen halten oder zu einer Rückkehr in ihren MINT-Beruf bewegen. Eine Bestandsaufnahme der MINT-Aktivitäten in Baden- Württemberg und Expertengespräche durch das Wirtschafts- ministerium zeigten Ende 2010, dass sich bereits ca. 80 Akteure im MINT-Bereich engagierten. Daraus ergab sich die Erkenntnis, dass nicht nur weitere Einzelmaßnahmen und Projekte gestartet werden sollten, sondern vor allem eine gute Koordinierung, Vernetzung und gendersensible und wirkungsvolle Ausgestaltung dieser bereits bestehenden MINT-Aktivitäten notwendig war. Darüber hinaus fehlte für die MINT-Akteure eine landesweite Plattform, um Handlungsbedarfe zu identifizieren, die Wirksam- keit der Maßnahmen zu prüfen, Wissenstransfer zu organisieren, Lücken zu schließen und insgesamt mehr Nachhaltigkeit und Breitenwirksamkeit zu erzielen. Mit diesen Zielsetzungen wur- de daher am 4. Juli 2011 das Landesbündnis „Frauen in MINT- Berufen“ ins Leben gerufen. 07

GRÜNDUNG DES LANDESBÜNDNISSES AM 4. JULI 2011 IN DITZINGEN Im Rahmen der Umsetzung der Landesinitiative rief deshalb am 4. Juli 2011 das damalige Ministerium für Finanzen und Wirtschaft gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium, dem Kultusministerium sowie dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung und 24 weiteren maßgeblichen MINT-Akteuren im Land das Landesbündnis „Frauen in MINT-Berufen“ ins Leben. Damit wurde eine gemeinsame politische Strategie und Plattform geschaffen, um die Aktivitäten der Beteiligten zu bündeln und abzustimmen sowie in konzertierter Aktion noch mehr Erfolg und Breitenwirksamkeit zu erreichen. Es erfolgte die gemeinsame Ausarbeitung und Unterzeichnung eines Bündnispapiers am 4. Juli 2011 bei der TRUMPF GmbH & Co. KG in Ditzingen durch Ministerin Theresia Bauer MdL und Minister Nils Schmid MdL sowie der weiteren beteiligten Bündnispartner aus Arbeitge- ber-, Berufs- und Branchenverbänden, Gewerkschaften, Frauen- netzwerken, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Stiftungen, Ministerien, den Kontaktstellen Frau und Beruf sowie der Regio- naldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit. Damit gingen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner eine Selbstverpflichtung ein, sich gemeinsam intensiv um das Thema Frauenerwerbstätigkeit im MINT-Bereich zu bemühen. Beteiligte bei der Bündnisunterzeichnung am 4 . Juli 2011 Die Zielsetzung des Bündnisses bestand von Anfang an darin: • Die Chancengleichheit und das Arbeitskräftepotenzial in allen MINT-Studien- und Ausbildungsberufen durch eine verstärk- te Heranführung, Ausbildung und Erwerbsbeteiligung von Mädchen und Frauen in MINT-Berufen deutlich zu erhöhen. • Das Berufswahlverhalten sowie die Berufs- und Lebensper- spektiven von Mädchen und Frauen positiv zu verändern und die Zukunftschancen der MINT-Berufe besser zu ver- deutlichen und zu nutzen. • Die bereits bestehenden Strukturen und Aktivitäten in Ba- den-Württemberg für Mädchen und Frauen in MINT-Beru- fen zu stärken und weiterzuentwickeln. • Die Bündnispartnerinnen und Bündnispartner wollten erfolg- reiche Projekte nachhaltig verankern sowie weitere Maßnah- men in zentralen Handlungsfeldern anstoßen und entwickeln. 08Kapitel 1. Entstehung und Entwicklung von Landesinitiative und Landesbündnis „Frauen in MINT-Berufen“

bildenden in MINT-Berufen, bei den Studienanfängerinnen und Absolventinnen in MINT-Studiengänge sowie bei den sozialversi- cherungspflichtig beschäftigten Frauen im MINT-Bereich. Darüber hinaus werden erfolgreiche Angebote von Bündnispartnern prä- sentiert und deren geplante Aktivitäten vorgestellt. Gleichzeitig werden auch Handlungsbedarfe identifiziert, die im Rahmen von Expertengesprächen, Workshops und Arbeitsgruppen vertieft wer- den. Eine Steuerungsgruppe bereitet diese Bilanz- und Spitzen- gespräche vor. Das erste Bilanzgespräch fand am 2. Juli 2012 statt. Das damalige Ministerium für Finanzen und Wirtschaft über- nahm die Koordination des Landesbündnisses. Dr . Nils Schmid MdL, Finanz- und Wirtschaftsminister, am 2 . Juli 2012 mit neu aufgenommenen Bündnispartnerinnen und -partnern • Diese Maßnahmen sollten zu einem gemeinsamen Aktions- programm und Bausteinkonzept entlang des Bildungs- und Berufsverlaufs von Mädchen und Frauen zusammengeführt werden. Damit wurde eine lebensphasenorientierte und ganzheitliche Strategie etabliert. Mit der Landesinitiative und dem Bündnis „Frauen in MINT- Berufen“ hat Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle unter den Bundesländern übernommen. Die Bündnispartner bringen eige- ne Beiträge in das Bündnis ein und verpflichten sich zu einer gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit. Dabei sind die einzelnen Maßnahmen und Akteure sehr gut vernetzt und schaffen so die Grundlage, das Thema „Frauen in MINT-Berufen“ in konzertier- ter Aktion voranzubringen. Mit der lebensphasenorientierten Strategie und dem jährlichen gemeinsamen Aktions- programm wollen sie für Mädchen und Frauen auf ih- rem Bildungsweg und bei ihrer Berufswegplanung in je- der Bildungsstufe – von der frühkindlichen Förderung über die Schulausbildung bis hin zu Ausbildung/Studi- um oder MINT-Karriere – passende Angebote bieten. Es wurden zudem jährliche Spitzengespräche zur Bilan- zierung von Wirkungen und Erfolgen des Bündnisses vereinbart. Hierbei werden die Aktionsprogramme und Maßnahmen der Bündnispartner abgestimmt, bilanziert und weiterentwickelt. Die jährlich zu den Bilanzgesprä- chen vorgelegten Bilanzberichte belegen Erfolge, posi- tive Trends und Zuwächse bei den weiblichen Auszu- 09

Auch die Strukturen und die Ausrichtung des Bündnisses wurden stetig weiterentwickelt und ausgebaut. So wurde 2019/2020 ein Design-Thinking-Prozess mit den Bündnispartnern durchgeführt und neue Maßnahmen wie eine MINT-Map und regionale Netz- werktreffen von Bündnispartnern implementiert. ARBEITSGRUPPEN Für eine vertiefte inhaltliche Arbeit zu besonders relevanten MINT-Themen entstanden Anfang 2019 drei Arbeitsgruppen der Landesinitiative, in denen zahlreiche Bündnispartner mit- wirken. AG-Leiterinnen im Gespräch mit Dr . Birgit Buschmann, Referatsleiterin, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, beim Bilanzgespräch 2019 Im Laufe der folgenden Jahre konnte das Bündnis stetig aus- gebaut werden. Zum zehnjährigen Jubiläum werden es mit der Aufnahme von vier neuen Organisationen im Oktober 2021 nun- mehr 63 Bündnispartnerinnen und Bündnispartner sein, die ge- meinsam eine chancengleiche MINT-Zukunft vorantreiben. Die kontinuierliche Erweiterung des Bündnisses bei gleichzeitiger thematischer Vertiefung stellt für die Landesinitiative nach wie vor ein wichtiges Ziel dar. Eine Vertiefung erfolgte in Experten- gesprächen, Kompetenzworkshops, Kongressen zu Themen wie Mentoring für Schülerinnen und Studienanfängerinnen, aktive Elternarbeit in der Berufsorientierung sowie Wiedereinstieg von Ingenieurinnen oder Evaluierung von MINT-Fördermaßnahmen. Die Landesinitiative war zunächst für zwei Jahre befristet und wurde 2012 per Kabinettsbeschluss um weitere zwei Jahre ver- längert. Um Nachhaltigkeit zu erreichen, war es erforderlich, die geschaffene landesweite Plattform und das landesweite Bündnis fortzuführen, weiter auszubauen und dauerhaft zu verstetigen. Das Thema „Frauen in MINT-Berufen“ wurde daher ab 2015 als Daueraufgabe im Referat Wirtschaft und Gleichstellung im damaligen Ministerium für Finanzen und Wirtschaft (seit 2021: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus) mit entspre- chendem Personal- und Sachkostenbudget verankert und fortge- führt. Das Wissenschaftsministerium sieht das Thema „Frauen in MINT-Berufen“ ebenfalls weiterhin als sehr wichtig an und be- gleitet es daher kontinuierlich weiter. 10Kapitel 1. Entstehung und Entwicklung von Landesinitiative und Landesbündnis „Frauen in MINT-Berufen“

• Die Arbeitsgruppe MINT-Unternehmensnetzwerk unter der Leitung von Nathalie Spahr (VDI Württembergischer Ingenieurverein) und Beate Wittkopp (Steinbeis Transfer- Werk-BW) widmete sich der öffentlichkeitswirksamen Dar- stellung der MINT-Landesinitiative. Dadurch sollte die Lan- desinitiative in Unternehmen bekannter sowie das Thema in Unternehmen sichtbarer gemacht werden. Zugleich sollten mehr Unternehmen zur Teilnahme und zur Durchführung eigener Maßnahmen gewonnen werden. Die Arbeit der AG Unternehmensnetzwerk wurde im Juni 2021 beendet, nach- dem die Zielgruppe Unternehmensvertreterinnen und Un- ternehmensvertreter durch die Netzwerktreffen im Rahmen des 2016 gestarteten Beteiligungsprogramms @MINT gut erreicht werden konnte. • Die Arbeitsgruppe MINT-Regionen verfolgt das Ziel, den Austausch und die Vernetzung der MINT-Regionen und MINT-Akteure in Baden-Württemberg zu fördern und kon- krete Instrumente zur Unterstützung zu entwickeln. Dazu gehören beispielsweise Informationsveranstaltungen zu Ausschreibungen für MINT-Regionen und Qualifizierungs- angebote für Koordinatorinnen und Koordinatoren von MINT-Regionen. Die Arbeitsgruppe wird von Christiane Huber, Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirt- schaft e.V., geleitet. • Die Arbeitsgruppe Initiativen für Frauen in der dualen tech- nischen Ausbildung widmet sich der Gewinnung von Mäd- chen und jungen Frauen für eine MINT-Ausbildung. Neben einer Bestandsaufnahme geht es im Wesentlichen darum, das Thema Mädchen und MINT im schulischen Kontext zu stärken und die beteiligten Akteure (z. B. Lehrkräfte, Berufsberatung, El- tern) zu sensibilisieren und zu unter- stützen. Hierbei möchte die AG auf bestehenden Angeboten und Kon- zepten aufbauen und diese ergänzen. Die Arbeitsgruppe wird von Kathari- na Kraus, Regionaldirektion Baden- Württemberg der Bundesagentur für Arbeit, geleitet. Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Bilanzgespräch 2019 11

2. Ausgewählte Aktivitäten des Wirtschaftsministeri- ums als Koordinierungsstelle des Landesbündnisses Entsprechend der lebensphasenorientierten IMAGEKAMPAGNE DER LANDESINITIATIVE Strategie wurden seit 2011 im Rahmen „FRAUEN IN MINT-BERUFEN“ des Landesbündnisses jährlich zahlreiche Programme, Veranstaltungen und Publikationen für die unterschiedlichen Zielgruppen von Schülerinnen über Auszubildende/Studentinnen bis hin zu Wiedereinsteigerinnen realisiert. Seit 2012 begleitet eine reichweitenstarke und zielgruppengerech- te Imagekampagne die Aktivitäten der Landesinitiative und des Bündnisses „Frauen in MINT-Berufen“ und soll die Attraktivität der MINT-Berufe für junge Frauen und Mädchen steigern sowie einen Mehrwert für die Partnerinnen und Partner des Bündnisses, Multiplikatoren und Öffentlichkeit schaffen. Das Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium initiierten von Anfang an jeweils Programme und Projekte, die gemeinsam mit Bündnispartnern umgesetzt wurden. Im folgenden Kapitel wer- den 27 Best Practice-Maßnahmen von den jeweils beteiligten Bündnispartnern ausführlich vorgestellt. Seit der Etablierung des Landesbündnisses hat das Wirtschafts- ministerium als Koordinierungsstelle des Landesbündnisses stets auch eigene Maßnahmen umgesetzt. Auf einige von ihnen wird nachfolgend näher eingegangen. Zentrales Portal der Kampagne ist die Anfang 2012 gestartete Website www.mint-frauen-bw.de, welche kontinuierlich weiter- entwickelt und ausgebaut wird. Mit vielfältigen Inhalten wie Role Model Portraits, Bündnispartnernews, Veranstaltungshinweisen und einer MINT-Map zu Aktionen, Workshops und Veranstal- tungen in Baden-Württemberg spricht die Seite alle relevanten Zielgruppen an und gehört zu den Top-3 der MINT-Präsenzen im Web. Eine erfreuliche Entwicklung des Engagements – dies zei- gen unter anderem Zahlen von monatlich durchschnittlich rund 9.000 Visits auf der Internetpräsenz. Ein weiterer Baustein der Kampagne ist seit 2012 der Facebook- Auftritt www.facebook.com/MINT.Frauen.BW/, welcher einen Mix aus Formaten wie Termin-, Veranstaltungs-, App-, Berufs- 12Kapitel 2. Ausgewählte Aktivitäten des Wirtschaftsministeriums als Koordinierungsstelle des Landesbündnisses

oder Karrieretipps sowie Wissenswertes, MINT-Heldinnen oder auch Lifehacks rund ums Thema bietet. Zunächst wurde mit dem Kanal die junge Zielgruppe angesprochen. Inzwischen haben sich die Inhalte allerdings in der Weiterentwicklung den Interessen der mittlerweile älteren, über 2.500 Abonnentinnen und Abonnen- ten angepasst. Ziel ist es, Multiplikatoren, Wiedereinsteigerinnen, Eltern und Lehrkräfte mit Informationen, unterhaltsamen The- men und Neuigkeiten aus der MINT-Community zu erreichen. Im Vergleich zu Facebook ist der 2019 eingerichtete Instagram- Kanal @mint_leben in Bezug auf die Themenwahl und An- sprache deutlich „jünger“ gestaltet. Denn Instagram ist der Place to be der jüngeren Zielgruppen wie den weiblichen Auszubildenden, Studentinnen und Young Professionals. Daher ist hier die Bildsprache lebendiger, farbenfroher, fe- mininer und geprägt von Grafiken und Illustrationen. Der Content setzt sich zusammen aus Illustrationen, Fotografien, Bildmaterial und Beiträgen von Influencerinnen, Lifehacks sowie Infografiken und Rätseln zum Thema MINT. Und das kommt an – nur zwei Jahre nach Einführung überzeugt der Kanal schon über 2.000 Abonnentinnen und Abonnenten. Ergänzend dazu wird der YouTube-Kanal „MINT in deinem Leben“ regelmäßig mit Bewegtbild-Beiträgen bespielt, um auch hier die breite Zielgruppe der Landesinitiative mit Informationen, spannenden Tipps und Unterhaltung zu erreichen. Hier wird die Attraktivität der MINT-Berufe in authentischen und spannen- den Berufs-Portraits aus erster Hand vermittelt, Lifehacks geben Alltagstipps und Aktivitäten der Partnerinnen und Partner wer- den weiterverbreitet. Ein jährlich viermal erscheinender Newsletter mit News der Partnerinnen und Partner, Veranstaltungen und Aktivitäten der Landesinitiative rundet das Online-Angebot ab. BETEILIGUNGSPROGRAMM FÜR UNTERNEHMEN UND VIDEOBOTSCHAFTER-KAMPAGNE Im Jahr 2017 startete das Wirtschaftsministerium das Beteiligungs- programm@MINT, welches die Zusammenarbeit mit Unterneh- men fördern und ausbauen soll. Mit diesem Programm sollen Unternehmen bei der Sicherung von (weiblichen) MINT-Fach- kräften und der Entwicklung einer modernen Unternehmenskul- tur 4.0 unterstützt werden sowie ein MINT-Netzwerk mit Unter- nehmen aufgebaut werden. Das Beteiligungsprogramm@MINT besteht aus den drei Komponenten: Den MINT Dialog-Days, den MINT-Netzwerktreffen und der Videobotschafterkampagne. Die MINT Dialog-Days sind ein Anstoß und Veranstaltungsfor- mat für und von Unternehmen. Sie können sich an Studentin- nen/Absolventinnen aus MINT-Studiengängen, Wiedereinsteige- rinnen oder weiteren Zielgruppen aus dem MINT-Bereich, z. B. Schülerinnen, richten. Im Rahmen einer halbtägigen oder eintä- gigen Veranstaltung am Unternehmensstandort erhalten die Teil- nehmerinnen ein vielfältiges Informationsangebot, zu Einstiegs- möglichkeiten, spannende Insider-Einblicke und die Gelegenheit zu Gesprächen mit Role Models, Fach- und Führungskräften. 13

MINT-Netzwerktreffen werden nach Möglichkeit zweimal im Jahr mit und für Unternehmen angeboten. Im Vordergrund steht insbesondere der gegenseitige Austausch zu Best Practice-Bei- spielen, Strategien und Maßnahmen zur Sicherung des (weibli- chen) MINT-Fachkräftebedarfs. Aufgrund der Corona-Pandemie haben die Netzwerktreffen seit Herbst 2020 in einem virtuellen Format stattgefunden. Im Rahmen des Beteiligungsprogramms wurde im Herbst 2020 eine aufmerksamkeitsstarke Videobotschafter-Kampagne mit vier Spitzenvertreterinnen und -vertreter der baden-württem- bergischen Wirtschaft im Internet und im Social Media-Bereich gestartet. Die Zielgruppe der Videobotschafter-Kampagne bildet die Managementebene von Unternehmen. Der entsprechende Personenkreis soll sensibilisiert und ermuntert werden, künftig selbst als MINT-Botschafterinnen und –Botschafter mitzuwirken. Marjoke Breuning, Präsidentin der IHK Region Stuttgart, Agnes Heftberger, Geschäftsführerin Vertrieb IBM Deutschland GmbH, Christoph Kübel, damaliger Geschäftsführer & Arbeitsdirektor Robert Bosch GmbH, sowie Dr. Markus Weber, Mitglied des Vor- stands der ZEISS Gruppe & Vorsitzender der Geschäftsführung der Carl Zeiss SMT, warben mit kurzen Botschaften bei Unter- nehmen für die Sicherung von weiblichen MINT-Fachkräften und Entwicklung einer modernen Unternehmenskultur. Die beiden Kampagnenvideos erzielten innerhalb von drei Mo- naten mit mehr als 105.000 Aufrufen eine sehr gute Reichweite und Resonanz unter der anvisierten Zielgruppe (Vorstände, Ge- schäftsführer von Unternehmen, Personalverantwortliche von Un- ternehmen und Konzernen, Alter: 35+, männlich und weiblich, ausschließlich in Baden-Württemberg). Der Anteil positiver Bewer- tungen lag bei 70 Prozent, zudem konnten direkt über die Videos rund 250 neue Abonnenten (und somit Multiplikatoren) für den Kanal „MINT in deinem Leben“ der Landesinitiative gewonnen werden. Zudem stieg während der Kampagnenlaufzeit die Anzahl der Zugriffe auf die anderen Kanalvideos über Vorschläge, die ne- ben oder im Anschluss an Videos erscheinen, oder über Links in Videobeschreibungen stark an. Außerdem wurden zwei Pressearti- kel während der Kampagnenlaufzeit auf reichweitenstarken Porta- len platziert und über 50 Veröffentlichungen erreicht. Dies führte zu einer höheren Sichtbarkeit der YouTube-Videos und des YouTu- be-Kanals in der Google-Suche bei den relevanten Suchbegriffen. WETTBEWERBE Um die verschiedenen Zielgruppen der Landesinitiative und des Bündnisses direkt anzusprechen und zu erreichen, führte das Wirtschaftsministerium bisher drei inhaltsstarke und kreative Wettbewerbe durch. Zwei davon zielten auf die Gruppe der Schü- lerinnen mit und ohne speziellem Interesse an MINT-Themen ab, ein weiterer richtete sich an Unternehmen im Land. Der Kreativ-Wettbewerb „Zeig uns MINT in deinem Leben“ aus dem Jahr 2012 folgt dabei der Idee, Mädchen in ihrer Lebenswelt abzuholen. Schülerinnen zwischen 12 und 17 Jahren riefen wir auf, MINT-Themen in ihrem Alltag zu entdecken. Ihre Entdeckungen konnten die Mädchen beispielsweise in einem Foto, einer Collage 14Kapitel 2. Ausgewählte Aktivitäten des Wirtschaftsministeriums als Koordinierungsstelle des Landesbündnisses

Preisverleihung im Rahmen des Kreativ-Wettbewerbs „Zeig uns MINT in deinem Leben“ am 15 . November 2012 mit Peter Hofelich MdL, Beauftragter der Landesregierung für Mittelstand und Handwerk beim Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, Marion von Wartenberg, stellvertretende Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Oskar Vogel, Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT) Wolfgang Wolf, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Landesverbands der Baden- Württembergischen Industrie (LVI), Albrecht Kruse, Geschäftsführer der SATA GmbH & Co . KG und Vorstandsmitglied von Südwestmetall, Dr . Birgit Buschmann, Referatsleiterin, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft oder einem Film festhalten. Die Gestaltungsmöglichkeiten der eingereichten Beiträge blieben dabei bewusst offen, um die Krea- tivität der Mädchen nicht zu beschränken und einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zum Thema MINT zu ermöglichen. 84 Beiträge erreichten die Landesinitiative, aus denen sie zunächst fünf Gewinnerbeiträge per Online-Voting auf dem Dachportal der Landesinitiative ermittelte. Weitere fünf Gewinnerinnen wählte eine Jury aus Bündnispartnerinnen und Bündnispartnern aus. Die Übergabe der Auszeichnungen erfolgte bei einer feierlichen Abschlussveranstaltung im Mercedes-Benz Werk der Daimler AG in Sindelfingen. Den Wettbewerb unterstützten insbesondere der Arbeitgeberverband Südwestmetall, der Landesverband der Industrie, das Forum Luft- und Raumfahrt sowie der Baden- Württembergische Handwerkstag als Sponsoren. 15

IT ist Männersache? – Falsch gedacht: Digitale Skills sind heute für jede/n wichtig! Darum zeigt uns, warum mehr Girl-Power im IT- Bereich gebraucht wird. So lautete der Aufruf für den Videowett- bewerb „Girls change IT“. Hierfür forderte die Landesinitiative Schülerinnen und Schüler zwischen 10 und 16 Jahren auf, in bis zu fünfminütigen Videos ihre Vision einer IT-Welt mit digitaler Girl-Power darzustellen. Die Jugendlichen konnten einzeln oder als Gruppe mit bis zu sechs Mitgliedern ihre Kameras zücken und zeigen, warum es Zeit für Veränderung ist. Ein Aufrufvideo, Informationen zum Wettbewerb und Erklär-Videos für einen gelungenen Smartphone-Dreh gab es auf der Internetpräsenz www.girls-change-it.de sowie auf dem für den Wettbewerb ge- schaffenen YouTube-Kanal. Die Ausschreibung des Wettbewerbs flankierte eine breit angelegte Kampagne. Und das mit Erfolg – allein das Aufrufvideo erreichte bei You- Tube über 260.000 Aufrufe. Die Gewinnerinnen und Gewinner wurden durch eine Jury-Bewertung sowie ein zusätzliches On- line-Voting ermittelt. Auf die geplante Veranstaltung zur Preis- verleihung im Mai 2020 musste leider aufgrund von Corona-Be- schränkungen verzichtet werden. Die Teilnehmenden erhielten ihre Preise daher im Juni 2020 per Post. Wettbewerb Girls change IT – Influencerin Julia Heidinger und Frau Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut MdL bei der Vorstellung des Videowettbewerbs im Rahmen des Bilanzgesprächs 2019 16Kapitel 2. Ausgewählte Aktivitäten des Wirtschaftsministeriums als Koordinierungsstelle des Landesbündnisses

Für den MINT-Unternehmenswettbewerb suchte die Landes- initiative im Jahr 2013/2014 kreative und innovative Konzepte von Unternehmen zur Förderung von Frauen in MINT-Berufen. Die Bewerbung war ganz unkompliziert – Bewerbungsbogen aus- füllen, alle aussagekräftigen Texte, Bilder oder Presseartikel zur Maßnahme zu den Unterlagen hinzufügen und schon konnte es losgehen. Die Bewerberinnen und Bewerber konnten ihre Maß- nahmen und Projekte in den drei Kategorien „Berufsorientierung und Recruiting“, „Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf“ und „Personalentwicklung und -bindung“ einbringen. Für eine besse- re Vergleichbarkeit unterteilte die Landesinitiative die Unterneh- men in drei Größenkategorien – klein (unter 50 Mitarbeitende), mittel (50 – 500 Mitarbeitende) und groß (über 500 Mitarbei- tende). Eine zusätzliche Sonderkategorie „Regionale Initiativen zur Förderung von Frauen in MINT-Berufen“ zeichnete Regionen aus, die sich durch eine besondere Zusammenarbeit und Vernet- zung im Bereich MINT-Förderung hervortaten. Mit insgesamt 69 Bewerbungen von 25 Unternehmen und sieben Initiativen wurde der Wettbewerb ein voller Erfolg. Die Siegerinnen und Sieger er- hielten im Sommer 2014 ihre Auszeichnungen und durften sich im selben Jahr als attraktive Arbeitgeber auf der European MINT Convention präsentieren. Grußwort von Peter Hofelich MdL, Beauftragter der Landesregierung für Mittelstand und Handwerk beim Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, bei der Preisverleihung des MINT-Unternehmenswettbewerbs Auszeichnung für die Wettbewerbsgewinner in den drei verschiedenen Unternehmenskategorien 17

DIE ERFOLGREICHEN BEWERBUNGEN HIER NOCH EINMAL IM ÜBERBLICK Kategorie Größenklasse Gewinner Berufsorientierung & Recruiting 1-50 Beschäftigte Conz + Straßer GmbH Berufsorientierung & Recruiting 51-500 Beschäftigte Endress+Hauser lnfoServe GmbH & Co. KG Berufsorientierung & Recruiting über 500 Beschäftigte E.G.O. Elektro-Gerätebau GmbH Wiedereinstieg in den Beruf 1-50 Beschäftigte Alfred Arnold Verladesysteme Wiedereinstieg in den Beruf 51-500 Beschäftigte tisoware Gesellschaft für Zeitwirtschaft mbH Wiedereinstieg in den Beruf über 500 Beschäftigte Fraunhofer Institute am lnstitutszentrum Stuttgart IZS und das Fraunhofer IWM Personalentwicklung & -bindung 1-50 Beschäftigte HAMPF CONSULT Personalentwicklung & -bindung 51-500 Beschäftigte CeGat GmbH Personalentwicklung & -bindung über 500 Beschäftigte Hewlett-Packard GmbH Sonderkategorie Regionale lnitiativen Lernende Region Heilbronn-Franken e.V. und lnnovationsregion Hohenlohe e.V. VERANSTALTUNGEN Zudem führte das Wirtschaftsministerium mit dem Ziel des Wissenstransfers eine Reihe von Veranstaltungen, Expertengesprächen und Workshops durch, die zum Teil auch in Kapitel 2 dargestellt werden. Auch Europäische Best Practice wurden im Mitwirkende bei der Fachtagung „Europäische Best Practice- Ansätze zur Förderung von Frauen in MINT-Berufen“, im Juni 2012, v . l . n . r .: Prof . Dr . Norbert Höptner, Europabeauftragter des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft; Gertraud Oberzaucher, AustriaTech; Dr . Birgit Buschmann, Referatsleiterin, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft; Günther Leßnerkraus, Abteilungsleiter, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft; Dr . Petra Püchner, Geschäftsführerin Steinbeis-Europa-Zentrum; Christine Regitz, Fachgruppe Frauen und Informatik der Gesellschaft für Informatik e .V . (GI) und SAP AG 18Kapitel 2. Ausgewählte Aktivitäten des Wirtschaftsministeriums als Koordinierungsstelle des Landesbündnisses

Rahmen von Fachtagungen und Kongressen präsentiert. Schwer- punkt der vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft ge- meinsam mit dem Steinbeis Europa Zentrum ausgerichteten Fachtagung „Europäische Best Practice- Ansätze zur Förderung von Frauen in MINT-Berufen“ am 22. Juni 2012 war die Darstel- lung von bewährten Praktiken zur Unterstützung von Frauen in MINT-Berufen in den europäischen Nachbarländern. Die Veran- staltung sollte zudem eine Plattform zur Vernetzung und zum Er- fahrungsaustausch bieten und den Transfer von Best-Practice-Bei- spielen zur Karriereförderung von Frauen in MINT-Berufen sowie in Forschung und Innovation ermöglichen. Dabei sollten sowohl öffentlich geförderte Maßnahmen als auch Unternehmensansätze vorgestellt werden. Die von 2014 bis 2016 durchgeführte European MINT Conven- tion (EMC) bot eine Plattform für nationale sowie europäische MINT-Akteure. Zielsetzung war, einen Beitrag zur Gewinnung und Sicherung von Fachkräften mit MINT-Qualifikationen am Standort Deutschland und Europa zu leisten. Neben einer Kar- riere- und Kontaktmesse umfasste sie Vorträge und Diskussions- runden mit hochkarätigen Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland. Die EMC konnte jährlich ca. 200 Konferenz- teilnehmende sowie über 500 Besucherinnen und Besucher ver- zeichnen. Das Ministerium wirkte inhaltlich im Programmbeirat mit und die Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ war stets mit einem Stand vertreten. In Zusammenarbeit mit Bündnispart- nern wurden zudem Veranstaltungen auf der EMC z. B. zum The- ma Karrierewege von Frauen in MINT-Berufen konzipiert sowie umgesetzt und es fanden Präsentationen in Brüssel statt. Stand der Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ beim Morgenmacherfestival im November 2019 WEITERE MASSNAHMEN DES WIRTSCHAFTSMINISTERIUMS Von der Satellitenkonzeption „experimenta kids“ zur Forscherfabrik Schorndorf Zur Umsetzung einer frühzeitigen und breitenwirksamen MINT- Förderung hat das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg im Rahmen der Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ im Früh- jahr 2013 eine Projektgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern des Wirtschaftsministeriums, der Baden-Württemberg-Stiftung, der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, des Kultusministeriums, 19

von Südwestmetall, der Klett-MINT GmbH, der experimenta Heilbronn und des damaligen CDU-Landtagsabgeordneten Claus Paal gegründet und deren Moderation übernommen. Ziel der Arbeitsgruppe war die Erstellung einer Machbarkeitsstu- die für regionale Satellitenzentren „experimenta kids“ nach dem Vorbild der experimenta gGmbH in Heilbronn. Die Entwicklung der Satellitenkonzeption „experimenta kids“ mündete im Früh- jahr 2014 in einen gleichnamigen Wettbewerb, der sich an interes- sierte Träger wie Städte, Stiftungen und regionale Organisationen in Baden-Württemberg richtete und vom 4. April bis 18. Juli 2014 durchgeführt wurde. Die eingegangenen Bewerbungen wurden von einer fachkundigen Jury bewertet und von der experimenta Heilbronn gGmbH ausgewählt. Forscherfabrik Schorndorf - Naturkraftwerk 20Kapitel 2. Ausgewählte Aktivitäten des Wirtschaftsministeriums als Koordinierungsstelle des Landesbündnisses

Im Ergebnis hat die Stadt Schorndorf die Verantwortlichen mit ihrem hervorragenden Konzept überzeugt und nach einer Ent- wicklungs- und Errichtungsphase im Februar 2018 die Tore der „Forscherfabrik Schorndorf“ geöffnet. In Forschungslabors mit Werkstattcharakter, einem interaktiven Exponate-Parcours und weiteren zielgruppengerechten Begleitangeboten erhalten Kin- dergarten- und Grundschulkinder im Alter von vier bis zwölf Jah- ren seither die Möglichkeit, Naturphänomene altersgerecht und unter professioneller pädagogischer Anleitung zu erforschen (sie- he dazu auch den Beitrag über die Forscherfabrik in Kapitel 2). Das Angebot ist gendersensibel ausgestaltet und soll Mädchen und Jungen gleichermaßen zum Mitmachen auffordern, spielerisch für Technik und Naturphänomene begeistern und Raum zum Tüf- teln und selbstständigen Erkunden geben. Neueste didaktische und pädagogische Standards werden u. a. durch die enge Koope- ration mit der experimenta gGmbH Heilbronn sichergestellt und zertifiziert. Frau Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut hat die Schirmherrschaft für das MINT-Erlebniszentrum übernommen, das auf die breitenwirksame Förderung von MINT-Nachwuchs ausgerichtet ist. Die Forscherfabrik Schorndorf ist durch das Mi- nisterium für Kultus, Jugend und Sport als „Außerschulisches For- schungszentrum“ anerkannt und wird von diesem mit Lehrkräf- te-Deputatsstunden sowie projektbezogen vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg gefördert. ANGEBOTE DER BERUFLICHEN ORIENTIERUNG Das Wirtschaftsministerium führte ab 2010 verschiedene Projekte und Maßnahmen im Bereich der Beruflichen Orientierung durch, die darauf abzielten, Mädchen und Frauen für Technik und Na- turwissenschaft zu begeistern, sie an technische und naturwissen- schaftliche Berufsfelder heranzuführen und das geschlechtstypi- sche Berufswahlverhalten aufzubrechen. In der Anfangsphase des Landesbündnisses förderte das Wirtschaftsministerium unter an- derem die Girls‘Day Akademien, die im nächsten Kapitel näher vorgestellt werden. Bei der Planung und Umsetzung der Aktivitäten wurden stets die unterschiedlichen Bedarfe und Ausgangssituationen von Mäd- chen und Jungen berücksichtigt. Zudem zielten die Maßnahmen darauf ab, junge Menschen entsprechend ihrer Kompetenzen, unabhängig vom Geschlecht, in den jeweiligen Beruf zu führen. Als Beispiel sei hier das im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) und mit Mitteln der Bundesagentur für Arbeit bereits ab 2008 geförderte Projekt „Praxisparcours“ genannt. Es richtete sich an Mädchen und Jungen in den Klassenstufen 8 bis 10 der Haupt- und Realschulen in ganz Baden-Württemberg. Durch das prak- tische Erleben von verschiedenen Tätigkeiten aus gewerblich- technischen und handwerklichen Berufsfeldern sollten berufliche Optionen aufgezeigt und das Berufswahlspektrum – insbeson- dere von Mädchen – erweitert werden. Zudem sollte der Anteil der Mädchen,, die sich erfolgreich um eine Ausbildung in einem MINT-Beruf bewerben, erhöht werden. Leitziele dieses und an- derer Projekte waren die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie die Sicherung des Fachkräfte bedarfs. Weitere Maßnahmen werden in Kapitel 2 dargestellt. 21

3. Ausgewählte Aktivitäten des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Unter dem Dach der Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ hat auch das Wissenschaftsminis- terium von Beginn an zahlreiche Aktivitäten zur Erhöhung des Frauenanteils in MINT-Studienfä- chern gefördert. Dazu gehören zum Beispiel das Netzwerk „Frauen.Innovation. Technik (F.I.T)“ an der Hochschule Furtwangen und das Modell- projekt „Teaching MINT hoch D“ an der Pädagogischen Hoch- schule Schwäbisch Gmünd, die im nächsten Kapitel ausführlich vorgestellt werden. Nachfolgend werden exemplarisch Aktivitä- ten aus der Anfangsphase des Landesbündnisses präsentiert. Teilnehmerinnen am Programm „Schülerinnen forschen“ „SCHÜLERINNEN FORSCHEN – EINBLICKE IN NATURWISSENSCHAFT UND TECHNIK“ Das Programm „Schülerinnen forschen – Einblicke in Naturwissen- schaft und Technik“ (2008–2011) wurde vom Ministerium für Wissen- schaft, Forschung und Kunst entwickelt, um bereits Schülerinnen ab Klassenstufe 7 für ein Studium und eine Karriere im MINT-Bereich zu gewinnen. Es wurde von der Regionaldirektion Baden-Württem- berg der Bundesagentur für Arbeit kofinanziert, insgesamt wurden rund 2,5 Mio. Euro eingesetzt. Im Rahmen des Programms wurden an acht Standorten Schülerlabore, Feriencamps und gendergerechte Berufsberatungen für Schülerinnen im Land durchgeführt. Im Rahmen der Landesinitiative hatte das Wissenschaftsministerium die Universität Stuttgart beauftragt, die Projekte und die Teilneh- merinnen wissenschaftlich zu begleiten, um die Wirksamkeit an- hand des später gewählten Studiums bzw. Ausbildungsberufs zu ermitteln und Erkenntnisse für die Gestaltung weiterer Projekte an Hochschulen zu gewinnen. Das Programm wurde mit einer Fachta- gung abgeschlossen. Insgesamt haben von Mai 2008 bis November 2011 über 5.000 Schülerinnen an den Angeboten teilgenommen. Mehrere Projekte wurden an den Hochschulen weitergeführt. 22Kapitel 3. Ausgewählte Aktivitäten des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst

und Gleichstellungsbeauftragten zu genderspezifischen Aspekten der MINT-Lehre. Der Beratungsprozess an den Hochschulen zu den Studiengängen Maschinenbau, Elektrotechnik und Lehramt Physik wurde von Frau Prof. Dr. Susanne Ihsen (TU München) in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Technik-Diversi- ty-Chancengleichheit e. V. entwickelt und durchgeführt. Empfoh- len wurden Studienreformmaßnahmen unter anderem mit Fokus auf die Lehr- und Lernprozesse an den Hochschulen sowie auf eine gendersensitive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Er- gebnisse können in der Publikation „Handlungsempfehlungen zur Integration von Gender in der MINT-Lehre. Abschlussbericht und Transferkonzept“ nachgelesen werden. „MINT-KARRIEREBERATUNGSSTELLEN FÜR FRAUEN“ Die „MINT-Karriereberatungsstellen für Frauen“ (2010 – 2012) wurden vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gemeinsam mit dem damaligen Ministerium für Arbeit und Sozi- ales, Familie, Frauen und Senioren ausgeschrieben und aus Mit- teln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Ziel des För- derprogramms an Hochschulen für angewandte Wissenschaften war es, junge Frauen für ein MINT-Studium zu gewinnen und MINT-Studentinnen an den Hochschulen auf ihrem Karriereweg zu unterstützen. In zwei Ausschreibungsrunden wurden bis Ende 2012 insgesamt sechs MINT-Karriereberatungsstellen an den Hochschulen Biberach, Furtwangen, Heilbronn, Karlsruhe, Kon- stanz und Esslingen gefördert. Im Rahmen des Programms fanden zudem zwei Netzwerktreffen der MINT-Karriereberatungsstellen im Wissenschaftsministerium statt. Einige Hochschulen haben Projektbestandteile, wie z. B. die Mentoring-Programme, auch nach dem Förderende fortgeführt. „DIALOG MINT-LEHRE. MEHR FRAUEN IN MINT-STUDIENGÄNGE“ Im Rahmen der Landesinitiative hat das Ministerium für Wissen- schaft, Forschung und Kunst das Projekt „Dialog MINT-Lehre. Mehr Frauen in MINT-Studiengänge“ (2013 – 2014) durchgeführt. Projektziel war es, die Hochschulen in Baden-Württemberg darin zu unterstützen, vermehrt Gender-Aspekte in die MINT-Lehre zu integrieren, um dadurch mehr Frauen für MINT-Studiengänge zu begeistern. Das Kernelement des Projekts war die fachspezifische Beratung von Lehrenden, Mitgliedern der Hochschulleitungen 23

4. Entwicklungen auf und Zusammenarbeit mit der Bundesebene Die Bedeutung des Themas MINT-Bildung NATIONALER PAKT „KOMM MACH MINT“ spiegelt sich seit der Etablierung des Landes- bündnisses in vielfältiger Weise auch auf der Bundesebene wider. Um die Ziele des Landes- bündnisses zu verwirklichen, ist eine enge Zu- sammenarbeit mit Akteuren und Gremien auf der Bundesebene notwendig. Der bereits seit 2008 vom BMBF geförderte Nationale Pakt für Frauen in MINT-Berufen „Komm, mach MINT“ führte die Kom- petenz von mehr als 370 Partnerinnen und Partnern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Sozialpartnern und Medien zusammen, um das Bild der MINT-Berufe in der Gesellschaft zu verändern. „Komm, mach MINT“-Karriereauftakt meet .ME am 4 . und 5 . Juli 2019 im Congress Center Leipzig 24Kapitel 4. Entwicklungen auf und Zusammenarbeit mit der Bundesebene

Die Zielgruppe sind junge Frauen an den Schnittstellen zwischen Schule und Studium sowie zwischen Hochschule und Beruf. Ziel der Initiative war es, das Potential von Frauen für naturwissen- schaftlich-technische Berufe angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels bundesweit zu erschließen. Das gewachsene Netzwerk tauschte Best Practice zur Gewin- nung hochqualifizierter Frauen aus und regt zur Nachahmung an. Ende August 2021 endete die Förderung der Geschäftsstelle. Informationen für die Zielgruppe der jungen Frauen und für in- teressierte Multiplikatorinnen stehen weiterhin auf der Website www.komm-mach-mint.de zur Verfügung. Die beim Kompetenzzentrum Technik - Diversity - Chancengleich- heit e.V., Bielefeld, angesiedelte „Komm, mach MINT“-Geschäfts- stelle informierte junge Frauen über die vielfältigen Karrieren in MINT. Die Serviceangebote unterstützten bei der Umsetzung und beim Ausbau wirksamer Angebote an den Übergängen Schule – Studium und Studium – Beruf. „Komm, mach MINT“ bot eine Vielzahl von attraktiven Veranstaltungsformaten für die Zielgrup- pen sowie die Projektpartnerinnen und Projektpartner an. Hierzu gehörten die Veranstaltung meet.ME für MINT-Studentinnen und -Absolventinnen und für Unternehmen sowie die jährlichen Netzwerktagungen für die Partnerinnen und Partner des Paktes. Das Land Baden-Württemberg trat im Oktober 2010 dem Natio- nalen Pakt öffentlichkeitswirksam bei. Dies war mit einem Besuch der damaligen Bildungs- und Forschungsministerin Annette Scha- van in Baden-Württemberg verbunden. Baden-Württemberg war auch in der Steuerungsgruppe des Nationalen Pakts für Frauen in MINT-Berufen durch Dr. Birgit Buschmann, Leiterin des Referats Wirtschaft und Gleichstellung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus vertreten. Sie berichtete dort regelmäßig über die Aktivitäten der Landesinitiative und des Landesbündnis „Frauen in MINT-Berufen“ und nahm Impulse für interessante Veranstaltungsformate und Weiterentwicklungen im Land mit. Hieraus resultierten zum Beispiel die Kompetenzworkshops für Unternehmen und die Idee zur Konzeption von Girls Digital Camps in Baden-Württemberg. NATIONALES MINT-FORUM Auf Initiative von acatech – Deutsche Akademie der Technikwis- senschaften und der BDA/BDI-Initiative „MINT Zukunft schaf- fen“ haben sich seit 2012 über 30 in der MINT-Bildung engagierte Institutionen im Nationalen MINT-Forum zusammengeschlos- sen. Dazu gehören Stiftungen und Wirtschaftsverbände, Wissen- schaftseinrichtungen sowie weitere zivilgesellschaftliche Akteure. Ihr gemeinsames Ziel ist es, entlang der gesamten Bildungskette MINT-Bildung zu fördern sowie das Bewusstsein für die Rele- vanz dieser Kompetenzen in allen gesellschaftlichen Bereichen zu erhöhen. Dazu bedarf es eines gemeinsamen und aufeinander abgestimmten Engagements aller beteiligten Akteure. Sie wollen gemeinsam mit den politischen Verantwortlichen wirksame und qualitätsorientierte MINT-Bildung voranbringen. Das Nationale MINT-Forum setzt deshalb thematische Schwerpunkte, erar- beitet zudem bildungspolitische Handlungsempfehlungen und 25

gemeinsame Qualitätsstandards. Ergänzend dazu findet ein in- tensiver Austausch mit Entscheidungsträgern aus Politik, Wirt- schaft, Wissenschaft und Gesellschaft statt. Jährlicher Höhepunkt der Aktivitäten des Nationalen MINT-Forums ist der seit 2013 veranstaltete Nationale MINT-Gipfel, bei dem jeweils ein spe- zifisches Thema der MINT-Bildung im Fokus steht. Beim Nati- onalen MINT-Gipfel nahmen eine Reihe von Bündnispartnern regelmäßig an den Diskussionen teil. Co-Vorsitzende des Nati- onalen MINT-Forums ist seit 2020 Edith Wolf, Vorständin des Bündnispartners Vector-Stiftung. Moderator Dr . Jan-Martin Wiarda (links) sowie die Sprecher des Nationalen MINT-Forums, Dr . Nathalie von Siemens und Dr . Ekkehard Winter, im Gespräch mit Staatssekretär Christian Luft, BMBF, beim 7 . Nationalen MINT-Gipfel im Juni 2019 MINT-REGIONEN Seit mehreren Jahren engagiert sich die Körber-Stiftung für den Aufbau von MINT-Regionen (regionalen Netzwerken in der MINT-Bildung) in Deutschland. Die Aktivitäten zielen auf eine effektive MINT-Förderkette, eine MINT-Gesamtstrategie und eine Koordinierung der MINT-Akteure in den Regionen. Dazu bietet die Körber-Stiftung unter anderem einen jährlichen Erfah- rungsaustausch („MINT-Barcamp“) sowie weitere Serviceleistun- gen für MINT-Regionen an. Diese Angebote werden auch von Bündnispartnern genutzt. Die Stiftung veranstaltet außerdem für Vertreterinnen und Vertreter aus den Bundesländern, darun- ter Baden-Württemberg, sowie von drei bundesweiten Initiati- ven bzw. Stiftungen jährlich den Länder-Round-Table MINT-Re- gionen. An diesem Round-Table ist auch Baden-Württemberg durch Dr. Birgit Buschmann regelmäßig beteiligt. Zudem vertritt Christiane Huber, Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft e.V., Baden-Württemberg in einem Beirat für Län- derkoordinatoren. Ergänzend dazu wirkt die Körber-Stiftung seit Mai 2021 gemeinsam mit weiteren Institutionen in der vom BMBF geförderten MINT-Vernetzungsstelle Deutschland (siehe unten) mit. Das Konzept der MINT-Regionen hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend als Erfolgsmodell erwiesen. Bei einer ersten Bestandsaufnahme im Jahr 2013 wurden 39 MINT-Regionen in Deutschland erfasst. Mittlerweile ist die Zahl der regionalen MINT-Netzwerke auf über 135 angestiegen, davon gibt es in Baden-Württemberg ca. 20 regionale MINT-Netzwerke und ein 26Kapitel 4. Entwicklungen auf und Zusammenarbeit mit der Bundesebene

gemeinsamen Austauschplattform wurde 2019 die Arbeitsgrup- pe MINT Regionen im Rahmen der Landesinitiative gegründet, die den regionalen MINT-Akteuren und -Koordinatoren eine Plattform zum Austausch, Vernetzung, Wissenstransfer und Un- terstützung bei der Qualitätsentwicklung und Antragstellung für Förderprojekte bieten soll. Weitere Informationen stehen auf der Webseite www.mint-regionen.de/ zur Verfügung. Länderbeirat der Körber Stiftung 2019 BILDUNG UND FORSCHUNG (BMBF) MINT-AKTIONSPLAN DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR landesweites MINT-Netzwerk vom Arbeitgeberverband Südwest- metall (jetzt: Unternehmer BW). Die wachsende Bedeutung von regionalen MINT-Initiativen und MINT-Netzwerken und die Impulse von der Bundesebe- ne wurden im Rahmen der Landesinitiative zum Anlass genom- men, im Jahr 2018 eine Bestandsaufnahme und Befragung zu den MINT-Regionen in Baden-Württemberg durchzuführen. Dabei ging es u.a. um deren Ziele, Maßnahmen, personelle und finanzi- elle Aufstellung und mögliche Handlungsbedarfe. Die Ergebnisse wurden im Rahmen einer Veranstaltung des Wirtschaftsministe- riums im Mai 2018 gemeinsam mit Staatssekretärin Katrin Schütz den Vertretern der MINT-Regionen und –Netzwerke vorgestellt und diskutiert. Aufgrund des artikulierten Interesses nach einer Der im Februar 2019 vorgestellte MINT-Aktionsplan des BMBF bündelt bestehende Fördermaßnahmen und ist zugleich Aus- gangspunkt für neue Initiativen und Investitionen zur Stärkung der MINT-Bildung in Deutschland. Damit wird das bisherige Engagement besonders in den vier Bereichen „MINT-Bildung für Kinder und Jugendliche“, „MINT-Fachkräfte“, „Chancen von Mädchen und Frauen in MINT“ sowie „MINT in der Gesell- schaft“ koordiniert und verstärkt. Die neuen Maßnahmen zielen auf ein verstetigtes Angebot und auf die verstärkte Vernetzung der Akteure ab, um so eine höhere Wirksamkeit zu erreichen. Eine zentrale Maßnahme des MINT-Aktionsplans sind die MINT-Cluster im Handlungsfeld „MINT-Bildung für Kinder und Jugendliche“. Dabei sollen 10 – 16-Jährige in ganz Deutschland sys- tematisch für MINT-Themen und Berufsperspektiven begeistert werden. Die MINT-Cluster bieten somit die Chance, die bereits 27

bestehenden MINT-Regionen und regionalen MINT-Initiativen qualitativ weiterzuentwickeln, gegebenenfalls weiße Flecken zu schließen und damit ein qualitativ besseres Angebot zu etablieren. Im November 2019 startete das BMBF eine erste Ausschreibung für Verbundprojekte. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau organisierte gemeinsam mit der AG MINT- Regionen im November 2019 und im Januar 2020 zwei gut besuchte Informationsveranstaltungen und Arbeitstreffen, um potenzielle Antragsteller aus dem Land zu unterstützen. Unter den ersten 22 geförderten Verbundprojekten sind auch drei MINT- Regionen aus Baden-Württemberg: MINT4Life (MINT-Cluster Freiburg), MAKEitREAL (MINT-Cluster Heilbronn, siehe Beitrag in Kapitel 2) und MINTcon. (MINT-Cluster Metropolregion Rhein-Neckar). Sie erhalten seit Ende 2020 bzw. seit Anfang 2021 für drei bis fünf Jahre eine Förderung in Höhe von jeweils bis zu 500.000 Euro. Im Februar 2021 veröffentlichte das BMBF eine zweite Ausschrei- bung für regionale MINT-Cluster für die MINT-Bildung von Ju- gendlichen. Teilnahmeberechtigt waren wiederum ausschließlich Verbundprojekte. Im März 2021 fand für potenzielle Bewerberin- nen und Bewerber aus Baden-Württemberg eine gemeinsame di- gitale Informationsveranstaltung der AG MINT-Regionen und des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau statt, die sehr gut besucht war. Bundesweit gingen insgesamt 133 Förder- anträge ein, mindestens zehn davon stammen von Antragstellern aus Baden-Württemberg. Wie schon bei der ersten Ausschreibung findet ein zweistufiges Auswahlverfahren statt. MINT-VERNETZUNGSSTELLE DEUTSCHLAND (MINTVERNETZT) Im Kontext des MINT-Aktionsplans fördert das BMBF auch die im Mai 2021 gestartete MINT-Vernetzungsstelle Deutschland (MINTvernetzt). Sie wird getragen von der Körber-Stiftung, der matrix gGmbH, dem Nationalen MINT Forum, dem Stifterver- band und der Universität Regensburg. MINTvernetzt fungiert als bundesweite Service- und Anlaufstelle für die MINT-Community in Deutschland. Sie bietet den MINT-Akteuren neben Informa- tion und Beratung auch Vernetzung im analogen und digitalen Raum, den Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis sowie Im- pulse für eine innovative Bildung. Diese Angebote zielen darauf ab, die Community der MINT-Akteure dabei zu unterstützen, noch bessere Bildungsangebote zu machen, die perspektivisch diversere und breitere Zielgruppen ansprechen. Ein besonde- res Augenmerk gilt dabei auch den spezifischen Belangen von 28Kapitel 4. Entwicklungen auf und Zusammenarbeit mit der Bundesebene

Mädchen und jungen Frauen. Im Juli 2021 informierte Dr. Stephanie Kowitz-Harms, Leiterin der Geschäftsstelle von MINT- vernetzt, beim Treffen der Arbeitsgruppe MINT-Regionen über deren Aktivitäten und Angebote für MINT-Akteure. wirken und eine Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen, insbesondere im Hinblick auf die Chancen- gleichheit von Mädchen und jungen Frauen, von Kindern und Jugendlichen mit Inklusionsbedarf, aus bildungsfernen Familien oder aus Familien mit Migrationshintergrund. Das Partnernetz des Nationalen Pakts „Komm, mach MINT“ wird künftig in die Aktivitäten der MINT-Vernetzungsstelle integriert. Die Projektförderung der bisherigen Geschäftsstelle – angesiedelt am Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit in Bielefeld – läuft am 31.8.2021 aus. Angebote für die Paktpartner vorzuhalten, ist künftig Teil der Arbeit der MINT- Vernetzungsstelle. Mittelbar kann eine Stärkung der MINT-Bildung auch zum übergeordneten politischen Ziel der Fachkräftesicherung beitragen. Die Forschungserkenntnisse sollen in die Arbeit der MINT-Cluster, der MINT-Kompetenz- und Vernetzungsstelle, der MINT-Bildungsinitiativen sowie in die Ausrichtung der MINT-Bildungspolitik einfließen. Start der MINT-Vernetzungsstelle (MINTvernetzt) am 18 . Mai 2021 Von links nach rechts: Arne Klauke (matrix gGmbH), Julia André (Körber-Stiftung), Prof . Dr . Heidrun Stöger (Universität Regensburg), Dr . Pascal Hetze (Stifterverband), Bildungsministerin Anja Karliczek, Julia Saalmann (Nationales MINT Forum), Dr . Stephanie Kowitz-Harms (Körber-Stiftung) Eine weitere im März 2021 veröffentlichte Förderlinie des MINT-Aktionsplans zielt auf die Förderung von Forschungspro- jekten zu Gelingensbedingungen guter MINT-Bildung. Ziel die- ser Förderrichtlinie ist es, die MINT-Bildung unter Berücksichti- gung von Chancengleichheit und gesellschaftlichem Wandel zu stärken. Dazu sollen: • insbesondere die Praxisrelevanz der Forschung erhöht und der Transfer der Forschungserkenntnisse in die Praxis ver- bessert werden; • die MINT-Bildung durch die Weiterentwicklung eines fä- cher- und akteursübergreifenden Ansatzes bereichert und Veränderungen angestoßen werden • und die Akteure der inner- und außerschulischen MINT-Bil- dung in die Lage versetzt werden, die Qualität der Angebote zu verbessern, Bildungsungleichheiten effektiv entgegenzu- 29

Tüfteln, Tinkern, Programmieren für alle – Die Code Week Baden-Württemberg 2020 Im Rahmen der europaweiten Graswurzelbe- wegung und Veranstaltungsreihe Code Week wurde 2020 erstmals der offizielle Regio Hub Baden-Württemberg ins Leben gerufen. Vom 10. bis 25. Oktober 2020 wurde im ganzen Land programmiert, experimentiert, getüftelt, gespielt und gebaut. Ob CO2-Ampeln, Apps, Augmented und Virtual Reality, Mini-Roboter, Game Con- troller, Kunst, Modellierung einer Viruspandemie oder 3D-Druck – die Code Week Baden-Württemberg bot etwas für Interessierte jeder Altersstufe, mit und ohne Vorerfahrung. Ermöglicht wurde das abwechslungsreiche Programm durch das Engagement von insgesamt 38 Initiativen, Makerspaces, Vereinen, Schulen, Hochschulen, Unternehmen, Medienzentren, Jugend- häusern, Bibliotheken und Einzelpersonen. In 21 Städten (von A wie Aalen bis W wie Waiblingen) wurden 101 Workshops, Vorträ- ge und Hackathons angeboten - 54 in Präsenz und 47 online. „Ich dachte, programmieren ist echt langweilig“, so die Teilnehmerin Weitere Informationen auf https://bw.codeweek.de/, https://tinkertank.de/ eines Scratch-Workshops der Jugendtechnikschule Taubertal. „Jetzt weiß ich, dass es total spannend ist!” Gefördert wurde die Code Week Baden-Württemberg von der Vector Stiftung, kuratiert und koordiniert vom Kreativlabor Tin- kertank aus Ludwigsburg (einer Initiative der Interactive Media Foundation). Als Schirmfrau fungierte Dr. Nicole Hoffmeis- ter-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg. Zum Auftakt am 10. Oktober 2020 gab es eine virtuelle Kick-Off-Veranstaltung, die live aus dem eigens installierten Stu- dio bei Tinkertank übertragen wurde. Live zugeschaltet waren die Initiatoren der Code Week Germany sowie alle weiteren deutschen Regio Hubs – Hamburg, Bonn-Rhein-Sieg, Berlin und Jena. Gemeinsam gestalteten sie ein Programm, in dem As- tronautinnen, gleich mehrere Fernsehtürme und clevere IoT-De- vices („Internet der Dinge-Geräte“) eine Rolle spielten. Frau Dr. Hoffmeister-Kraut wandte sich per Videobotschaft an das Pub- likum. Zudem waren die Vorständin der Vector Stiftung Edith Wolf und Dr. Matthias Knecht, Oberbürgermeister von Ludwigs- burg, persönlich vor Ort. 2021 wird die Code Week Baden-Württemberg mit Präsenz- und Online-Angeboten im ganzen Land fortgesetzt. 32Kapitel 2. Übergreifende Aktivitäten

Themenpark LUST AUF TECHNIK 2018 und Morgenmacher Festival 2019 auf der Messe Stuttgart Experimentieren, Forschen, Entdecken und Kreieren, so lautete das Motto des Morgenmacher Festivals vom 21. bis 24. November 2019 auf der Messe Stuttgart. Beim Treffpunkt für MacherInnen, TüftlerInnen, GründerInnen und KünstlerInnen drehte sich alles rund um Naturwissenschaft, Informatik, Handwerk, Technik so- wie Kultur und Umwelt. Außergewöhnliche Workshops, selbst- gebaute Exponate und spannende Experimente – als Plattform für Kreativität und Erfindergeist stellte das Morgenmacher Festi- val jede Menge Mitmachmöglichkeiten bereit. Zudem fanden auf der großen Morgenmacher Bühne Science Slams, Expertentalks, Experimente und Vorführungen statt. Auch die Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ beteiligte sich mit einem spannenden Programm am Morgenmacher Festival. Kinder und Jugendliche für die Themen For- schung und Technik begeistern – unter diesem Motto stand der Themenpark LUST AUF TECHNIK, der im Rahmen der Messe „Modell + Technik“ vom 22. bis 25. November 2018 mit Unterstüt- zung des Wirtschaftsministeriums Baden-Würt- temberg auf der Messe Stuttgart stattfand. Ziel war es, anhand von interaktiven Exponaten Wissen zu ver- mitteln und Kinder, Jugendliche sowie Schulabsolventinnen und Schulabsolventen spielerisch an MINT-Berufe heranzuführen. So bot der Themenpark spannende Workshops, Mitmachaktionen und Experimente. Um insbesondere bei jungen Frauen die Be- geisterung für mathematische, naturwissenschaftliche und techni- sche Themen zu wecken, konnten die Schülerinnen im Rahmen der Aktion „Girls4Future“ zahlreiche Aktivitäten ausprobieren und an einer Wissensrallye teilnehmen. Namhafte Firmen, Initia- tiven, Hochschulen, Forschungsinstitute und Ministerien wirkten am Themenpark mit und zeigten, wie durch den kreativen Einsatz von Technik Großartiges entsteht. 34Kapitel 2. Übergreifende Aktivitäten

bietet die Chance, notwendige Veränderungen im Betriebsverhal- ten zukünftiger Führungskräfte bezüglich des Einstellungsverhal- tens und der Schaffung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen herbeizuführen. Für die Dozierenden der Meisterprüfung Teil IV werden im Herbst 2021 vier Schulungsveranstaltungen zur kli- scheefreien Unterrichtsgestaltung angeboten. In den rund vier- stündigen Schulungseinheiten werden interaktiv u. a. Themen wie Gendergerechtigkeit in Unterrichtsmaterialien sowie deren Aufbau und Einsatz erarbeitet. Handlungsfeld II: „Einblick und Ausblick für Frauen im gewerb- lich-technischen Handwerk“ richtete sich an junge Frauen in der Ausbildungsphase sowie an Eltern von Schülerinnen. Dabei wurden Konzepte und Maßnahmen entwickelt, die Mädchen/ junge Frauen sowie relevante Akteure des Berufswahlprozesses klischeefrei über gewerblich-technische Ausbildungsberufe infor- mieren. Darüber hinaus wurde ein Mentorinnen-Netzwerk kon- zipiert, das weibliche Auszubildende im Handwerk mit berufser- fahrenen Handwerkerinnen vernetzt, um die berufliche Identität und den Verbleib im ausgewählten Handwerksberuf zu bestärken. Beide Maßnahmen sollen im gesamten baden-württembergischen Handwerk verortet und etabliert werden. Das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus geförderte Projekt „Frauen im Handwerk“ des baden-württembergischen Handwerks zielt darauf ab, die Erwerbsbetei- ligung von Frauen im gewerblich-technischen Handwerk zu erhöhen. In der ersten Projektphase (2018/2019) wurden spezifische Unter- stützungsangebote entwickelt und umgesetzt, um Handwerksbe- triebe als familienbewusste Arbeitgeber attraktiver zu machen. In Handlungsfeld I: „Beratung und Sensibilisierung von Hand- werksbetrieben zu Maßnahmen familienbewusster Betriebsfüh- rung und Diversity Management“ wurden Beratungsmaterialien für Betriebe konzipiert. Im Laufe des Projekts zeigte sich, dass die Sensibilisierung für eine familienfreundliche Betriebsführung ein sehr wichtiges Thema im Rahmen der Fachkräftegewinnung und –sicherung darstellt. Die Beratungsmaterialien werden daher in der zweiten Projektphase (ab 2021) zu einem visuellen und interaktiven Gesprächsinstrument für Mitarbeitergespräche er- weitert und im Handwerk flächendeckend eingesetzt. Ziel ist es, die betriebliche Motivlage abzubilden und frühzeitig die Weichen für eine langfristige Bindung und Zufriedenheit des Personals zu sorgen. In Handlungsfeld III: „Sensibilisierung und Information von Ausbildungsverantwortlichen für familienbewusste Perso- nalführung und Diversity Management“ entstanden Schulungs- materialien für den Teil IV (Berufs- und Arbeitspädagogik) der Meisterprüfung. Die Verankerung im Meistervorbereitungskurs 37

Die Forscherfabrik Schorndorf – eine Science-Erlebniswelt für Kinder Mit der Forscherfabrik Schorndorf eröffnete im Februar 2018 ein Science Center für Kinder im Corona-Jahr 2020 öffneten wir unsere Türen für knapp 13.000 Menschen. im Vor- und Grundschulalter. Interaktive Experimentierstationen und informative Kursange- bote fördern dort das Interesse der jungen Besucherinnen und Besucher an Naturwissenschaften und Technik. Zusätzlich zu Gruppenprogrammen während des Schuljahres, bietet die For- scherfabrik auch in den Ferien spannende Workshops. Nachmit- tags und am Wochenende ist sie für Familien und Einzelbesu- cher geöffnet. Fortbildungen für Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher, Vorträge und offene Werkstätten ergänzen das Programm. Wichtigster Kooperationspartner der Forscherfabrik ist die experimenta Heilbronn. Getragen und finanziert wird sie von der Stadt Schorndorf mit Unterstützung von Stiftern und Sponsoren. Die Forscherfabrik ist durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport als „Außerschulisches Forschungs- zentrum“ anerkannt und wird mit Lehrerdeputatsstunden sowie projektbezogen vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus gefördert. Das Angebot der Forscherfabrik wird außergewöhnlich gut ange- nommen. Im Jahr 2018 kamen 33.000 Besucherinnen und Besu- cher, im Jahr 2019 waren es 36.600. Trotz der Einschränkungen Inhaltlich wurde zunächst mit lehrplanrelevanten Themen gestar- tet, wie „Energie“, „Licht und Optik“ und „Wind und Wasser“. Auch das Thema „Mobilität“ ist in der Daimler-Stadt Schorndorf selbstverständlich vertreten. Bereits im Winter 2019 konnten zusätzlich die „Tüftlerterrasse“ und im Mai 2019 der „Klanggar- ten“ im Stadtpark eröffnet werden. Im März 2021 kam die „Mi- ni-Entdeckerwelt“ für Zwei- bis Vierjährige dazu. Aktuell liegt der Schwerpunkt auf dem Aufbau eines digitalen Angebots: Bereits entwickelt wurde ein Programmierkurs für Grundschüler, im Herbst wird die „Digitale Zukunftswerkstatt“ in der Ausstellung aufgebaut und die Forscherfabrik-App „Genial digital“ wird an den Start gehen. Damit können Schulklassen neue Forscherfa- brik-Kurse im eigenen Klassenzimmer durchführen. Den Kindern gefällt an der Forscherfabrik besonders, dass sie alles ausprobieren dürfen, nicht nur anschauen. Das wird auch im Gästebuch der Forscherfabrik deutlich, in dem die Kinder ihrer Begeisterung über den Besuch Ausdruck verleihen. Sie benennen beispielsweise ihre Lieblingsmitmachstation, wie das Laufrad oder den Staubsaugerlift, oder malen die Forscherlupe, das Logo der Forscherfabrik. 38Kapitel 2. Frühkindliche Bildung

Tüftler- und ForscherInnentag Wir von der element-i Bildungsstiftung haben ein klares Ziel: allen Kindern die Chance zu bieten, ihre Interessen, Stärken und Talente zu entde- cken und zu entfalten. Wir machen uns stark für eine gendersensible MINT-Förderung von Mäd- Aktionstag, wenn die Kinder so begeistert sind, dass sie den Erwachsenen bereits auf dem Heimweg ein Loch in den Bauch fragen. Der Tüftler- und ForscherInnentag soll zum Nachdenken und Weiterforschen anregen – genau das ist es, was wir bewirken möchten, um die Begeisterung für MINT-Themen schon in frü- hen Jahren zu wecken und zu festigen. chen und Jungen im Kita- und Schulalltag. Darum haben wir 2014 den Tüftler- und ForscherInnentag ins Le- ben gerufen. An dem Aktionstag öffnen Unternehmen, Betriebe und Institutionen in ganz Baden-Württemberg ihre Türen und laden Kindergruppen aus Kitas und Grundschulen im Alter zwi- schen vier und sieben Jahren ein, einen Blick „hinter die Kulis- sen“ zu werfen. Bei spannenden Mitmach-Aktionen können die Mädchen und Jungen in interessante MINT-Themen eintauchen. Mit dem Tüftler- und ForscherInnentag möchten wir Mädchen und Jungen gleichermaßen den Zugang zu Technik und Natur- wissenschaften ermöglichen. Wir sprechen von einem gelungenen Weitere Informationen auf https://www.element-i-bildungsstiftung.de/mint/ tueftler-und-forscherinnentag/ Beim 6. Tüftler- und ForscherInnentag 2019, öffneten 53 Unter- nehmen und Institutionen in 23 Städten ihre Türen für insgesamt fast 1.400 Kinder aus Kitas und Grundschulen und luden sie zum Mitmachen ein. „Das Bohren macht am meisten Spaß“, sagt Ramon, zu Gast in der Werkstatt der Verkehrsbetriebe Karlsruhe. Ausgestattet mit einer Schutzbrille und für bessere Sicht auf einer Kiste stehend, darf er den Bohrer anstellen und mit einem großen Hebel selbst auf das Werkstück absenken. „Das ist ja leicht wie eine Feder“, lacht Clara bei den ersten Schal- tern noch, die sie bei Kraus & Naimer, einem Unternehmen, das Lasttrenn- und Hauptschalter für den Einsatz an Maschinen her- stellt, umlegen darf. Doch bei den größeren mit ihren beeindru- ckenden Hebeln war dann doch mehr Kraft gefragt. 2020 musste der Aktionstag Corona-bedingt leider ausfallen. Der 7. Aktionstag findet in diesem Jahr am 9. November 2021 statt. 40Kapitel 2. Frühkindliche Bildung

Kreativ online experimentieren Digitaler Girls´Day der Initiative Junge Forscherinnen und Forscher (IJF) Kreativität und Problemlösefähigkeit gehören zu den Schlüsselkompetenzen für die Arbeitswelt von morgen. Sie lassen sich durch Projekte fördern, in denen Schülerinnen eigene Lösungsideen für alltagsnahe Probleme entwickeln und umsetzen. Besonders motivierend ist es, wenn sie dabei anderen Menschen helfen können. Das macht nicht nur Spaß, sondern schenkt auch wertvolle Erfahrungen der Selbstwirksamkeit. Das durften am 22. April 2021 zehn Mädchen am Kreativworkshop erleben. Im Rahmen des Girls ´ Day bot die IJF erstmals ein Onlineformat an. „Während der Veranstaltung hatten die Teilnehmerinnen die Möglichkeit, Produktideen zu entwickeln, zu realisieren und umzusetzen“, erklärt Projektleiterin Dr. Mirjam Falge. „Dabei er- hielten sie von uns Unterstützung und wir zeigten ihnen neue Kreativmethoden.“ Die 14- bis 20-Jährigen wurden animiert, eigene Ideen zu entwi- ckeln und umzusetzen. Die erfundenen Produkte sind nicht nur spielerische Tüfteleien. Sie können am Ende im „MINT-erfinder- CAMP“, das vom 29. bis 31.10.2021 im Makerspace der Hochschule Heilbronn stattfinden wird, real umgesetzt werden. „Die Kreativ- workshops sind Teil des Wettbewerbs“, sagt Falge. „Viele Men- schen erfahren in ihrem Alltag Beeinträchtigungen – durch Han- dicap, Alter, Krankheiten oder soziale Umstände. Häufig ist diese Beeinträchtigung für andere nicht sofort erkennbar. Genau hin- zusehen und Hilfsmittel zu erfinden – hier setzt das Konzept an.“ „Der Kreativworkshop war sehr interessant. Ich fand es gut, sich zu überlegen, wie man Menschen helfen kann“, resümierte eine Teilnehmerin begeistert. Im Sommer fanden weitere Termine on- line oder vor Ort statt, an denen auch Jungs teilnehmen durften. Die zehn aussichtsreichsten Ideen der Erfinderinnen werden zum Finale eingeladen und können Sachpreise gewinnen. Durch die Förderung der Arnfried und Hannelore Meyer-Stiftung ist die Teilnahme kostenfrei. 42Kapitel 2. Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung

Girls’Day Akademie – heute noch wichtiger als vor 13 Jahren Die Girls‘Day Akademien (GDA) bieten eine ver- tiefte Berufsorientierung für Schülerinnen, die von Schule, Berufsberatung und Unternehmen gemeinsam gestaltet wird. Sie werden zu 50 Prozent von der Bundesagentur für Arbeit und zu 50 Prozent von anderen Partnern finanziert. „Getreu dem Sprichwort ‚nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich‘, sollen Schülerinnen MINT erleben“ betont Martina Musati, Geschäfts- führerin Operativ der Regionaldirektion Baden-Württemberg. „Praktika bei Betrieben, technische Workshops und Work- shops zum Selbstmanagement sind deshalb die drei Säulen der Girls ´ Day Akademie.“ Bislang gibt es 5.000 Schülerinnen der 7. bis 10. Klasse an allge- mein bildenden Schulen, die das Angebot positiv bewerten und weiterempfehlen. Sandra hat in der 8. Klasse an der Girls‘Day Akademie teilgenom- men. Inzwischen absolviert die 16-Jährige eine Ausbildung zur Elektronikerin für Geräte und Systeme. Rückblickend hat sich die Teilnahme für sie sehr gelohnt: „Ich fand das Angebot einfach toll, dass man als Mädchen in typische Männerberufe hereinschnup- pern kann. Gerade auch, wenn man sich für Physik, Technik und Mathematik interessiert. Dann hilft einem das schon einfach mal weiter, um zu sehen, was für verschiedene ‚Männer-Berufe‘ es gibt. Es ist gut, bei verschiedenen Firmen hereinschnuppern zu können. Da haben wir auch Sachen machen dürfen wie Löten oder Schaltungen aufbauen.“ Sandra hat während der Teilnahme an der Girls‘Day Akademie auch ihren Wunschberuf gefunden: „Ich bin zum Beispiel durch die Girls‘Day Akademie darauf ge- kommen, dass ich Elektronikerin für Geräte und Systeme machen möchte. Ich habe mich auf einen entsprechenden Ausbildungs- platz beworben und habe ihn bekommen.“ Aufgrund ihrer eige- nen positiven Erfahrungen empfiehlt sie anderen Schülerinnen: „Ich kann es nur jedem empfehlen, bei der Girls‘Day Akademie mitzumachen. Die Girls‘Day Akademie hat mir da bei der Berufs- wahl schon echt weitergeholfen.“ Trotz der beachtlichen Teilnehmerzahl an der Girls’Day Akade- mie hat es bisher keiner der rund 110 MINT-Berufe in die TOP 20 der von jungen Frauen bevorzugten Berufsausbildungen ge- schafft. Der Frauenanteil in den MINT-Ausbildungsberufen in Baden-Württemberg beträgt nur elf Prozent. „Durch die Verste- tigung zukunftsgerichteter, interessanter und qualitativer Ange- bote wollen wir mehr junge Frauen für MINT-Berufe gewinnen. 44Kapitel 2. Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung

Erfolgreiche GDA trotz Pandemiebedingungen nern viel für die Schülerinnen in Sachen MINT erreicht. Doch ist es angesichts des beschleunigten technologischen Wandels heute noch wichtiger, Schülerinnen verstärkt für MINT-Berufe zu inte- ressieren“, bilanziert Martina Musati. Stefan Küpper schließt sich dieser Sichtweise an: „Der Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft wird nur gelingen, wenn wir Fachkräfte fördern, die diesen ge- stalten wollen und können. Insbesondere den MINT-Fachkräften kommt dabei in allen Disziplinen eine Schlüsselrolle zu. Unser Fokus ist es, mit der Girls’Day Akademie junge Frauen auf dem Weg in ihre berufliche Zukunft speziell für die Möglichkeiten in MINT-Berufen zu sensibilisieren und zu begeistern – aus dieser Intention heraus entwickelten wir die Girls‘Day Akademie und fungieren seit Beginn als Kofinanzier.“ Wir müssen dafür Partizipationsmöglichkeiten für die Zielgruppe noch weiter sichtbar machen und individuelle Erfolge von Frau- en, die in MINT-Berufen tätig sind, stärker hervorheben“, betont Stefan Küpper, Geschäftsführer Politik, Bildung und Arbeits- markt von Südwestmetall. „Ich begrüße es sehr, dass der Ausbau der MINT-Berufsorientie- rungsmaßnahmen für Mädchen im aktuellen Koalitionsvertrag verankert ist. Gerne würden wir mehr Girls‘Day Akademien in Baden-Württemberg gemeinsam mit weiteren Organisationen ge- stalten. Unser Ziel ist es, dieses gute Berufsorientierungsangebot für Mädchen in allen 44 Stadt- und Landkreisen in Baden-Würt- temberg zu etablieren“, so Martina Musati. Die Job-Aussichten sind weiterhin gut. Die Nachfrage nach MINT-Fachkräften ist wie vor 13 Jahren ungebrochen, hinzu kommt ein gestiegener Anteil von älteren MINT-Beschäftigten, die in den nächsten 10-15 Jahren ausscheiden werden. „Wir haben in den 13 Jahren gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Part- 45

Fünf Jahre Girls´Day College – für Mädchen, die MEHR wissen wollen! Das Girls’Day College wurde im Jahr 2016 von der Agentur für Arbeit Heilbronn in Zusammenarbeit mit der experimenta gGmbH Heilbronn gegründet und seitdem schuljahresbegleitend angeboten. Das Programm des Girls ’ Day College bildet das Themenspektrum des gesamten MINT-Bereichs ab und richtet sich an Schülerinnen aller Schultypen ab der Jahrgangsstufe 10. Jedes Jahr begeisterten sich bis zu 40 Schülerinnen für die praxisnahen Veranstaltungen in Naturwissenschaft und Technik. Seit Beginn nahmen über 150 Schü- lerinnen am Girls’Day College teil, viele auch über mehrere Jahre. Damit die Teilnehmerinnen ihren Neigungen und Talenten frei nachgehen können, haben sie die Möglichkeit aus einer großen Bandbreite von Veranstaltungen nach Interessen und Vorlieben ihr persönliches Programm zusammenzustellen. Die praxisnahen und anspruchsvollen Workshops des Girls’ Day College erweitern die schulischen Grundlagen der Teilnehmerinnen und knüpfen an die Inhalte der Girls’ Day Akademie (GDA) an, sodass unter Weitere Informationen und Kontakt girlsdaycollege@experimenta.science der breitgefächerten Teilnehmerinnengruppe auch immer viele GDA-Absolventinnen zu finden sind. Durch ausgewählte Angebote werden die Teilnehmerinnen an ei- gene handwerkliche und technische Projekte im Maker Space der experimenta oder selbstständige Forschungsarbeiten im Schüler- forschungszentrum Nordwürttemberg herangeführt. Dort finden sie umfangreiche Möglichkeiten und Freiräume für forschendes und kreatives Arbeiten und Experimentieren vor. Besonders posi- tiv wurde von den Teilnehmerinnen das Umsetzen eigener Ideen herausgestellt: „Ich fand es toll, meine erste eigene App dann auch wirklich auf meinem Handy zu haben.“ Aber auch das gewonnene Verständnis für technische Grundlagen begeisterte: „Mir hat beson- ders gefallen, dass man so einfach Informationen speichern kann!“ Um die Berufsorientierung und Persönlichkeitsentwicklung zu fördern, werden Seminare im pädagogisch-kommunikativen Bereich angeboten sowie in Unternehmens- und Hochschulex- kursionen zukunftsträchtige Berufsbilder im MINT-Bereich vor- gestellt. Darüber hinaus eröffnet die experimenta den Absolven- tinnen des Girls’ Day College die Möglichkeit, sich ihrerseits als Role Models mit ihren Erfahrungen und Expertisen einzubringen und den naturwissenschaftlichen Nachwuchs zu unterstützen. 46Kapitel 2. Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung

Girls‘ Digital Camps Um Schülerinnen der Klassenstufen 6 bis 10 auf dem Weg in die digitale Welt zu begleiten und sie für damit verbundene Themen und zukunftswei- sende Berufe zu begeistern, wurde im Frühjahr 2018 ein Förderaufruf „Girls´ Digital Camps“ vom Wirtschaftsministerium gestartet. Von Oktober 2018 bis Oktober 2020 wurden insgesamt sechs Mo- dellprojekte in fünf Wirtschaftsregionen in Baden-Württemberg pilothaft erprobt und durchgeführt. Diese wurden vom Kompe- tenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V. Bielefeld wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Ziel der Girls‘ Digital Camps ist es, Mädchen und jungen Frau- en konkrete, praxisnahe Einblicke in digitale Anwendungen zu geben und ihr Interesse für digitale Themen und Kompetenzen zu wecken. Die Angebote orientieren sich an der Lebenswelt der Mädchen und jungen Frauen, um insbesondere auch Schülerinnen Weitere Informationen stehen auf der Webseite der Girls‘ Digital Camps https://gdc-bw.de/ zu erreichen, die bislang nicht mit der Digitalisierung und deren Treiberberufen in Berührung gekommen sind. So werden digitale Fähigkeiten didaktisch gezielt gendersensitiv mit Themen aus den Bereichen Kunst, Musik, Kreativität, Gesundheit, Flora & Fauna oder Gesellschaft verknüpft. Die fächerübergreifenden, themati- schen Angebote reichen beispielsweise von der Websiteentwick- lung in Kooperation mit einem Zoo, über Workshops zum Thema Kunst und Coding unter Einbindung eines Museums bis hin zum Einsatz eines Körperscanners in Kooperation mit Unternehmen. Die Girls‘ Digital Camps werden als interdisziplinäres, aufeinan- der aufbauendes, modulares Angebot in Kooperation mit Schu- len und Unternehmen durchgeführt. Dabei bilden regelmäßige, über ein gesamtes Schuljahr stattfindende, wöchentliche Basis- kurse zur Vermittlung von Kernkompetenzen direkt an der Schu- le der Mädchen, in außerschulischen Bildungseinrichtungen oder als Online-Angebote ebenso einen Bestandteil wie vertiefende Camps zu den jeweiligen Themengebieten an den Wochenenden oder in den Ferien. Didaktisch basieren beide Kurskonzepte auf einem Angebot, das sich aus mindestens fünf unterschiedlichen Themenmodulen zusammensetzt. Ergänzt wird das Programm durch Unternehmensbesuche und Berufsorientierungsangebote unter Einbindung von erfolgreichen Role Models in digitalen 48Kapitel 2. Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung

Berufsfeldern. Hinzu kommen spezielle Highlight-Veranstal- tungen wie beispielsweise eine Online-Schnitzeljagd durch ba- den-württembergische Unternehmen als Berufsorientierungs- maßnahme, Girls‘ Hackathons oder besondere Aktivitäten im Rahmen einer Digitalen Nacht, die von den Teilnehmerinnen gut angenommen werden. Nach erfolgreichem Durchlaufen der Basiskurse, der Teilnahme an Vertiefungskursen, Berufsorien- tierungsangeboten und Unternehmensexkursionen erhalten die Teilnehmerinnen ein Vertiefungszertifikat. Insgesamt wurden mit den Angeboten in der Modellphase in 135 Veranstaltungen 1215 Schülerinnen in Baden-Württemberg erreicht. Teilnehmerinnen des Girls‘ Digital Camps Rhein-Neckar Im Anschluss an die Modellphase werden die erfolgreich evaluier- ten Veranstaltungs- und Organisationskonzepte der Girls‘ Digital Camps seit Januar 2021 bis September 2023 in einer Transferphase als regionenübergreifende Verbundprojekte von Wirtschafts- und Wissenschaftsorganisationen für Schülerinnen der Klassenstu- fen 6 bis 8 weiterentwickelt und auf alle zwölf Wirtschaftsregi- onen ausgerollt. Ziel ist es, diese fest in der Bildungslandschaft Baden-Württembergs zu verankern und verstetigen. 49ZUSAMMENSETZUNG DES GIRLS‘ DIGITAL CAMPS:Basiskurse(mind . 30 Stunden von mind . 45 Stunden)Vertiefungskurse(mind . 18 Stunden von mind . 25 Stunden)Berufsorientierung(mind . 2 Stunden)Unternehmensexkursion(mind . 2 Stunden)Basis- und Vertiefungszertifikat

MINT-Frauen machen den Unterschied – CyberMentor: Erfolgsquote 71% „CyberMentor“ ist ein seit 2005 bestehendes Online-Mentoring-Programm für Mädchen im Bereich MINT. Es bietet Mädchen einen geschützten Raum, um sich mit MINT-Themen zu beschäftigen. Schülerinnen der Klassenstufen fünf bis 13 werden mindestens ein Jahr lang von einer persönlichen Mentorin begleitet. Als Rol- lenvorbild regt die Mentorin zu MINT-Aktivitäten an und gibt Hinweise zur Studien- und Berufswahl. Das Mentoring erfolgt über eine geschützte Online-Plattform. Die Teilnehmerinnen können sich untereinander vernetzen und sich in unterschied- lichen Projektphasen aktiv gegenseitig unterstützen. In dem wis- senschaftlich begleiteten Programm engagieren sich MINT-Frauen aus Wirtschaft und Wissenschaft für die Förderung des weibli- chen Nachwuchses. „CyberMentor“ hat eine hohe Erfolgsquote: 71% aller ehemali- gen Teilnehmerinnen wählen nach Verlassen des Programms ein MINT-Studienfach oder einen MINT-Ausbildungsberuf. „Cyber- Mentor“ ist ein bundesweites Programm, das in Baden-Württem- berg seit 2020 vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Touris- mus und der Vector Stiftung gefördert wird. „Wir sind überzeugt, dass Eins-zu-Eins-Mentorings ein geeignetes Instrument sind, um Mädchen für einen MINT-Beruf zu begeistern“, so Edith Wolf, Vorständin der Vector Stiftung. Aktuell nehmen 114 Schülerinnen aus Baden-Württemberg von bundesweit rund 800 am Programm teil. „Wir fördern das Projekt, da es sich aufgrund der exzellenten Begleitforschung als besonders wirkungsvolles, individuelles Un- terstützungsprogramm erwiesen hat. Es schließt damit eine wich- tige Lücke und ergänzt sinnvoll unsere Gruppenprogramme wie die Girls‘ Digital Camps“, so Dr. Birgit Buschmann, Referatsleite- rin Wirtschaft und Gleichstellung im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus. MINT-Frau Saskia Kutz: „Dank CyberMentor habe ich ein größe- res Selbstbewusstsein bekommen.“ Saskia Kutz, Doktorandin der Biophysik, kennt „CyberMentor“ aus zwei Perspektiven. In ihrer Schulzeit nahm sie zwei Jahre lang als Mentee am Programm teil. Zu Beginn interessierte sie sich für Maschinenbau und Flugzeugtechnik. Mit der Zeit merkte sie, dass diese Themen nicht ganz die richtigen für sie waren. Im zweiten Jahr erhielt sie eine neue Mentorin, die Physikerin war. Im Laufe der Zeit veränderten sich ihre Interessen. Damals als Mentee – jetzt als Mentorin – war und ist es für sie wichtig, dass man als Mädchen MINT-Themen im geschützten Raum nur mit Frauen und Mädchen ausprobieren kann. Im Physikunterricht in der Schule und in Programmierworkshops fühlte sie sich von den „Nerd-Jungs“ oft zurückgedrängt. 50Kapitel 2. Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung

Spielend leicht MINT – mit KI(N)T MINT entdecken, erleben, (be-)greifen und selbst gestalten – zentral am Campus, unmittelbar vom Geist der Forschung und Entdeckungen umge- ben! Das ist KI(N)T – Kinder in Naturwissenschaft und Technik am KIT. Stetig Neugierde wecken, vorhandenen Wissensdurst stillen, bereits erworbene Kompetenzen stärken und Schülerinnen wie Schüler fordern, fördern und begeistern – diese Grundgedanken leiten seit knapp zehn Jahren die Konzeption, Organisation und Durchführung der außerschulischen Bildungsangebote KI(N)T, verantwortet von der Geschäftsstelle Chancengleichheit am KIT, unter der Obhut der Chancengleichheitsbeauftragten – und dies mit großem Erfolg. Traditionell mit einem besonderen Fokus auf Schülerinnen und Schülern gleichermaßen, im Altersbereich von sechs bis vierzehn Weitere Informationen auf https://www.kinder-uni.kit.edu/ sowie https://www.ferienbetreuung.kit.edu/ Jahren, offeriert KI(N)T ganzjährig unterschiedliche außerschu- lische Bildungsangebote. Die praxisorientierten Veranstaltungs- wochen der Schulkindbetreuung des KIT in allen Schulferien des Landes Baden-Württemberg, verbinden schulübergreifend konzipierte einführende Themenwochen mit den aktuellen fami- liären Betreuungsbedürfnissen. Bei den Kindern kommt das An- gebot ausgesprochen gut an, was sich zum Beispiel äußert, wenn die neunjährige Leia nach einem zehnstündigen Betreuungstag zu ihrem Vater sagt: „Papa, du bist zu früh! Ich will jetzt noch nicht nach Hause.“ Altersdifferenzierte und anwendungsorien- tierte Kursangebote in kleineren Gruppen nach dem Schulunter- richt im „Werkraum KI(N)T“ fördern und vertiefen vorhandene Grundlagenkompetenzen in ausgewählten Themenbereichen. Jährlich ca. 4.000 Schülerinnen und Schüler begrüßt zudem die KIT Kinder-Uni an sechs Veranstaltungstagen mit ihrem offenen Angebot an interaktiven Vorlesungen im Hörsaal und unzähligen Experimentierständen am eigenen Kinder-Uni-Campus. Dass die genannten Maßnahmen sehr gut angenommen werden, beweisen unsere regelmäßigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie zum Beispiel der 14-jährige Max, der seit nunmehr neun Jahren zur Schulkindbetreuung kommt. Auf die Frage, was ihm dabei am besten gefalle, antwortete er voller Überzeugung: „Dass wir je- des Mal etwas total Neues lernen.“ Weitere Informationen auf 52Kapitel 2. Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung

www.kinder-uni.kit.edu/ sowie auf www.ferienbetreuung.kit.edu/ Am KIT gibt es natürlich noch viele weitere spannende Projek- te im MINT-Bereich, auch speziell für Mädchen, wie den Girls‘ Day, die Science Camps und viele mehr, wie beispielsweise das Projekt „Mädchen für Informatik begeistern“. Die entwickelten Lehr-Lern-Einheiten für Mädchen ab zwölf Jahren werden mit Bezug zum Bildungsplan angelegt und können bundesweit im Unterricht oder bei Veranstaltungen eingesetzt werden. Kinder bei der KIT-Schulkindbetreuung im Rahmen der Maßnahme KI(N)T 53

MINT-Cluster MAKEitREAL Am 04.01.2021 startete das vom Bundesminis- terium für Bildung und Forschung im Rahmen des MINT-Aktionsplans geförderte MINT-Cluster MAKEitREAL. Dabei arbeiten die Hochschule Heilbronn, die Stadt Heilbronn und der Landesverband für naturwissenschaftlich-technische Jugendbildung Baden-Württemberg (natec) als Verbundpart- ner zusammen. MAKEitREAL vernetzt das bestehende MINT- Bildungsangebot in der Region Heilbronn-Franken und erwei- tert es mit einem zusätzlich mobilen, niedrigschwelligen und fest verankerten MINT-Angebot, das speziell auf Mädchen mit Migrationshintergrund im Alter von 10 bis 16 Jahren ausgerichtet ist. Trotz des verstärkten Ausbaus von MINT-Initiativen hatten die bestehenden Angebote Mädchen mit Migrationshintergrund bislang meist nur sehr unzureichend erreicht. Mit MAKEitREAL soll ein bisheriger „weißer Fleck“ an der Schnittstelle von Ge- schlecht und Migrationshintergrund zu einer Region guter MINT-Bildung werden. In der praktischen Umsetzung greift das MINT-Cluster ein erfolgreiches Konzept aus der experimenta Heilbronn auf. Mit dem Einsatz des mobilen ,,Makerspace‘‘ in den Heilbronner Quartierszentren soll den Mädchen im Reallabor-Format unter Einbeziehung des sozialen Umfelds sowie geeigneter pädagogi- scher Konzepte ein spielerischer und experimentierfreudiger Zugang zu den MINT-Fächern ermöglicht werden. Das Vorhaben setzt dabei auf ein Maßnahmenpaket mit drei Formaten: Mobi- ler Makerspace, Impulse und Transferbegleitung. Vor Ort werden ,,Role Models‘‘ als Lernbegleiterinnen eingesetzt. Gemeinsam mit über 15 Kooperationspartnerinnen und Koope- rationspartnern aus der Region werden bestehende MINT-Ak- tivitäten zu einem lebendigen Netzwerk gebündelt und somit der langfristige Übergang zu existierenden MINT-Strukturen ge- sichert. Das Verbundvorhaben leistet so einen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit und zur diversitätssensiblen Mitgestaltung des digitalen Wandels, und ist in Ansatz, Durchführung und Er- gebnis direkt auf andere Regionen übertragbar. Das MINT-Clus- ter ist im Ergebnis direkt auf andere Regionen übertragbar. Weitere Informationen auf https://mint-cluster.de/ 54Kapitel 2. Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung

„Initiative Mission Zukunft: Von Baden-Württemberg ins All“ Der Landesverband der Baden-Württem- bergischen Industrie und die Arbeitgeber Baden- Württemberg sind Anfang 2021 zu dem neuen Verband „Unternehmer Baden-Württemberg“ (UBW) verschmolzen. Der Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie (LVI) und die Arbeitgeber Baden-Württemberg sind Gründungs- mitglieder des Bündnisses „Frauen in MINT-Berufen“ und setzen sich von Anfang an für dessen Belange, Chancengleichheit und mehr Frauen als MINT-Fachkräfte, ein. Über den Landesverband der Baden-Württembergischen Indus- trie veranstaltet das Forum Luft- und Raumfahrt Baden-Württem- berg, mit Unterstützung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg, Airbus Defence and Space, ArianeGroup, Tesat-Spacecom und dem DLR seit über zehn Jah- ren die „Initiative Mission Zukunft: Von Baden-Württemberg ins All“ (vonbwinsall.de/). Dabei werden junge Talente mit neuen Ideen gesucht. Höhepunkt der Initiative ist der alle zwei Jahre stattfindende Raumfahrttag in Stuttgart. Hier dürfen die Preisträ- gerinnen und Preisträger des dazugehörigen Ideenwettbewerbs Ihre Konzepte vorstellen. Die Preisträgerinnen und Preisträger nehmen oftmals mehrfach am Wettbewerb teil und interessieren sich zumeist schon länger für die Luft- und Raumfahrttechnologi- en. Insbesondere die Ausarbeitung der wissenschaftlichen Details macht Ihnen Spaß. Die Begeisterung für die Raumfahrt ist bei allen Einsendungen zu spüren. Raumfahrt verbindet und begeis- tert. Die erfolgreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich über spannende Erlebnispreise freuen, zum Beispiel über ei- nen Besuch im DLR School Lab in Lampoldshausen und einen Besuch der Satellitenproduktion bei AIRBUS in Friedrichshafen. Ebenso bietet der Raumfahrttag die Chance spannende Space-Ex- perimente durchzuführen oder Persönlichkeiten aus der Raum- fahrtbranche, wie z.B. eine der sechs Finalistinnen des Wettbe- werbs „Die Astronautin“, Lisa Haas, hautnah zu erleben. „Von Baden-Württemberg ins All bietet den Jugendlichen die Chance sich für ihre Mission einer MINT-Laufbahn zu begeistern“, erklärt Wolfgang Wolf, geschäftsführendes Vorstandsmitglied von Unter- nehmer Baden-Württemberg. 56Kapitel 2. Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung

Talent vor Klischee – Bildungspartnerschaften unterstützen die klischeefreie Berufsorientierung WAS SIND BILDUNGSPARTNERSCHAFTEN? WIE STÄRKEN BILDUNGSPARTNERSCHAFTEN Bildungspartnerschaften sind auf Dauer angelegte Kooperationen zwischen Schule und Unternehmen, die über den bereits gege- benen Standard (etwa Berufswegeplanung, BORS – Berufsori- entierung Realschule, BOGY – Berufsorientierung Gymnasium) hinausgehen. Auf Initiative der Industrie- und Handelskammern (IHK) wurde im November 2008 die „Vereinbarung über den Ausbau von Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und Un- ternehmen in Baden-Württemberg” zwischen der Landesregie- rung und Vertretern der Wirtschaft geschlossen. Im März 2012 wurde diese mit der „Vereinbarung über die Weiterentwicklung von Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und Unterneh- men in Baden-Württemberg“ fortgeschrieben. Der Baden-Würt- tembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) ist die Dachorganisation der zwölf Industrie- und Handelskammern im Land. Alle setzen auf Bildungspartnerschaften, um klischee- freie Berufsorientierung im Land voranzutreiben. Die IHK-Teams kümmern sich um die Vermittlung, Ausgestaltung, Pflege und Weiterentwicklung von Kooperationen zwischen Schulen und deren Partnerbetrieben. TALENTBASIERTE BERUFSWAHL VON MÄDCHEN FREI VON KLISCHEES? Bildungspartnerschaften können Berufsorientierung bieten, mit denen die Schülerinnen überrascht, verblüfft und für bisher eher abgelehnte Berufe und Tätigkeiten geöffnet werden können. Gleichzeitig können sie durch die Langfristigkeit der Partnerschaft eine Bindung zu dem Unternehmen aufbauen. Beispielhafte Mo- dule können etwa Einsätze von Ausbildungsbotschafterinnen und -botschaftern in geschlechtsuntypischen Berufen (Frauen in MINT-Berufen, Männer in Sozial- oder Pflegeberufen) sein. Diese stellen ihre Ausbildung und Tätigkeiten vor und wirken so daran mit, Geschlechterklischees zu überwinden. „Mein Ziel als Ausbil- dungsbotschafterin ist es zu zeigen, dass die eigene Begeisterung und das persönliche Engagement für die erfolgreiche Ausübung eines Berufs entscheidend sind und nicht das Geschlecht. Außer- dem versuche ich die Schülerinnen zu motivieren, mutig zu sein und einfach Dinge auszuprobieren, um Erfahrung zu sammeln und um herauszufinden, was ihnen unabhängig von Familie und Freun- den wirklich Spaß macht“, sagt eine angehende Mechatronikerin zu ihrer Motivation für ihr Engagement. Eine weitere Ausbildungs- botschafterin freut sich über die Reaktionen auf ihre Entscheidung für einen MINT-Beruf: „Schon in der Realschule habe ich gemerkt, 58Kapitel 2. Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung

dass mich naturwissenschaftliche Fächer besonders interessieren. Aus diesem Grund habe ich mein Abitur dann auch auf einem Technischen Gymnasium abgelegt, bevor ich mich für eine Ausbildung zur Elektronikerin für Informations- und Telekommuni- kationstechnik entschieden habe. Von meiner Firma, meinen Kollegen und auch unse- ren Kunden bekomme ich nur positive Rückmeldungen. Und auch die Schülerinnen, denen ich als Ausbildungsbotschafterin von meiner Ausbildung berichte, reagieren mit Interesse und Neugierde auf meine Berufswahl.“ Auch auf Ebene der Fachkräfte sind solche Einsätze möglich: Senior-Ausbildungsbotschafterinnen und -botschafter berich- ten, wie sie mit einer Ausbildung Karriere gemacht haben. Gezielte Betriebserkundun- gen zu High Tech und Digitalisierung in vermeintlich alten oder traditionellen Berufen und Branchen können Klischees aufbrechen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler im Partnerbetrieb für einen Beruf typische praktische Tätig- keiten ausprobieren. So erfahren sie direkt, wie anspruchsvoll die Tätigkeiten sind und was ihnen liegt (auch als Berufsparcours umsetzbar). WAS IST DER MEHRWERT VON BILDUNGSPARTNERSCHAFTEN? Bildungspartnerschaften stärken die Reflexion der eigenen Bilder von Branchen, Beru- fen und Tätigkeiten. Sie verbreitern das Berufswahlspektrum. Durch das Aufbrechen von Klischees ermöglichen Bildungspartnerschaften Schülerinnen und Schülern eine talentbasierte Berufswahl. Und auch Auszubildende können sich im Kontakt mit den Jugendlichen weiterentwickeln und zum Beispiel als Ausbildungsbotschafterinnen und -botschafter von ihrer Ausbildung berichten. AUSBLICK Die Bildungspartnerschaften werden regelmäßig an aktuelle Entwicklungen angepasst. So wurde zum zehnjährigen Jubiläum ein Fokus auf klischeefreie Berufsorientierung und Frauen in MINT-Ausbildungen gelegt. Aktuell wird mit dem Wettbewerb „Bil- dungspartnerschaften digital“ die Auseinandersetzung der Schülerinnen (und Schüler) mit dem Thema digitale Transformation gestärkt. Im Rahmen von Bildungspartnerschaften können Schülerinnen mit niedrigschwelligen Angeboten an MINT-Berufe herangeführt werden 59

Girls Power Seit 2012 bietet das Jugendforschungszentrum AEROSPACE LAB Schülerinnen spezielle Kurse im Bereich Robotik an. erledigen können. Aktuell besteht die Herausforderung darin, dass sich die Maschinen selbstständig durch ein selbstgebautes Labyrinth manövrieren. Bei den Girls Robotics Projekten können Mädchen in einem ge- schützten Rahmen und unter fachkundiger Anleitung von Stu- dentinnen der Luft- und Raumfahrttechnik Lego Roboter bauen und programmieren. Denn konkrete Erfahrungen haben gezeigt, dass Jungen und Mädchen im Teenager-Alter ganz unterschied- liche Herangehensweisen an die Technik haben. Die besondere Atmosphäre der reinen Girlsgruppen fördert die Kreativität und das Selbstbewusstsein der jungen Frauen, die Technik auf ihre Art und Weise zu verstehen und zu gestalten. Der Einstieg gelingt bei den Girls Robotics Basic Kursen. Die Jungforscherinnen lernen die Grundlagen der grafischen Pro- grammierung des Lego Mindstorms kennen. Sie entwerfen und bauen eigene Roboter, die sich mit Hilfe von Sensoren selbststän- dig im Raum bewegen oder einfache Aufgaben aus dem Alltag Weitere Informationen auf https://www.aerospace-lab.de/ Beim Folgekurs Girls Robotics werden die Kenntnisse und Erfah- rungen mit Arduinos, mit denen man spielerisch in die Welt der Programmierung und Elektronik einsteigen kann, vertieft. Durch das gemeinsame Entwerfen, Bauen, Programmieren und Testen mobiler und autonomer Roboter möchten wir zeigen, dass Tech- nik Spaß macht und ein Anwendungsbezug im Alltag hergestellt werden kann. Die Ergebnisse der Teams werden von den Robotikerinnen auf Messen und Konferenzen präsentiert und sie sind dort gefrag- te Ansprechpartner. Die jungen Frauen sind auch erfolgreich bei Teilnahmen an Wettbewerben. Ganz besonders freut uns, dass wir bereits Betreuerinnen aus dem Kreis der Teilnehmerinnen gewinnen konnten. Mitunter springt die Begeisterung der Teilnehmerinnen auch auf ihre Geschwister über. Eine Mutter berichtete uns: „Nachdem meine Tochter Mile- na so vom Girls Robotics Kurs im AEROSPACE LAB schwärmt, ha- ben wir Ihre Schwester Elisa beim Schnupperkurs Girls Robotics Ferienspaß am 5.8.2021 angemeldet.“ 60Kapitel 2. Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung

MINToring-Programm von SCHULEWIRTSCHAFT BW Mit dem MINToring-Programm begleitet SCHULE- WIRTSCHAFT junge Erwachsene beim Übergang von der Schule an die Hochschule. Es bietet seit vielen Jahren über 200 Schülerinnen praxisnahe Stu- dienorientierung und Unterstützung auf dem Weg in ein erfolg- reiches MINT-Studium. „Studienabbrüche sollen so vermieden werden“ betont Johannes Krumme, Geschäftsführer von SCHU- LEWIRTSCHAFT Baden-Württemberg. „Da mir Jugendliche sehr am Herzen liegen und ich selbst viele Fragen bei der Studienfachwahl hatte, engagiere ich mich jetzt als MINTorin und freue mich, meine Erfahrungen zu teilen“, begrün- det eine Studentin der Ingenieurwissenschaften ihren Einsatz. En- gagierte Studentinnen der MINT-Fächer werden zu Mentorinnen für Schülerinnen. Sie begeistern für MINT, informieren (virtuell) über das Spektrum der Studiengänge und stehen den Schülerin- nen bei allen Fragen rund um den Studieneinstieg (z.B. Studien- Weitere Informationen auf https://www.suedwestmetall-macht-bildung.de/ projekte/projekt/mintoring.html finanzierung, Selbstorganisation und wissenschaftliches Arbeiten) mit Rat und Tat zur Seite. „Wir erhalten durch MINToring (virtu- elle) Einblicke in Hochschulen und unterschiedliche MINT-Stu- diengänge, und können an Online-Veranstaltungen zu Themen wie Studienfinanzierung, Studienplanung und Selbstorganisation teilnehmen. Diese Unterstützung der MINTorinnen hat mir sehr bei meiner Studienwahl geholfen“, berichtet eine Teilnehmerin des Programms. Getragen von UBW – Unternehmer Baden-Württemberg und in Kooperation mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg steht auch der Bündnispartner SCHULE- WIRTSCHAFT für die Stärkung der Berufs- und Studienorien- tierung an Schulen und schafft Perspektiven für Jugendliche. SCHULEWIRTSCHAFT vermittelt ökonomische Kenntnisse, gibt Impulse zur Organisation guter Bildung und ist in den Berei- chen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) aktiv. Einen besonderen Wert wird auf genderneutrale Unterrichtsgestaltung und Berufs- und Studienorientierung gelegt. Mit zahlreichen Schulprojekten insbesondere auch für Schülerin- nen bestärkt SCHULEWIRTSCHAFT, eine Ausbildung oder Stu- dium im gewerblich-technischen Bereich zu absolvieren. 62Kapitel 2. Übergang Schule – Ausbildung – Studium

TryScience. Erleben. Entdecken. Ausprobieren. Mit dem erfolgreichen Programm TryScience werden an der Universität Stuttgart vielfältige Veranstaltungen zur Studienorientierung für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe, aber auch deren Eltern, angeboten. Das Programm zielt darauf ab, Teilnehmende für die MINT-Studi- engänge zu begeistern. Die Schülerinnen und Schüler können sich aus den einzelnen Bausteinen ihr individuelles Programm zusam- menstellen. Wir bieten StudienInfoVeranstaltungen, Workshops zu den unterschiedlichsten MINT-Fächern, CampusTouren zu studen- tischen Gruppen und Projekten, Elterninformationsabende und das Schülerinnen-Mentoring an. Wichtig ist dabei die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl an Partnerinnen und Partnern wie z. B. der Zentra- len Studienberatung, dem MINT-Kolleg, Instituten, Studentischen Gruppen, Schulen, Migrantenselbstorganisationen, Arbeiterkind e.V. https://www.uni-stuttgart.de/studium/ orientierung/try-science/ https://www.uni-stuttgart.de/studium/ orientierung/schuelerinnen-mentoring/ Im Fokus bleiben dabei die Schülerinnen: ein Teil der Veranstal- tungen wird exklusiv für Mädchen angeboten. In allen Veranstal- tungen werden die Plätze mindestens zur Hälfte an Schülerinnen vergeben und die Praxisteile in den Workshops wenn möglich geschlechtergetrennt durchgeführt. Außerdem ist die Vorbild- funktion wichtig: die Veranstaltungen werden hauptsächlich von Frauen (Studentinnen, Wissenschaftlerinnen und Professorin- nen) betreut, um zu zeigen, dass es ganz selbstverständlich ist, dass Frauen in MINT-Studium, Lehre und Forschung vertreten sind und Erfolg haben. Dies wird von den Schülerinnen als sehr positiv und wegweisend bewertet. Auf die aktuellen Herausforderungen der Corona-Pande- mie haben wir mit einem Onlineangebot reagiert, so dass die Workshops und das Schülerinnen-Mentoring auch weiterhin stattfinden können. Diese Veranstaltungen sind ebenfalls sehr er- folgreich und gefragt. Als Mehrwert hat sich der Einzugsbereich der Teilnehmerinnen und Teilnehmer deutlich erweitert, außer- dem kam es beim Mentoring durch die unkomplizierte Nutzung von Videokonferenzen zu einem häufigeren und intensiveren Austausch der Teilnehmerinnen untereinander. Wir planen des- halb, auch in Zukunft als Ergänzung zu Präsenzveranstaltungen Onlineformate anzubieten. 64Kapitel 2. Übergang Schule – Ausbildung – Studium

Licht ins Dunkel bringen: Was denken Mädchen und junge Frauen über MINT-Berufe? Welche Vorstellungen haben Mädchen und junge Frauen von MINT-Berufen? Wer passgenaue Maß- nahmen für Frauen in MINT planen und durchfüh- ren möchte, benötigt hierauf fundierte Antworten. Zwei junge Schreinerinnen im Gespräch Um eine datengestützte Grundlage für die (Weiter)Entwicklung von Förderkonzepten zu bieten, hat die Arbeitsgruppe „Initiativen für Frauen in der dualen technischen Ausbildung“ (bestehend aus Mitgliedern des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung, des Wirtschaftsministeriums sowie der Bundesagentur für Arbeit) im Sommer und Herbst 2020 zwei Datenerhebungen durchgeführt. 66Kapitel 2. Übergang Schule – Ausbildung – Studium

BEFRAGUNG 1: ERFAHRUNGEN VON WEIBLICHEN AUSZUBILDENDEN In einer ersten Befragung wurden 30 weibliche MINT-Auszubil- dende ausführlich zu ihren Vorstellungen vor der Ausbildung, zu ihren Erfahrungen während der Ausbildung sowie zu ihren Zukunftswünschen interviewt. Ihre Motivation, eine MINT-Aus- bildung zu beginnen, machten die meisten Befragten an Einflüs- sen durch nahestehende Personen, bestimmte Schulfächer oder Praktikumserfahrungen fest. Einen negativen Einfluss ihres Ge- schlechts auf ihren Ausbildungsweg berichtete nur eine Minder- heit. Ablehnende Reaktionen aus dem sozialen Umfeld konnten sich in fast allen Fällen mit der Zeit ins Positive wenden. Die große Mehrheit der Befragten möchte nach Abschluss der Ausbil- dung den eingeschlagenen Weg weitergehen und die Hälfte gab sogar an, eine Weiterqualifizierung anzustreben. „Oft war es für andere eine Art Schreckmoment – wie, du gehst in die Männerwelt? – was mich veranlasste darüber nachzuden- ken, was sind denn Männer- und was sind Frauenberufe. […] Und immer, wenn ich mit meinem Umfeld darüber gesprochen habe, haben es alle sehr gut aufgenommen und ich will der Beweis sein, dass eine Frau Technik kann.“ (Anlagenmechanikerin, 17 Jahre, 1. Ausbildungsjahr) BEFRAGUNG 2: VORSTELLUNGEN VON SCHÜLERINNEN Eine zweite Befragung erfasste die Vorstellungen von 52 Schü- lerinnen verschiedener Klassenstufen zu MINT-Berufen per Online-Fragebogen. Knapp die Hälfte gab an, sich für einen MINT-Beruf zu interessieren. Die meisten Berufswünsche von Schülerinnen, die angaben sich nicht für einen MINT-Beruf zu inte- ressieren, lassen sich gleichwohl dem MINT-Spektrum zuordnen. Ein Zeichen für vorliegende Unkenntnis der Schülerinnen hin- sichtlich vieler Berufsbilder. Die große Mehrheit der befragten Schülerinnen sieht in Praktika die beste Möglichkeit, MINT-Be- rufe für Mädchen interessanter zu machen. Einen geschlechterge- trennten Unterricht wünschen sich hingegen nur einzelne. Hoff- nungsvoll stimmt das Befragungsergebnis, dass auch die Hälfte derjenigen, die kein Interesse an MINT-Berufen haben, dennoch an speziellen MINT-Angeboten teilnehmen würden. WÜRDEST DU AN SPEZIELLEN MINT-ANGEBOTEN FÜR MÄDCHEN TEILNEHMEN? 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Interesse an MINT Kein Interesse an MINT Habe ich bereits Ja Nein FAZIT: DER BLICK AUFS GANZE - UND AUF JEDE EINZELNE Insgesamt zeigen sich in den Befragungen vielfältige persönli- che und kontextuelle Faktoren, die die Entscheidung für einen MINT-Beruf beeinflussen. Umso wichtiger erscheint es, weiterhin Maßnahmen der beruflichen Orientierung anzubieten, die sich gezielt an den Bedürfnissen der Mädchen und jungen Frauen ori- entieren. Wenn diese Maßnahmen als interessant und relevant erlebt werden, können sie einen wichtigen Beitrag im Sinne der MINT-Förderung leisten. 67

Aktionstag „Gemeinsam stark“ – ein erfolgreiches Format der Kontaktstellen Frau und Beruf Die beliebten Aktionstage „Gemeinsam stark“ für Mädchen und junge Frauen in der gewerblich- technischen Ausbildung wurden durch das Wirtschaftsministerium von 2010 bis 2018 im Rahmen der Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung“ gefördert. Die Kontaktstellen Frau und Beruf haben die Aktionstage in Ko- operation mit den Industrie und Handelskammern sowie Hand- werkskammern an mehreren Standorten durchgeführt. Das Ziel dieser Aktionstage war, möglichst viele junge weibliche Auszubildende in gewerblich-technischen Berufen umfassend Kontaktstellen Frau und Beruf finden Sie unter: https://www.frauundberuf-bw.de/ und zum Mentorinnen-Programm für Migrantinnen: https://www.frauundberuf-bw.de/frau-beruf/ mentorinnen-programm/ zu stärken. Bei den elf Aktionstagen an vier Standorten wurden Gruppen von ca. 30 bis 80 jungen Frauen Soft-Skills wie Kommu- nikationsstärke, Selbstvertrauen, Durchsetzungsvermögen, Kon- fliktfähigkeit und Themen zu Vereinbarkeit Familie und Beruf ver- mittelt, um die Abbruchquote in der Berufsausbildung zu senken. Mit diesen Aktionstagen wurde die notwendige Plattform ge- schaffen, um die Vernetzung und den informellen Austausch der in ihrem Betrieb oft einzigen weiblichen Auszubildenden in ei- nen geschützten Rahmen außerhalb von Berufsschule und Aus- bildungsbetrieb zu ermöglichen. Die Teilnehmerinnen konnten so frühzeitig ihre Berufsweg- und Lebensplanung reflektieren, die eigene Motivation und die berufliche Identität stärken. Die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen waren durchweg po- sitiv: „Ich bin gekommen, um mich über Weiterbildung zu infor- mieren.“, „Die anderen Mädchen kennenlernen, ist mir wichtig.“, „Ich finde den Aktionstag gut.“ Ein besonderer Aktionstag „Gemeinsam stark“ fand am 28. No vem- ber 2014 im Freiburger Museum für Neue Kunst statt. Die parallel dort gezeigte Ausstellung der Künstlerin Mathilde ter Heinje mit Rauminstallationen, die Näherinnen aus Freiburg gestaltet hatten, 68Kapitel 2. Stärkung der beruflichen Identität

bildeten einen passenden Rahmen. Bei einem Podiumsgespräch der „Kontaktstelle Frau und Beruf Freiburg“ in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer und dem Museum für Neue Kunst zum Thema „Mit Nähnadel und Stichsäge – Geschlechterrollen und Beruf“ wurde über das Rollenverständnis im Berufsleben dis- kutiert. Die gut besuchten Workshops zu Themen wie: Umgang mit Stress, Anmache – das geht gar nicht, und ein praktischer Workshop „Mit Farbe, Lust und Laune – Handwerk wird Kunst“ kamen bei den Teilnehmerinnen gut an. Die Kontaktstellen Frau und Beruf beraten Mädchen und Frauen zu MINT-Berufen, mit dem Ziel den Drop-out von Frauen mit MINT-Abschlüssen zu reduzieren und Wiedereinsteigerinnen und Migrantinnen für MINT-Berufe verstärkt zu gewinnen. Vie- le Migrantinnen bringen bereits eine MINT-Ausbildung mit. Um eine qualifikationsgerechte, perspektivenreiche Beschäftigung von Wiedereinsteigerinnen und Migrantinnen mit MINT-Qualifikati- on zu erreichen, kommt den Kontaktstellen Frau und Beruf mit ihren zielgruppenspezifischen Beratungs- und Unterstützungsan- geboten und dem 2017 gestarteten Mentorinnen-Programm für Migrantinnen eine besondere Bedeutung zu. Weitere Informationen zum Landesprogramm Gruppenfoto von Teilnehmerinnen am Aktionstag „Gemeinsam stark“ 2013 69WORKSHOPANGEBOTEProfil zeigen. Das bin ich.Entwickle Deine Ich-Marke und überzeuge mit Deinem TypArbeiten, Lernen, Karriere machen?Nach vorne schauen – so geht es nach der Ausbildung weiterMein Weg. Meine Ziele. Mein Leben.LaufbahnplanungStarke Stimme. Starker EindruckWie Frauen sagen, was sie wollenStarker Auftritt! Zeig, wer Du bist!Was Du über Körpersprache wissen solltest

Netzwerk Frauen.Innovation.Technik Baden-Württemberg Das Netzwerk Frauen.Innovation.Technik Baden- Württemberg (Netzwerk F.I.T), ansässig an der Hochschule Furtwangen, ist eine vom Ministe- rium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg seit 2001 geförderte Initi- ative, die mit verschiedenen Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in den MINT- Wissenschaften beiträgt. Mit seinen Maßnahmen zielt das Netzwerk F.I.T darauf ab, den Abbau von Geschlechterstereotypen zu fördern, die Präsenz von Frauen im MINT-Bereich in Wissenschaft und Forschung stärker ins Bewusstsein zu rücken und insgesamt die Attraktivität dieser Bereiche für Frauen deutlich zu machen. Das Netzwerk F.I.T fördert MINT-Studentinnen und Wissenschaftlerinnen in den verschie- denen Stadien ihrer Karriere, bestärkt sie in der Entscheidung für ein Studium und für einen Beruf im MINT-Bereich und vernetzt Frauen in Wissenschaft, Forschung und Praxis untereinander. Das Netzwerk F.I.T betreibt das Internetportal scientifica.de, das Informationen für Studentinnen und Wissenschaftlerinnen zu fachspezifischen News, Veranstaltungen, Stellenausschreibungen und Karriere-Netzwerken im MINT-Bereich anbietet. Begleitet wird dies durch Aktivitäten auf den Social Media-Kanälen. Jährlich veranstaltet das Netzwerk F.I.T zwei etablierte Weiterbil- dungs- und Vernetzungsveranstaltungen in Baden-Württemberg für Frauen in den MINT-Wissenschaften: Die Frühjahrshochschule meccanica feminale mit Fokus auf den MINT-Bereich Maschinen- bau und Elektrotechnik sowie die Sommerhochschule informati- ca feminale Baden-Württemberg mit dem Themenschwerpunkt Informatik. Die jeweils einwöchigen Veranstaltungen bieten an den wechselnden Standorten Universität Stuttgart, Universität Freiburg sowie Hochschule Furtwangen mit den Campusstandor- ten Furtwangen und Schwenningen zahlreiche Begegnungsräume und Gelegenheiten für interessierte MINT-Frauen, sich weiter- zubilden und zu vernetzen. In den letzten zehn Jahren konnten rund 450 Kurse zu Themen wie Energiewende, Industrie 4.0 oder Weitere Informationen zum Netzwerk F.I.T auf https://scientifica.de/start/ 70Kapitel 2. Förderung der Berufswegeplanung und des Aufstiegs

Key visual meccanica feminale Baden-Württemberg 2021 Fachkurs Robotik meccanica feminale Baden-Württemberg 2018 Datenschutz-Fachkurs informatica feminale Baden-Württemberg 2019    Künstliche Intelligenz für industrielle Anwendungen angeboten werden. Das Netzwerk F.I.T verfolgt und realisiert mit den Veranstaltungen insbesondere folgende Ziele: • Weiterbildung und Erwerb von Zusatzqualifikationen für MINT- Studentinnen • Austausch und Vernetzung zwischen MINT-Studentinnen, Wissenschaftle- rinnen und Fachfrauen aus der Praxis und dadurch Kontakt zu weiblichen MINT-Role Models • Stärkung der Studienmotivation und Verhinderung des Studienabbruchs bei MINT-Studentinnen durch gegenseitige Stärkung und Vernetzung in häufig männlich dominierten MINT-Studienfächern Seit 2011 konnten insgesamt über 2.100 Teilnehmerinnen begrüßt werden. Wechselnde Schwerpunktthemen stellen die aktuellen wissenschaftlichen Diskurse im MINT-Bereich in das Zentrum der Veranstaltungen. Durch geknüpfte Netzwerke mit anderen MINT-Frauen, durch den Erwerb von Zusatzqualifikationen und durch die Bestärkung in ihrer Studien- und Berufswahl unter- stützt das Netzwerk F.I.T die Teilnehmerinnen der Veranstaltun- gen und die Besucherinnen des Portals scientifica.de bei ihrer Karriere als zukünftige MINT-Fachkräfte in Baden-Württemberg. Eine Wanderausstellung Patente Frauen zu historischen weibli- chen Role Models rundet die Aktivitäten des Netzwerks F.I.T ab. W 71

Schmuckelement Schmuckelement 25 Top-Ingenieurinnen – Begegnungen mit ausgezeichneten Frauen aus dem Südwesten Im Gründungsjahr 2011 des Landesbündnisses „Frauen in MINT-Berufen“ feierte der deutsche ingenieurinnenbund e.V. sein 25-jähriges Bestehen. Dies nahmen wir zum Anlass, um die Top 25, die 25 einflussreichsten Ingenieurinnen Deutschlands, auszuzeichnen. Als Maßstab für die Nominierung wurden die aktuelle Position und die damit verbundene Personal-, Budget- und/oder Umsatz- verantwortung der Ingenieurinnen zugrunde gelegt. Die Ziele des Projektes waren: • Vorbilder sichtbar zu machen, • die Vielfalt der Arbeitsgebiete von Ingenieurinnen (und Ingenieuren) aufzuzeigen, das Berufsbild Ingenieurin bekannter zu machen, • • Unternehmen, Verbände, Organisationen etc. auf das Potenzial von Frauen im Ingenieurberuf hinzuweisen und die positive Entwicklung zwischen 1986 und 2011 zu präsentieren. • Eine hochkarätige Jury, der u.a. Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bundes- tagspräsidentin a. D., oder Johann-Dietrich Wörner, Vorstands- vorsitzender des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, angehörten, wählte die 15 einflussreichsten Ingenieurinnen Deutschlands aus, davon vier aus Baden-Württemberg: • Dipl.-Ing. Anja Frank, Abteilungsleiterin im Institut für Raumfahrt-an- triebe des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) • Dr.-Ing. Stefanie von Andrian-Werburg, Leiterin des Bereichs Verfahrens- technik/Dampferzeuger bei der EnBW Kraftwerke AG • Prof. Dr. oec. Marion A. Weissenberger-Eibl, Leiterin des Fraunhofer Instituts System- und Innovationsforschung (ISI) • Dr.-Ing. Michele Zimmermann, MBA, Werkleiterin bei BorgWarner Transmission Systems Dieses Projekt bildete im März 2012 die Basis für die gemeinsa- me Veranstaltung der Regionalgruppe Stuttgart des deutschen ingenieurinnenbundes mit dem Landesbündnis „Frauen in MINT-Berufen“ und dem damaligen Ministerium für Finanzen und Wirtschaft zum Thema „Top Ingenieurinnen – Begegnun- gen mit ausgezeichneten Frauen aus dem Südwesten“. Die rund 100 Teilnehmerinnen erlebten unter anderem eine Podiumsdis- kussion mit drei der vier ausgezeichneten Top-Ingenieurinnen aus Baden-Württemberg sowie einem Arbeitgebervertreter. 72Kapitel 2. Förderung der Berufswegeplanung und des Aufstiegs

Schmuckelement Schmuckelement Dabei standen folgenden Fragen im Mittelpunkt: • Wie können die Unternehmen noch mehr Frauen gewinnen? • Welche Maßnahmen sind sinnvoll für die Förderung von Frauen in der Technik? • Was sind die Gründe, dass sich so wenige Frauen in den Führungsetagen befinden? • Warum braucht die Technik Frauen? • Was waren die Erfolgsfaktoren der ausgezeichneten Ingenieurinnen? Im Anschluss an die Talkrunde gab es noch Gelegenheit, im Rahmen eines World Cafés mit den Top 25 zu diskutieren – zum Beispiel über „Do‘s and Dont‘s“. Das abschließende Get together mündete in intensivem Netzwerken. Die Veranstaltung wurde von den Teilnehmerinnen begeistert und mit großem Interesse aufgenommen. Dipl . Ing . (FH) Martina Gerbig, dib, Regionalgruppe Stuttgart Für das 50-jährige Bestehen des dib im Jahr 2036 haben wir visionäre Ziele: • Keine Stereotypen mehr, wonach Frauen in technischen Berufen • oder Frauen in einflussreichen Positionen Exotinnen sind. In allen Ingenieurwissenschaften beträgt der Anteil der Frauen bei den Studierenden 50 %. • Und die Top 50 der Ingenieur*innen sind Frauen. Das Landesbündnis „Frauen in MINT-Berufen“ ist ein wichtiges Instrument, um diese Ziele zu erreichen. In den letzten zehn Jah- ren wurde durch das Bündnis viel bewegt. Danke dafür. Denn: „Ohne Frauen fehlt der Technik was!“ 73

Empowerment-Tag für Wissenschaftlerinnen In Baden-Württemberg ist zwar die Hälfte aller Studierenden weiblich, jedoch sind nur wenige Professuren oder Führungspositionen in der Wirtschaft von Frauen besetzt. Sich als Frau im wissenschaftlichen Umfeld oder in einem großen Unternehmen durchzusetzen, kann herausfordernd sein. Mit dem Empowerment-Tag für Wissenschaftlerinnen, den die Baden-Würt- temberg Stiftung veranstaltet, bekommen junge Akademikerin- nen Impulse für ihre Karriere sowie geeignete Werkzeuge für Mehr dazu unter https://www.bwstiftung.de/de/ bereiche-programme/forschung/empowerment-tag deren praktische Umsetzung an die Hand. Seit 2017 bieten wir den jungen Forscherinnen jährlich ein spannendes Programm mit Coachings und Workshops vor Ort in Stuttgart oder in einem digitalen Format. Es geht unter anderem darum, Stärken hervor- zuheben, digitale Tools zur Karriereentwicklung zu nutzen und sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Motivierte Frauen, die Spitzenpositionen anstreben, brauchen auf dem Weg nach oben nicht nur frühe Förderung und fachliche Kompetenz, sondern auch Durchsetzungsvermögen, Unterstüt- zung durch Mentorinnen und erfolgreiche weibliche Vorbilder. Ob Institutsleiterinnen, Universitäts-Präsidentinnen oder weib- liche Aufsichtsratsvorsitzende – Nachwuchsforscherinnen sollen sich mit solchen Positionen identifizieren. In diesem Jahr wurde der Empowerment-Tag am 16.06.2021 unter dem Motto „Elternhaus, Bildung, Persönlichkeit – Die Einfluss- faktoren unseres Erfolgs“ digital veranstaltet. Das große Interes- se und die rege Teilnahme bestätigen den Wunsch der ca. 120 Teilnehmerinnen nach gleichgestellten Karrierechancen und ihre Motivation, Verantwortung zu übernehmen. Auch zukünftig wird es den Empowerment-Tag mit karriere- und persönlichkeitsfördern- den Workshops und Vorträgen geben. 74Kapitel 2. Förderung der Berufswegeplanung und des Aufstiegs

Fortbildung „Berufsorientierung gendersensibel“ – best practice für eine klischeefreie Berufswahl! Geschlechterbilder wirken sowohl in den Köpfen derjenigen, die auf der Suche nach einer Aus- bildung sind, als auch bei denen, die ausbilden, beraten und orientieren – nicht nur, wenn es um MINT-Berufe geht. Als Landesarbeitsgemeinschaft Mädchen*politik – mit dem Netz- werk Teilzeitausbildung als zusätzlichem Arbeitsschwerpunkt unter unserem Dach – vernetzen und qualifizieren wir Fachkräf- te aus ganz Baden-Württemberg, die z. B. in der Jugendarbeit, der Jugendberufshilfe, der Arbeitsverwaltung oder bei Berufsbil- dungsträgern Einfluss auf den Berufsfindungsprozess von Mäd- chen und jungen Frauen nehmen. Neben Schule und Elternhaus spielen sie eine wichtige Rolle: die Verwendung von Berufsbe- zeichnungen, die bildhafte Vermittlung von Berufen oder die persönliche Haltung der beratenden Personen tragen dazu bei, berufliche Geschlechterstereotype zu festigen oder zu weiten. Weitere Informationen auf https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/ publikation/did/wie-mint-projekte-gelingen-1/ Der Workshop „Berufsorientierung gendersensibel“ von Barbara Scholand, Erziehungswissenschaftlerin und spezialisiert auf die Forschung zu Fragen von Geschlecht und Bildung, vermittelte Wissen über Geschlechter- und Berufswahltheorien. Er richtete sich an interessierte Pädagoginnen und Pädagogen sowie Multi- plikatorinnen und Multiplikatoren in der Beruflichen Bildung. Der Workshop zeigte exemplarisch Wege auf, wie diese Bilder ver- ändert werden können und der Fokus weg von Geschlecht hin zu In- teressen, Fähigkeiten und Möglichkeiten verschoben werden kann. Mit Erfolg, wie einige Teilnehmende in der Auswertung berichte- ten: „Es ist absolut notwendig, sich in der Berufsberatung für die- ses Thema zu sensibilisieren und an die Selbstreflexion erinnert zu werden. Ich habe gute Ideen bekommen, wie ich aktiv Anlässe schaffen kann, um mit Schülerinnen und Schülern sowie Ausbil- dungsinteressierten über Vorurteile gegenüber Berufstätigkeiten und Personengruppen ins Gespräch zu kommen!“ Weiterführende Informationen zum Thema bietet die 2019 in einer aktualisierten und erweiterten Neuauflage erschienene Broschüre „Wie MINT-Projekte gelingen – Qualitätskriterien für gendersensible MINT-Projekte in der Berufs- und Studienorien- tierung“ des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg. Sie steht zur Bestellung und zum Download auf der Website des Ministeriums zur Verfügung. 76Kapitel 2. Qualifizierung im Bereich MINT und Gender

Modellprojekt „Teaching MINT hoch D“ Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst fördert von Juli 2018 bis Dezember 2021 das Modellprojekt „Teaching MINT hoch D – Förderung von diversitätsorientierter Lehre und Lehramtsausbildung in Physik und Technik“ an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. Das Modellprojekt verfolgt den bislang nicht ausreichend beachteten Weg, die Lehramtsausbildung gezielt zur nachhaltigen und diversitätsorientierten MINT- Förderung zu nutzen. Das Projekt möchte dazu beitragen 1. die Diversitätskompetenz von Physik- und Technik-Lehramts- studierenden durch ein fachdidaktisch fundiertes Studien- konzept zu erhöhen, mehr Studierende und insbesondere Studentinnen für das Physik- und Technik-Lehramt durch ein diversitätsorientier- tes Studienprofil zu gewinnen, die diversitätssensible Professionalisierung von MINT-Lehr- kräften durch entsprechende Fortbildungsangebote zu fördern. 2. 3. In einem multimethodischen Forschungsansatz wurden hierfür zunächst Unterrichtsbeobachtungen an weiterführenden Schulen im Raum Schwäbisch-Gmünd durchgeführt und Daten erhoben. Forschungsleitende Frage war dabei, wie der derzeitige MINT-Un- terricht unter den im Projekt spezifisch beobachteten Schwer- 78Kapitel 2. Qualifizierung im Bereich MINT und GenderMEILENSTEINE TEACHING MINT HOCH D Pilotierung Januar bis Februar 2019 Unterrichts- beobachtung März bis Juli 2019pro Lehrkraft ca . 4 - 5 Besuche vom TeamBeobachtungsbogen Intervention September 2019 bis Februar 20203 - 4 Workshops Gesamtzeit ca . 12 - 15hSuS-Fragebogen (Pre) Wissenschaftliche Begleitung über Dissertationsprojekt Reflexion März bis Juli 2020pro Lehrkraft ca . 4 - 5 Besuche vom TeamBeobachtungsbogen SuS-Fragebogen (Post) Auswertung Ab August 2020Datenauswertung Elemente in die Lehramtsausbildung implementieren

weiteren Pädagogischen Hochschulen in Form eines Blended- Learning-Kurses für Hochschullehrende sowie eines kompakten Online-Projektseminars für Studierende angeboten. Zum Ab- schluss des Projektes wird im Herbst 2021 eine Online-Tagung zu den Ergebnissen des Projekts sowie zum gegenseitigen Aus- tausch stattfinden. Zudem wird eine Lehrkräftehandreichung mit Tipps und Tricks für einen diversitätsorientierten und gender- sensiblen (digitalen) MINT-Unterricht in der Schule entwickelt und publiziert. Beteiligte am Projekt Teaching MINT hoch D punkten durchgeführt wird. Ziel war es, zum einen den Ist-Stand zu erfassen und zum anderen anhand von aus der Theorie abge- leiteten „Stellschrauben“ Ideen und Inhalte für entsprechende Workshop-Angebote zur Verbesserung der Diversitätskompetenz zu gewinnen. Die Workshops wurden zunächst für Lehrkräfte kon- zipiert und anschließend auch als Projektseminar für Studierende adaptiert. Im Rahmen der Workshops wurde zudem eine Diversity-Toolbox auf der Projekthomepage teachingminthochd.de aufgebaut, die neben theoretischem Input sowie praktischen Anwendungsbei- spielen auch ein neues Vignetten-Tool speziell für diversitätso- rientierte und gendersensible Unterrichtsszenarien anbietet. Die im Projekt entwickelten Comic-Vignetten ermöglichen eine Sen- sibilisierung für Diversität und Gender im MINT-Unterricht und können entsprechend den Bedürfnissen, Ideen und Konzepten der Anwenderinnen und Anwender angepasst werden. Das Projekt befindet sich derzeit in der Transferphase. In die- ser werden die bisher erarbeiteten und aufbereiteten Inhalte an ,,Vielfalt, die begeistert“ Fachinhalte: interdisziplinär, kontextorientiert und aIltagsbezogen ,,Quo vadis?“ Berufsorientierung in den MINT-Fächern 79WORKSHOPANGEBOTE,,Yes, I can“Sprache, Diversität und Gender„Der Weg zum wissenschaftlichenDenken und Arbeiten“Forschend-entdeckendes Lernen im Kontext von Gender und Diversität

Kompetenzworkshop-Reihe für (HR-Verantwortliche in) Unternehmen Der Anteil von Frauen in MINT-Studiengängen wächst seit Jahren kontinuierlich (vgl. Datentool unter www.komm-mach-mint.de). Dennoch sind Frauen in MINT-Berufen – bis hin in Führungspo- sitionen – weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Das heißt zum einen, auf der Ebene der Frauen anzusetzen und sie in ihrer beruflichen Orientierung und Entwicklung zu fördern. Es bedeutet aber auch, auf der Ebene der Institutionen (Aus- bildungs-) Betriebe und Hochschulen zu wirken und einen Be- wusstseinswandel bei Führungskräften, Personalverantwortlichen und in der Öffentlichkeitsarbeit zu initiieren. Zahlreiche Akteurinnen und Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien, Sozialpartnerinnen und Sozialpartnern so- wie Verbänden setzen sich seit langem dafür ein, Initiativen für mehr Frauen in MINT umzusetzen. Zielsetzung ist unter ande- rem, die Anzahl der MINT-Frauen in der Wirtschaft nachhaltig zu erhöhen, um damit die ungleiche Verteilung der Geschlechter in MINT-Berufen abzubauen. Damit wird den Frauen der Eintritt in zukunftsweisende Berufe geebnet und den Unternehmen ein Zugang zu den benötigten Fachkräften eröffnet. Um hier erfolgreich zu sein, besteht auf mehreren Ebenen Hand- lungsbedarf, und zwar gilt es: • mehr Frauen für MINT-Studiengänge und Berufe zu gewinnen, • MINT-Studentinnen und -Auszubildende in ihren Bildungswegen und beim beruflichen Übergang zu stärken und • Frauen in MINT-Berufen auf ihrem Weg in Führung zu begleiten. Schon 2013 – kurz nach der Etablierung des Landesbündnis „Frau- en in MINT-Berufen“ – führte das damalige Ministerium für Fi- nanzen und Wirtschaft gemeinsam mit dem Landesbündnis und dem Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V. drei Kompetenz-Workshops zu den Themenfeldern „Gewin- nung von MINT-Fachkräften: Kommunikation und Instrumente“, „MINT-Fachkräftenachwuchs binden und fördern“ sowie „Füh- rung: Das Potenzial weiblicher Führungskräfte nutzen!“ durch. Dieses Konzept verband die individuelle Stärkung von Frauen für und in MINT mit einer Sensibilisierung und Kompetenzentwick- lung in den Unternehmen und Hochschulen und trug zu einem Bewusstseinswandel der zentralen Zielgruppen bei. 80Kapitel 2. Qualifizierung im Bereich MINT und Gender

Projekt „Wing – Wiedereinstieg von Frauen in MINT-Berufen“ Um Ingenieurinnen den beruflichen, qualifikati- onsgerechten Wiedereinstieg nach einer famili- enbedingten Erwerbsunterbrechung zu erleich- tern und ihnen Zugang zu wachstumsträchtigen Zukunftsbranchen zu verschaffen, hat das da- malige Ministerium für Finanzen und Wirtschaft im Rahmen des Landesbündnises „Frauen in Die Teilnehmerinnen des dualen Weiterbildungsprogramms „Wing“ machten sich in einem zielgruppengerechten Zertifikats- lehrgang, drei ergänzenden Workshops und einer sechsmonatigen Praxisphase fit für den Wiedereinstieg in ihren Beruf. Die Inge- nieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen wurden dabei wieder langsam an ihre Aufgaben herangeführt, zunehmend in ihren Fä- higkeiten gestärkt und befähigt zum Ende der Qualifizierung ein Projekt eigenständig zu leiten. MINT-Berufen“ von November 2011 bis Juni 2014 • das Projekt „Wing“ durchgeführt. Ziel der dualen Qualifizierung war es, dem Drop-out von Inge- nieurinnen aus ihrem studierten Beruf nachhaltig entgegenzuwir- ken und damit bereits kurzfristig zur Sicherung des Fachkräftebe- darfs im MINT-Bereich in Baden-Württemberg beizutragen. Das Projekt „Wing“ richtete sich einerseits an Berufsrückkehre- rinnen mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium im MINT- Bereich und andererseits an MINT-Frauen, die zwischenzeitlich in anderen Tätigkeitsfeldern beschäftigt waren. Personalverantwort- liche sowie Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus gewerblich-technischen Unternehmen in Baden-Württemberg konnten sich als Praxispartner aktiv am Projekt beteiligen. Zu Beginn des Programms, das von der German Aerospace Academy (ASA), weiteren Bündnispartnerinnen und Bündnispartnern sowie Mul- tiplikatorinnen und Multiplikatoren im Auftrag des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft umgesetzt wurde, erhielten die Teilnehmerinnen eine individuelle Kompetenzanalyse, in der ihre Fähigkeiten und berufli- chen Ziele ermittelt wurden. • Ein sich anschließender, bedarfsgerechter fünftägiger Steinbeis-Zertifi- katslehrgang, wahlweise im Qualifizierungsfeld „Projektmanagement für Ingenieurinnen“ oder im Bereich „Produkt- und Prozessmanagement mit PLM“, bereitete die Frauen gezielt auf ihre Berufsrückkehr vor. • Drei zusätzliche Workshops zu den Themenfeldern Präsentationstraining, Selbstmanagement und Bewerbungstraining und ein begleitendes Coa- ching trugen weiter dazu bei, dass die Teilnehmerinnen in ihren Kompeten- zen gestärkt wurden und wieder schrittweise in ihre Rolle als Ingenieurin und Projektmanagerin „hineinwachsen“ konnten. 82Kapitel 2. Wiedereinsteigerinnen

• Eine abschließende, mindestens sechsmonatige Praxisphase ermöglichte ih- nen, das neu Erlernte direkt „on the job“ anzuwenden und befähigte sie zur Übernahme einer eigenverantwortlichen Projektleitung. • Am Ende des Programms erhielten die erfolgreichen Absolventinnen ein Zerti- fikat der Steinbeis-Hochschule Berlin. Insgesamt haben 66 Wiedereinsteigerinnen das Programm „Wing“ erfolgreich durchlaufen. Infoveranstaltung für Unternehmen und interessierte Wiedereinsteigerinnen aus dem Ingenieurbereich im Januar 2012 v . l . n . r .: Jasmin Luft-Broschell, Projektleiterin für das Projekt Wing im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft; Beate Wittkopp, Projektleiterin bei der ASA; Prof . Dr . Monika Auweter-Kurtz, Geschäftsführerin der ASA; Peter Hofelich, damaliger Beauftragter der Landesregierung für Mittelstand und Handwerk beim Ministerium für Finanzen und Wirtschaft; Dr . Birgit Buschmann, Referatsleiterin im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft; Bernd Murschel MdL, von 2006 – 2021 Landtags-Abgeordneter Bündnis90/die Grünen für den Wahlkreis Leonberg-Herrenberg 83

Netzwerken mit der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH Die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) bringt im Rahmen des Landesbündnisses „Frauen in MINT-Berufen“ regionale Unterneh- men mit potenziellen Fachkräften zusammen. Wiedereinsteigerinnen und Doktorandinnen aus dem MINT-Be- reich können sich über die Unternehmen informieren, sich mit Unternehmensvertreterinnen und Unternehmensvertretern austauschen sowie untereinander vernetzen. Zu diesem Zweck wurden konkrete Plattformen für Begegnung und Austausch geschaffen. Ein Ansatz der WRS waren die sogenannten Career Walks und Lunches für Wiedereinsteigerinnen aus dem MINT-Bereich: ge- führte Rundgänge auf Fachmessen zu den Ständen regionaler Un- ternehmen. Das Feedback von beiden Seiten, Fachkräften sowie Unternehmen, war dabei immer sehr positiv. Auf den Messen AMB, Motek und IT&Business sind mittlerweile insgesamt 60 Frauen mit über 20 kleinen und mittleren Unternehmen aus der Region Stuttgart zusammengebracht worden. Die Fachkräfte und die Unternehmen konnten sich direkt austauschen und die Frau- en sich über Einstiegs- und Karrieremöglichkeiten informieren. Dieses WRS-Angebot wurde durch die Kontaktstellen Frau und Beruf bei Wiedereinsteigerinnen bekannt gemacht. Im Rahmen des Wissenschaftsfestivals der Landeshauptstadt Stuttgart und in Kooperation mit der Universität Stuttgart wurden 2019 Personalverantwortliche aus acht regionalen Unternehmen und 60 interessierte MINT-Doktorandinnen einander vorgestellt. In den sehr positiv bewerteten Diskussionsrunden wurden In- formationen und Tipps rund um die Aufbereitung akademischer Kompetenzen für Bewerbungen in der Wirtschaft ausgetauscht. Darauf aufbauende Formate stehen wegen der derzeitigen Pande- mie-Lage vorerst noch aus. 84Kapitel 2. WiedereinsteigerinnenKapitel 2. Wiedereinsteigerinnen

bei NwT, z. B. die Konstruktion eines Baukrans, machen ihr Spaß. NwT gehört daher neben Biologie zu Saras Lieblingsfä- chern. Noch vor kurzem stand für die 15-jährige Schülerin fest: „Ich möchte in meinem Beruf Menschen helfen und das am liebsten als Kinderärztin.“ Doch inzwischen in der 8. Klasse an- gekommen, möchte die Gymnasiastin wieder ihre Kenntnisse in Informatik vertiefen und besucht nun die kostenlosen Kurse der Girls‘ Digital Camps (GDC) für Mädchen von der 6. bis zur 8. Klasse. Sie kann sich jetzt auch vorstellen später einmal Me- dizininformatik zu studieren. richtig erlernen, das bringt bestimmt auch mal etwas für später“, ist sich die Schülerin sicher. Neben der Vertiefung der Kenntnisse in Informatik ist das Ange- bot der GDC auch eine tolle Möglichkeit, um den Umgang mit den sozialen Medien zu lernen. Denn in den Basis-Kursen der Camps sind auch Einführungen in Social-Media Teil des Kursin- haltes. Sara ist zwar schon recht aktiv, besonders auf TikTok, aber dass es bei der Nutzung von Social-Media einiges zu beachten gilt, war ihr vor den Girls‘ Digital Camps nur teilweise klar. Sara hat mittlerweile alle Basis-Kurse der GDC abgeschlossen und wartet nun darauf, dass die Fortgeschrittenen-Kurse in den Sommerferien weitergehen. Ihr bisheriges Fazit ist durchweg positiv. „Obwohl die Kurse mitten in der Pandemie als On- line-Kurse losgingen und wir deswegen keine einzige Unter- richtseinheit in Präsenz hatten, war die Betreuung super. Man hatte immer das Gefühl, man wäre direkt vor Ort.“ Die mehr- wöchigen Kurse zu den Programmiersprachen Scratch und Java werden immer von unterschiedlichen Dozentinnen und Dozen- ten betreut und dauern pro Einheit 90 Minuten. „Im Gegensatz zu den Scratch-Kursen kann man bei dem Java-Kurs direkt in die Programmiersprache schreiben und so das Programmieren Wie gelingt denn nun ein erster Einstieg in die MINT-Themen am besten? „Einfach mal ausprobieren, Kurse wie bei den Girls‘ Digital Camps belegen oder an der Schule nach entsprechenden Projektgruppen oder AGs Ausschau halten“, empfiehlt die Schü- lerin. Die MINT-Fächer seien vielleicht am Anfang etwas schwe- rer zu verstehen, aber es lohnt sich durchzuhalten. Sara hat selbst an ihrer Schule eine Ausbildung zur MINT-Mentorin gemacht, hier hat sie dann mit anderen Schülerinnen und Schülern kleinere MINT-Projekte wie LED-Weihnachtsbäumchen umgesetzt. 89

„MINT ist mein Alltag und meine Zukunft“ Clara Springer besucht ein Technisches Gymnasium und engagiert sich ehrenamtlich in der naturwissenschaftlich-technischen Jugendbildung. Später möchte sie ein MINT-Fach studieren. Wenn Clara Springer auf ihre (noch) recht überschaubare MINT-Laufbahn blickt, erinnert sie sich genau, dass ihre Begeis- terung mit dem MINT-Technikführerschein begann – ein Ange- bot der experimenta, das Clara in den Schulferien der fünften Klasse besuchte. „In dem Kurs hat man vor allem Kompeten- zen wie löten oder das Benutzen von verschiedenen Geräten gelernt und erste kleine Projekte umgesetzt“, erinnert sich die inzwischen 17-jährige Schülerin. Seitdem dreht sich ihr Leben rund um Naturwissenschaft und Technik. Als sie sich dann in der Schule ein Profilfach aussuchen konnte, fiel ihre Wahl den- noch zunächst auf Musik, da sie in ihrer Freizeit gerne musiziert. Relativ schnell wurde ihr jedoch bewusst: „Mein Interesse für Musik hat für vier Unterrichtsstunden in der Woche nicht aus- gereicht. Stattdessen hätte ich mir lieber vertiefendes Wissen in Physik, Biologie und Chemie gewünscht“, berichtet Clara. Aus diesem Grund wechselte sie nach der 9. Klasse des allgemein bildenden Gymnasiums in die Eingangsklasse des dreijährigen Technischen Gymnasiums in Heilbronn und wählte dort das Profil Umwelttechnik. Hier werden Grundlagen aus den Fächern Chemie, Physik und Biologie auf konkrete Anwendungen im Be- reich der Umwelt- und Energietechnik bezogen. Umwelttechnik ist bis heute, zusammen mit Biologie, ihr Lieblingsfach: „Mich begeistern das breite Spektrum an Themen und die Überschnei- dung mit anderen Fachbereichen. Am MINT-Unterricht gefällt mir am besten, dass man nach jeder Unterrichtsstunde etwas Neues gelernt hat.“ Die Schülerin schafft es darüber hinaus, ihre Leidenschaft für MINT auch außerhalb der Schule in ihren Alltag zu integrie- ren. In ihrer Freizeit besucht sie das Girls‘Day College, bei dem man verschiedenste Kurse in allen MINT-Bereich belegen kann. Über das Girls‘Day College lernte sie auch den Landes- verband für naturwissenschaftlich-technische Jugendbildung in Baden-Württemberg (natec) kennen und ist dort seit Anfang 2021 als ehrenamtliches Mitglied im Jugendbeirat tätig. Ihre Motivation für das ehrenamtliche Engagement? „Es ist eine für mich völlig neue Position, die ich einnehme: Wir beraten den natec-Vorstand in Jugendangelegenheiten und sind als Botschaf- ter für das Jugendnetzwerk tätig. Ich finde es spannend, dass ich 90Kapitel 3. Erfolgsgeschichten / Clara Springer

Clara Springer mich aktiv einbringen, meine Ideen verbreiten kann und sehr viele interessante, neue Menschen kennenlerne.“ Es ist keine Frage für Clara, dass sie sich auch im Studium weiter auf den MINT-Bereich konzentrieren möchte. Wohin genau der Weg führt, weiß sie allerdings noch nicht. Ihre Interessen im MINT-Be- reich sind vielfältig, aber sie betont: „Ich könnte mir vorstellen, in den Bereich Biotechnologie oder Richtung Umwelttechnik zu gehen. Meine Ambitionen, in beiden Bereichen mein Wissen zu verknüpfen, sind enorm.“ Auch als potenzielle künftige Studentin will Clara sich weiterhin ehrenamtlich für die MINT-Bildung en- gagieren und hofft dabei, „noch viele andere Menschen für diesen wunderbaren Bereich begeistern zu können“. Schlechte Erfahrungen als Mädchen im MINT-Bereich hat sie bis- her noch nie erlebt, im Gegenteil. Die Schülerin stellt klar: „Wir haben in jedem Fach eine angenehme Atmosphäre, jede und jeder kann das eigene Wissen einbringen, unabhängig vom Geschlecht.“ Deswegen möchte sie allen Mädchen ans Herz legen, MINT-An- gebote zu testen, auch wenn das Interesse noch nicht zu hundert Prozent da ist: „Es gibt doch nur zwei Optionen: Entweder gefällt es dir überraschenderweise doch, oder es passt eben nicht – man gewinnt aber nur, wenn man es zumindest versucht.“ 91

Als Chemielaborantin die Welt ein Stückchen nachhaltiger machen Im Labor ist Anna Jauch in ihrem Element. Sie schätzt ihren spannenden und abwechslungsreichen Beruf, der viel Feingefühl und Verantwortungsbewusstsein erfordert. Ein gewisses Interesse an Naturwissenschaften hatte Anna schon immer. In der 9. Klasse der Realschule absolvierte sie ein fünf- tägiges Praktikum in einem Chemielabor. Zunächst war ihr al- lerdings nicht bewusst, dass man auch ohne zu studieren in die Wissenschaft gehen kann, indem man eine Ausbildung im che- mischen Bereich macht. „Zum Glück bin ich bei einer Schulveranstaltung auf diese Möglichkeit aufmerksam geworden,“ stellt sie fest. Ein Studium hätte Anna mit dem Abschluss der Mittleren Reife noch nicht ma- chen dürfen. Um sich alle Möglichkeiten offen zu halten, absolviert sie jedoch neben ihrer dreieinhalbjährigen Berufsaus- bildung Kurse für die Fachhochschulreife. So könnte sie im Anschluss an ihre Ausbildung studieren oder sich zur Chemietechnikerin weiterqualifizieren. Wel- chen Weg sie gehen wird, weiß Anna noch nicht: „Ich glaube es ist okay, einen Schritt nach dem anderen zu gehen und Entscheidungen erst dann zu treffen, wenn sie fällig werden.“ Anna Jauch 92Kapitel 3. Erfolgsgeschichten / Anna Jauch

Weißer Kittel, Schutzbrille, bunte Substanzen und eine Pipette in der Hand – wenn man über den Beruf der Chemielaborantin nachdenkt, sind das wahrscheinlich die ersten Assoziationen, die einem direkt in den Kopf schießen. Doch die 19-jährige Anna Jauch aus Bisingen weiß: Eine Chemielaborantin ist viel mehr als das. Im Laufe ihrer Ausbildung konnte sie schon verschiedenste Einblicke sammeln. Die ständig wechselnden Herausforderun- gen und Aufgaben sorgen dafür, dass es im Labor nie langweilig wird. Während Anna an manchen Tagen schon genau weiß, was im Labor ansteht, erwarten sie an anderen Tagen teilweise große Überraschungen. Was sie allerdings immer braucht, ist eine gute Planung. Anna erzählt: „Häufig dauern Analysen oder Verfahren eine längere Zeit, doch laufen sie selbstständig ab, sodass man sich parallel um anderes kümmern kann.“ Schutzausrüstung, Spaß an der Arbeit und Toleranz für neue Ide- en: Das darf Annas Meinung nach im Labor nicht fehlen. „Nicht zu vergessen: Isopropanol! Mit dieser chemischen Substanz – ei- nem Reinigungsalkohol – wird einfach alles sauber! Wie in der Fernsehwerbung wischt man damit einfach wasserunlösliche Stifte oder schwerlösliche Substanzen einfach weg“, erzählt Anna lachend. Dass auch mal ein Experiment daneben geht, schreckt Anna nicht: „So läuft es eben in der Praxis!“ Neulich zum Beispiel bei der Herstellung eines Präparats, welches eine kristalline weiße Ausbeute ergeben sollte. Von der tatsächlichen Konsistenz des Ergebnisses wurden Anna und ihre Kollegen sehr überrascht: „Als wir den Trockenschrank am nächsten Tag öffneten, hatte je- der von uns plötzlich ein harzähnliches Produkt in der Hand – da waren wir ganz schön verwirrt. Manchmal funktionieren Dinge aus unerfindlichen Gründen nicht. Solche Erfahrungen gehören aber als Laborantin dazu – das macht meinen Beruf so spannend!“ Dadurch, dass der Beruf so stark an das Labor gebunden ist, fin- det eine klare räumliche Trennung zwischen Arbeit und Freizeit statt. Dennoch lässt sie ihr chemisches Wissen nie ganz los: „Mein allgemeines Verständnis für Naturwissenschaften und insbeson- dere für Chemie hilft mir oft im Alltag: Egal ob Corona-Impfstoff, die Wirkung von Alkohol oder die Inhaltsstoffe von Kosmetik- produkten – wenn es um solche Themen geht, bin ich die erste Ansprechpartnerin bei meinen Freunden. Meine Freunde nutzen mich sozusagen als Chemie-Wikipedia“, erzählt Anna. Sie fühlt sich in ihrem Berufsfeld ausgesprochen wohl: „Ich muss zugeben, dass ich mir nicht mehr vorstellen kann, in einer ande- ren Branche als der Chemie zu arbeiten.“ Am meisten Freude bereitet ihr bei ihrer Berufsausbildung das Wissen, dass sie ei- ner sinnvollen Tätigkeit nachgeht: „Viele Menschen sitzen dem Trugschluss auf, dass Chemie immer schlecht für die Natur ist – das stimmt aber überhaupt nicht! Meine Arbeit hilft dabei, den Umgang mit Ressourcen zu verbessern und Produkte wie Wasch- mittel oder Textildrucke nachhaltiger und umweltfreundlicher zu machen.“ Der Schlüssel zum Erfolg als Chemielaborantin liegt Annas Meinung nach darin, immer interessiert und fleißig zu sein. 93

Faszination für Technik: Privat, im Studium und im Ehrenamt baute etwas Druck auf. Es hat mich aber andererseits auch ange- spornt, meine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.“ Julia Mann hatte etwas gefunden, das ihr richtig Spaß machte und dazu auch gut lag. Mit viel Leidenschaft und Ehrgeiz verfolgte die Schülerin den Unterricht. Von Beginn an haben ihre Eltern sie gefördert. In kürzester Zeit waren Vorurteile und Vorbehalte ihres Umfelds Geschichte. Nach der Realschule wechselte Julia Mann auf ein Technisches Gymnasium und machte dort 2018 ihr Abitur. Natürlich setzte sie auch in ihrem Studium auf Technik und ent- schied sich für den Studiengang Medientechnik/Wirtschaft plus Pä- dagogik an der Hochschule Offenburg. Er enthält neben Elementen, die auf Ingenieurstätigkeiten vorbereiten, auch wirtschaftliche und pädagogische Anteile. „Das Studium ist unglaublich vielfältig und macht mir sehr viel Spaß“, berichtet Julia. „In meinem Studiengang liegt der Anteil weiblicher Studierender bei 70 Prozent“, ergänzt sie. Julia Mann lebt ihre Leidenschaft für Naturwissenschaft und Technik nicht nur in ih- rem Privatleben und Studium aus, sondern will auch andere dafür begeistern. Ob beim Aufbau eines Regals, beim Handwerken mit Holz oder bei der Reparatur einer elektrischen Zahnbürste – während ande- re Mädchen gerne mit Puppen spielten, hat Julia Mann immer lie- ber gebastelt. „Mit einem Akkuschrauber oder einem Lötkolben in der Hand habe ich mich immer wohlgefühlt!“, so die 23-jährige Heilbronnerin. Am Ende der 6. Klasse stand sie in der Realschule vor einer fachlichen Entscheidung: Technik, Französisch oder All- tagskultur, Ernährung und Soziales. Julia Mann hörte auf ihr Herz und entschied sich damals für Technik. Eine Wahl, die sich im Nachhinein als wegweisend herausstellte: „Im Nachhinein sehe ich diese Entscheidung als Startpunkt für meine technische Kar- riere an.“ Als einziges Mädchen im Technikunterricht hatte die Schülerin anfangs das Gefühl, dass es ein paar Vorbehalte gab. Zugleich wollte sie anderen zeigen, dass Mädchen und Frauen sehr wohl auch von Technik etwas verstehen: „Als einziges Mädchen im Technikunterricht und dann noch ‚blond‘ – ich stach heraus. Das 94Kapitel 3. Erfolgsgeschichten / Julia Mann

Julia Mann bei der Anmoderation für den ‚Preis der Herzen‘ während der Feierstunde bei Jugend forscht in der experimenta im März 2021 Julia Mann   Ihr gewohnter Studienalltag war zunächst von vielen Begegnungen mit Kommilitonen und Lerngruppen, der Arbeit in Bibliothek und Labo- ren sowie gemeinsamen Pausen in der Mensa geprägt. „Nur leider sind aufgrund der Corona-Pandemie mein Vorlesungssaal, die Cafeteria, die Mensa und die Bibliothek in meiner Wohnung“, bedauert sie. Nach ihrem für 2022 geplanten Bachelor-Abschluss will Julia ein Masterstu- dium beginnen und später möglicherweise noch promovieren. Ihre Faszination für Technik will Julia Mann auch an andere weiterge- ben und engagiert sich deshalb schon seit ihrer Schulzeit ehrenamtlich im Landesverband für naturwissenschaftlich-technische Jugendbil- dung (natec). Parallel zur Schule absolvierte sie 2013 eine Ausbildung als Technikmentorin im Rahmen der „Mobilen Jugend-Technik-Aka- demie“ und merkte sogleich: „Das ist genau mein Ding!“ Als Mento- rin organisierte Julia beispielsweise Laborkurse und Workshops und akquirierte dafür Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Gleichzeitig trat sie als natec-Botschafterin bundesweit auf. Für ihr vielfältiges Engage- ment wurde Julia Mann ausgezeichnet und offizielles Mitglied des na- tec-Landesverbandes. Sie gehörte 2020 zu den Gründungsmitgliedern des natec-Jugendbeirats und ist bis heute dessen Sprecherin. Julia will ihre Leidenschaft für Technik anderen jungen Menschen vermitteln: „Mein Ziel ist es, andere für MINT zu begeistern, genauso wie es damals auch mir ergangen ist!“ 95

„Mein Beruf ist für mich Begeisterung, Leidenschaft und Freude“ Linda Biermann hat ihren wahren Traumberuf gefunden und schafft mit Feingefühl Neues. Sie ist Feinwerkmechanikerin am Max-Planck-Insti- tut für Astronomie. In ihrer Kindheit und Jugend hat sich Linda mit allem rund um das Thema Design und Kunst beschäftigt – ob Malen, Zeichnen, Designen oder Gestalten. Deswegen lag es nahe, dass sie nach ihrem Realschulabschluss wie ihre Mutter einen Beruf in der De- sign-Branche wählen würde. Im Rückblick fällt ihr auf: „Es war so offensichtlich, dass ein künstlerischer Beruf perfekt zu mir passen würde. Aus dem Grund gab ich mich mit dem naheliegenden be- ruflichen Weg zur Grafik-Designerin schnell zufrieden ohne viel darüber nachgedacht zu haben und probierte keine andere Op- tion aus.“ Während ihrer schulischen Ausbildung zur Grafik- Designerin erwarb Linda zusätzlich die Fachhochschulreife. In dieser Zeit kamen ihr erste Zweifel, ob sie in der Kreativbranche wirklich richtig ist. „Ich merkte schnell, dass das nicht das ist, was ich mein Leben lang machen möchte. Als ich die Ausbildung dann abgeschlossen hatte und nach wie vor unzufrieden war, ent- schied ich mich für einen Neustart“, erzählt Linda. Ihr damaliger Freund brachte sie in der Orientierungsphase auf die Idee, ein Praktikum in seinem Beruf als Feinwerkmechaniker zu machen. Bei ihrem ersten Besuch in seiner Werkstatt war Linda noch davon überzeugt, dass dieser Beruf nichts für sie wäre. Doch als sie schließlich ihr einwöchiges Praktikum als Feinwerkmecha- nikerin begann, merkte Linda sofort, dass sie nichts anderes mehr machen wollte. Linda bewarb sich um einen Ausbildungsplatz am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, da dieser Arbeitgeber extra betonte, nach Bewerberinnen zu suchen. „Das gab mir sofort das Gefühl, willkommen zu sein!“, lobt Linda. In ihrer dreieinhalbjährigen Ausbildung ab September 2017 wechselten sich Theorie- und Praxisphasen ab. In der Feinwerk- statt des Instituts beteiligte sich Linda zum Beispiel an der Ent- wicklung und dem Bau von Messinstrumenten und Teleskopen. Durch ihre frühere Berufserfahrung als Grafikdesignerin kann Linda wertschätzen, nunmehr in einem Beruf zu arbeiten, der ihr besondere Freude bereitet und zu ihr passt. „Was mir sehr an dem Beruf gefällt, ist, dass man von Grund auf neue Din- ge erschaffen und seine Ideen eigenständig umsetzen kann“, merkt sie an. Die Arbeit fand immer in enger Zusammenarbeit mit Forschern statt, da die modernen, astronomischen Beobach- tungsinstrumente bei sehr wichtigen Institutionen wie etwa der 96Kapitel 3. Erfolgsgeschichten / Linda Biermann

Linda Biermann Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zum Einsatz kom- men. Linda und die anderen Auszubildenden durften mit hoch- wertigen CNC-Maschinen oder konventionellen Dreh- und Fräsmaschinen sogar eigene Projekte verwirklichen, die vorher in einem Programm von ihnen selbst entworfen wurden. Unter anderem entwickelte Linda ein eigenes Schachspiel und stellte einen Motor nach vorgefertigter Zeichnung her. Im Max-Planck-Institut für Astronomie ist es selbstverständlich, dass Männer und Frauen auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Lin- da betont: „In meiner anfangs aus zwei Frauen und fünf Männern bestehenden Azubi-Gruppe wie auch im gesamten Institut wird die Gleichberechtigung gelebt. Im letzten Ausbildungsjahr waren wir drei Frauen und drei Männer in der Gruppe. Männer und Frauen haben manchmal beim Umgang mit Problemen eine ande- re Herangehensweise, das handwerkliche Geschick ist aber nicht davon abhängig.“ Im Februar 2021 schloss Linda ihre Ausbildung als Feinwerkme- chanikerin mit einem Notenschnitt von 1,2 ab und bekam für ihre hervorragenden Leistungen eine Auszeichnung. Ihr nächstes Ziel ist der Besuch der Meisterschule ab Juli 2021, um anschließend als Meisterin noch mehr Möglichkeiten zum beruflichen Aufstieg zu haben. Linda möchte mit ihrer Begeisterung für ihren Traumberuf gerne auch Altersgenossinnen motivieren: „Ich hoffe, dass ich mit meinem Werdegang anderen jungen Frauen als Vorbild dienen kann. Wagt es, neue Wege zu gehen und tut etwas für euren Er- folg, es wird kein anderer für euch übernehmen.“ 97

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Informatik für alle! Es lohnt sich! Annika Vielsack ist die erste Absolventin des Lehramtsstudiums Informatik am KIT und will mit dem Lehr-Lern-Labor junge Menschen für Informatik begeistern. auch Physik und Chemie mochte sie sehr gerne. Informatik hatte sie dagegen nie als berufliche Möglichkeit im Blick, bis sie in der Oberstufe erstmals mit „echter“ Informatik in Berührung kam. Im Informatikunterricht lernte sie die Grundlagen der Programmie- rung und des Computational Thinking kennen. Annika Vielsack hatte schon in der ersten Klasse den Wunsch, irgendwann Lehrerin zu werden. Im Laufe der Jahre stellte die Doktorandin fest, dass ihr die MINT-Fächer mehr Freude berei- ten als andere. Mathematik war schon immer ihr Lieblingsfach, Schoko-mat des Lehr-Lern-Labors Karlsruhe Nach dem Abitur und einem Auslandsjahr entschied sich Anni- ka Vielsack dafür, am KIT Mathematik und Physik für das gym- nasiale Lehramt zu studieren. Damals hatte sie Informatik nicht als echte Option wahrgenommen, da es zu dieser Zeit noch nicht die Möglichkeit gab, am KIT Informatik für das gymnasiale Lehr- amt zu studieren. Im Studium stellte Annika Vielsack jedoch fest, dass sie ein gewisses Talent für Informatik hat. Wenn es in ihren Studienfächern um Programmierprobleme oder algorithmische Fragestellungen ging, fiel ihr das immer leichter als ihren Kom- militonen. Als sie das Erste Staatsexamen bestanden hatte, starte- te am KIT der neue Studiengang Informatik als Erweiterungsfach für das Lehramt. Annika Vielsack nutzte die Chance, doch noch die Welt der Informatik zu betreten und war 2020 die erste Ab- solventin am KIT mit einem Master of Education in Informatik. Während des Informatikstudiums kam sie mit dem Lehr-Lern- Labor Informatik in Kontakt. Das Lehr-Lern-Labor Karlsruhe macht seit 2019 an seinen beiden Standorten an der PH Karls- 98Kapitel 3. Erfolgsgeschichten / Annika Vielsack

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Annika Vielsack ruhe und am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Informa- tik für Schülerinnen und Schüler erfahrbar. Von dem Angebot profitieren neben den Schülerinnen und Schüler auch Lehramts- studierende, indem sie wichtige Erfahrungen und fachdidaktische Kenntnisse für den Informatikunterricht sammeln. Annika Vielsack hatte zuvor schon im Schülerlabor Mathematik mitgearbeitet und war von dem Konzept „Schülerlabor“ sehr an- getan. Seit 2019 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Koordination des neu entstandenen Lehr-Lern-Labors Informatik Karlsruhe am KIT zuständig. Parallel dazu promoviert Annika Vielsack am KIT im Fach Informatik und forscht auf dem Gebiet der Projektarbeit im Informatikunterricht. Annika Vielsack möchte junge Menschen für Informatik begeis- tern – unabhängig davon, ob als Lehrerin oder im Rahmen des Lehr-Lern-Labors sowie unabhängig von Alter, Vorwissen oder Geschlecht. Das komme letztlich auch der IT-Branche zugute und trage längerfristig hoffentlich auch zu einer höheren Frauenquote in der Informatik bei. Annika Vielsack appelliert an alle Mädchen und junge Frauen, sich nicht von hohen Männerquoten in der In- formatik abschrecken zu lassen. Ihre Botschaft lautet: Traut euch! Es lohnt sich! 99

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„Der erste Computer meines Vaters löste meine Faszination für Technik aus“ Yvonne Spitznagel gelangte auf Umwegen zum Ziel. Als Software-Entwicklerin kann sie sich heute keinen anderen Job mehr vorstellen. Bereits als junges Mädchen entwickelte Yvonne großes Inte- resse an allem, was mit Computern und Technik zu tun hatte: „Spätestens als mein Vater den ersten Computer mit nach Hau- se gebracht hat, war ich von dem Thema absolut begeistert.“ Als sie sich Gedanken über ihre Berufswahl machte, stellte sie fest, dass es in ihrem Heimatort kaum Ausbildungsangebote in der Informationstechnologie-Branche (IT) gab. Wegziehen war für die Schülerin damals keine Option, also entschied sich die leidenschaftliche Gamerin zunächst für eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Nach ihrem erfolgreichen Abschluss blieb Yvonne im Unternehmen und bekam die Möglichkeit, in die IT-Abteilung zu wechseln – sofort war das alte Feuer neu ent- facht. Ihre Begeisterung für die Informationstechnologie fiel bald auch ihren Kolleginnen und Kollegen auf, die sie daher zu einer weiteren Ausbildung in einem IT-Beruf motivierten. Yvonne erinnert sich: „Die positive Bestärkung durch meine Kollegen ermutigte mich dazu, meinem ursprünglichen Traum zu folgen, auch wenn das in der Karriereleiter zunächst einen Schritt zurück bedeutete.“ Davon ließ sie sich allerdings nicht abschrecken. Zugleich war ihr von Anfang an bewusst, dass sie in eine Branche mit einem hohen Männeranteil wechselt. In ihrer Berufsschulklasse für angehende Fachinformatiker/innen, Fach- richtung Anwendungsentwicklung, war sie eine von nur zwei Frauen. Über ihre Entscheidung zu einer beruflichen Verände- rung ist Yvonne bis heute sehr glücklich. Inzwischen arbeitet sie seit mehreren Jahren in ihrem Job und zieht ein positives Fazit: „Ich wurde immer sehr gut aufgenommen und männliche Kolle- gen begegneten mir immer auf Augenhöhe.“ Yvonne ist voll und ganz in ihrem „neuen zweiten“ Job ange- kommen. Wenngleich sie ihre Aufgaben routiniert erfüllt, ist keine Spur von Langeweile zu entdecken: Die kreative Pla- nung neuer Softwareprojekte, die enge Zusammenarbeit und Koordination der Aufgaben innerhalb des Entwicklungsteams und die Abstimmungen mit den Kunden machen ihren Alltag abwechslungsreich und spannend. Obwohl die 35-Jährige zu einer IT-Expertin geworden ist, verliert sie nicht die Bodenhaf- tung: „Für mich ist keine Branche so schnelllebig und faszinie- rend wie die IT. Das ist ein ewiger Lernprozess“ – und genau das liebt sie an ihrem Beruf. Entsprechend diesem Motto küm- mert sich Yvonne zusätzlich zu den Entwicklungsprojekten um die Weiterbildungsmaßnahmen für Kolleginnen und Kollegen 100Kapitel 3. Erfolgsgeschichten / Yvonne Spitznagel

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innerhalb ihres Unternehmens, indem sie Seminare organisiert und den Weiterbildungsetat verwaltet. In ihrer Freizeit findet sie im Reitsport einen wichtigen Ausgleich zu ihrem Berufsleben. „Die Pferde helfen mir dabei, mich vom Alltag abzulenken und auf neue Ideen oder Lösungen rund um die alltäglichen Herausforderungen in der Softwareentwicklung zu kommen“, erzählt Yvonne. Jungen Frauen und Mädchen, die sich für eine Ausbildung oder ein Studium in der IT interessieren, empfiehlt sie vor allem, sich nicht von Vorurteilen oder Klischees abschrecken zu lassen – sie ist der Ansicht, dass man mit der richtigen Einstellung alles lernen kann: „Die anderen haben schließlich auch mal klein angefangen.“ Yvonne Spitznagel 101

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Faszination für filigrane Technikarbeiten Ulrike Scheller ist Uhrmacher- und Goldschmie- demeisterin. Ihre doppelte Funktion als Grup- penleiterin in der Werkefertigung und Ausbilde- rin sorgt für Abwechslung. Vor Ende ihrer Schulzeit stellte sich Ulrike die wichtige Frage „Was nun – Ausbildung oder Studium?“. Schließlich war ihre Affinität für das Handwerk und technisches Arbeiten ausschlag- gebend. „Etwas entstehen zu lassen mit den eigenen Händen, Technik auf kleinstem Raum, die viel Konzentration und Ge- duld fordert, das hat mich fasziniert“, erzählt die heute 37-Jäh- rige. Deshalb entschied sie sich gegen ein zunächst angedachtes Mathematikstudium und für die Ausbildung zur Uhrmacherin an der Feintechnikschule Schwenningen. Dieser Beruf bietet eine hervorragende handwerkliche Grundausbildung und damit auch die Grundlage für viele andere technische Berufe. „Vom gestalte- rischen Aspekt über die Mechanik, die Präzision, Anfertigungs- techniken, Elektrotechnik, Mathematik und die Verbindung aus Ulrike Scheller 102Kapitel 3. Erfolgsgeschichten / Ulrike Scheller

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traditionellem Handwerk und modernen Entwicklungen gibt es so vieles, was mich an diesem Beruf fasziniert“, erklärt Ulrike be- geistert. Nach drei Jahren Praxis und Berufsfachschule hatte sie den Gesellenabschluss in der Hand. Obwohl Ulrike damit schon für einen Beruf qualifiziert war, entschied sie sich für eine zweite Ausbildung – dieses Mal zur Goldschmiedin. In einer kleinen Goldschmiede in Offenburg konnte sie die Lehrzeit wegen ihrer fachlichen Vorerfahrung so- gar verkürzen. „Nach der Lehre wollte ich dann erst mal für eine Weile praktisch arbeiten. Es war mir wichtig, nach der schulischen Ausbildung in der freien Wirtschaft zu lernen und zu arbeiten“, erklärt die Goldschmiedin und Uhrmacherin. Ihre Entscheidung für die klassische duale Ausbildung bereut sie keineswegs, denn für ihren Werdegang war es genau das Richtige. Neben der Arbeit als Goldschmiedin absolvierte Ulrike zunächst Meistervorberei- tungskurse an der Gewerbeakademie und besuchte danach ein Jahr lang die Meisterschule für Goldschmiede in München. der Firma Junghans als Gruppenleiterin der Werkefertigung und zusätzlich als Ausbilderin. Über diese Kombination ist sie sehr glücklich: „Oft sitze ich am Werktisch und weiß, dass es mich erfüllt, genau dort zu sitzen.“ Die Vielfalt des Berufs spiegelt sich auch in ihrem abwechslungsreichen Alltag wider. In der Werke- fertigung arbeitet sie selbst produktiv, leitet Mitarbeiter an, ana- lysiert, wenn Probleme auftreten und ist teilweise organisatorisch tätig. Als Ausbilderin vermittelt sie mit großem Engagement ihre Fachkompetenzen an ihre jungen Kolleginnen und Kollegen. Da es sich bei Ulrikes beiden Berufen um sehr praktische Tätig- keiten handelt, rät sie jungen Menschen, die sich dafür interessie- ren, sich zum Beispiel durch Praktika ein eigenes Bild zu machen und erst mal „reinzuschnuppern“. „Außerdem“, so die 37-Jährige, „sollte man sich nicht entmutigen lassen, durch Vorurteile oder oberflächliche Meinungen. Einen Beruf sollte man wählen, weil man es möchte und nicht, um einem Bild zu genügen oder etwas zu beweisen. Man sollte sich treu bleiben.“ Mit dem Goldschmiede-Meistertitel im Gepäck und zwei Jah- ren Berufspraxis zog sie zurück in den Schwarzwald und fing bei der Uhrenfabrik Junghans an. Nebenberuflich legte sie hier ihre Meisterprüfung als Uhrmacherin ab. Seit 2016 arbeitet Ulrike bei 103

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„Die Textilindustrie ist ein Hidden Champion“ Martina Gerbig ist als Textilingenieurin in Indus- trie, Forschung und Lehre tätig. Ehrenamtlich leitet sie seit vielen Jahren die Regionalgruppe Stuttgart des deutschen ingenieurinnenbunds e.V. und setzt sich hier für Frauen in technischen Berufen ein. Textil ist ein technisches Thema und ein echtes MINT-Fach. Seit ihrer Schulzeit ist Martina Gerbig fasziniert von der textilen Viel- falt: „Für mich gehört die Textilbranche zweifellos zu den Hidden Champions, gerade hier in Baden-Württemberg, weil Textilien in so überaus vielen Bereichen zum Einsatz kommen und gleich- zeitig – leider oft – so unsichtbar sind.“ Daher schrieb sie sich nach ihrem Abitur für den damaligen Diplom-Studiengang Tex- tiltechnik an der Hochschule Kaiserslautern ein. Innerhalb von vier Jahren erwarb Martina Gerbig als Studentin umfassende in- genieur- und naturwissenschaftliche Grundlagen sowie fundierte Fachkenntnisse im Textilbereich. Dies wurde durch eine starke praxisorientierte Ausbildung – verschiedene Praktika bei Unter- nehmen – ergänzt, denn eine Diplomingenieurin der Textiltech- nik kann in vielen Bereichen arbeiten, überall dort, wo Textilien entwickelt, hergestellt und angewendet werden. Neben den klas- sischen Bekleidungstextilien sind z.B. auch der Mobilitätssektor, die Medizintechnik und die Bereiche der PSA (Persönliche Schutz- ausrüstung: Arbeitsschutz, Feuerwehr, Polizei, medizinisches Per- sonal, Straßenbau…) von großer Bedeutung. Martina Gerbigs beruflicher Einstieg nach dem Studium fand im Textilmaschinenbau in Württemberg statt. Dort hat sie ihre Kompetenzen in der Technologie und Entwicklung deutlich erweitert und erlangte wenig später als Gruppenleiterin einen größeren Verantwortungsbereich. Tradierte Rollenbilder sowie die Tatsache, dass damals nur vereinzelt Frauen in technischen Berufen zu finden waren, veranlasste Martina Gerbig nach Unter- stützung zu suchen. Bald nach ihrem Berufseinstieg begann sie sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich für die Regionalgruppe Stuttgart des deutschen in- genieurinnenbundes (dib) e.V. zu engagieren. Das bundesweit aktive Netzwerk besteht aus 22 Regionalgruppen und setzt sich für Frauen in technischen Berufen ein. Bis heute ist die Tex- tilingenieurin im dib aktiv. Sie ist langjährige Leiterin der Re- gionalgruppe Stuttgart und organisiert mit den Frauen des dib Veranstaltungen sowie Stammtische für die Studentinnen, Ab- solventinnen von Ingenieurstudiengängen sowie interessierte 104Kapitel 3. Erfolgsgeschichten / Martina Gerbig

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Frauen. Ein wichtiges Ziel des dib ist die Motivierung von Mäd- chen und jungen Frauen, einen MINT Beruf zu ergreifen, und diese dann während des Studiums und des Berufseinstiegs zu unterstützen. Dib-Mitglieder stellen sich z. B. in Schulen und auf Veranstaltungen als Role Model zur Verfügung und lösen damit immer wieder Aha-Erlebnisse aus. Nach ihrer Tätigkeit als Gruppenleiterin arbeitete die Textilin- genieurin in verschiedenen Textil- und Forschungsinstituten in Deutschland und der Schweiz. Dabei wirkte Martina Gerbig bei der Entwicklung eines Expertensystems für textile Schadensfäl- le mit und baute ein Qualitätsmanagementsystem eines Textil- prüflabors auf. In der Familienphase arbeitete sie an einem Um- weltmanagementsystem für die Textilindustrie mit und startete als Lehrbeauftragte an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Seit mehr als 20 Jahren bringt sie dort ihr umfangreiches Praxiswissen ein und beschäftigt sich mit einem umfangreichen Themenspek- trum – von Fasern und Garne, textile Flächen, Textilprüflabor über Physik hin zu Smart Textiles. Im Projekt „Willkommen in der Wissenschaft“ unterstützte sie die Studierenden der Textil- technologie zu Beginn ihres Studiums durch die Einführung in projektorientiertes und forschendes Arbeiten. Dipl . Ing . (FH) Textiltechnik Martina Gerbig Hochschule Reutlingen. Aktuell arbeitet sie im Projekt „DiTex – Digitale Technologien als Enabler einer ressourceneffizienten kreislauffähigen B2B-Wirtschaft“. Eine weitere Station von Martina Gerbig war ihre Arbeit als Pro- duktmanagerin für RFID Textiletiketten in einem Industrieun- ternehmen. Später wechselte sie zunächst als Lehrbeauftragte für Materialwissenschaften und Oberflächen, danach als wissen- schaftliche Mitarbeiterin an die Fakultät Textil & Design der Potenziellen Interessentinnen am Beruf der Textilingenieurin empfiehlt Martina Gerbig: „Die Textil- und Bekleidungstechnik bietet höchst interessante Berufsbilder mit vielfältigen, spannen- den Aufgaben – packe es an!“ 105

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Mission: Frauen an die Schalthebel des digitalen Wandels! Die IT-Spezialistin und SAP-Aufsichtsrätin Christine Regitz ist sich sicher: Ohne Frauen sind der technologische Wandel und die Zukunftssicherung des Innovationsstand- orts Deutschland nicht zu stemmen. Christine Regitz interessierte sich bereits während ihrer Schulzeit sehr für Naturwissenschaften und Mathematik, aber ebenso für Politik und Sprachen. Nach ihrem Abitur studierte sie Betriebswirtschaftslehre und Physik an der Universität des Saarlandes und der Università degli studi di Bari Aldo Moro (Italien). Seit 1994 ist sie bei der SAP SE in wechselnden Funktionen und Bereichen in der Soft- wareentwicklung und im IT-Management tätig. Christine Regitz ist Vice President sowie Mitglied des Aufsichtsrates. Seit Januar 2020 verantwortet sie außerdem als Head of „Women in Tech@SAP“ eine firmeninterne Initiative zur stärkeren Vernetzung und Sichtbarkeit von Expertinnen Christine Regitz 106Kapitel 3. Erfolgsgeschichten / Christine Regitz

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aller Bereiche des Unternehmens und deren fachlichen Experti- se. Dadurch möchte das Unternehmen unter anderem verdeutli- chen, wie unterschiedlich die Lebensläufe und die Expertise der Mitarbeiterinnen sind. Neben ihrer Tätigkeit bei der SAP SE engagiert sich Christine Regitz seit Jahren ehrenamtlich in verschiedenen Gremien. Die MINT-Spitzenfrau gehört zu den Initiatorinnen von #SheTrans- formsIT, einer Initiative von Wirtschaft und Politik. „SheTrans- formsIT sucht als breites Bündnis konkret anwendbare und Sek- tor-übergreifende Lösungen, um Frauen in Bildung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft als Digitalgestalterinnen ein- zubinden.“ Neben der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen am digitalen Wandel zielt die Initiative auch auf die nachhaltige Zukunftssicherung von Innovationen und Erfolg des IT-Standorts Deutschland. Nach Einschätzung von Christine Regitz werden hierfür viel mehr sichtbare Vorbilder gebraucht, die nah an der Lebensrealität der jungen Menschen sind. Sie plädiert dafür viel mehr zu tun, um zu zeigen, dass die sogenannte Digitalwirtschaft ein attraktiver und zukunftssicherer Arbeitsort ist. Damit Frauen aktiv(er) am digitalen Wandel beteiligt werden, ist es wichtig, schon früh anzusetzen, in der Schule und der Berufsorien- tierung bei den Mädchen und jungen Frauen. „Denn wir brauchen sie in ausreichender Zahl und müssen sie für Technologie im brei- testen Sinne begeistern. Und Technologie ist nicht nur Ingenieurs- ausbildung, sondern viel mehr und das müssen wir viel deutlicher herausstellen.“ Christine Regitz vermutet, dass Frauen nach wie vor falsche Vorstellungen von den beruflichen Perspektiven nach einem Informatik- oder einem anderen MINT-Studium haben. Die Führungsfrau resümiert: „Es scheint mir, als haben wir es bisher nicht geschafft, die Vielfältigkeit der Berufsbilder in der so genann- ten IT-Branche transparent zu machen und darzustellen, idealer- weise mit klaren und an der Lebensrealität orientierten Vorbildern.“ Neben der Digitalisierung erfordert auch die Bewältigung an- derer globaler Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel zwingend den Einsatz von Technik bzw. Informatik im weitesten Sinne. Christine Regitz spricht sich deshalb dafür aus, Mädchen früh für technische Themen zu begeistern und ihnen spannende Angebote zu machen. Dabei gelte es, die Anwendung und den Nutzen der Technik stärker herauszustellen: „Es gibt Angebote wie Medizin-Informatik und Umwelt-Informatik, die klar die Zweckdienlichkeit der Informatik in den Vordergrund stellen.“ 107

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Induktive Energieversorgung für E-Autos und Herzpumpen Professor Dr.-Ing. Nejila Parspour ist eine MINT-Heldin auf dem Gebiet der Elektrotechnik und forscht unter anderem an induktiver Energieübertragung in den Bereichen Automobilität und Medizintechnik. Nejila Parspour wurde im Iran geboren. Schon in ihrer Kindheit war sie von der Wissenschaft fasziniert, die bestimmte technische Errungenschaften wie etwa die Mondlandung ermöglichte. „Hin- zu kam meine große Leidenschaft für Mathematik und Physik. In der Elektrotechnik und der Forschung fand ich dann schließlich alles zusammen“, so Nejila Parspour. folgte für die Elektrotechnikerin eine mehrjährige Tätigkeit als Senior Manager bei der YXLON X-Ray GmbH in Hamburg. Ausgestattet mit einem breiten Praxiswissen, kehrte Nejila Par- spour schließlich 2001 endgültig in die Wissenschaft zurück. Am Institut für Elektrische Antriebe, Leistungselektronik und Bauelemente der Universität Bremen wirkte sie sechs Jahre lang als Senior Researcher. In dieser Zeit vermittelte die Elektro- technikerin ihr Wissen in zahlreichen Lehrveranstaltungen an Studierende und publizierte ihre Forschungsergebnisse in ange- sehenen Fachzeitschriften. Unter anderem für ihre Forschungs- beiträge zu berührungslosen Ladeeinrichtungen für Elektrofahr- zeuge erhielt sie Preise. Nach ihrem Abitur kam sie als Studentin nach Deutschland und studierte Elektrotechnik an der Technischen Universität Berlin (TUB) und beendete 1991 ihr Studium als Diplom-Ingenieurin. Anschließend war sie fünf Jahre lang als wissenschaftliche Mit- arbeiterin am Institut für Elektrische Maschinen an der TUB tä- tig und promovierte parallel dazu zur Doktor-Ingenieurin (Dr.- Ing.) mit einer Arbeit zu einem medizintechnischen Thema. Auf einen Studienaufenthalt an der Fakultät für Elektrotechnik und Computerwissenschaften an der Universität Berkeley/USA Seit Oktober 2007 ist Nejila Parspour Professorin für Elek- trische Energiewandlung an der Fakultät für Elektrotechnik, Informationstechnik und Informatik der Universität Stuttgart und seit Juni 2011 leitet sie dort das neu gegründete Institut für Elektrische Energiewandlung (iew). Unter ihrer Führung forschen etwa 20 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter anderem an modernen kabellosen Lade- techniken, die vor allem in der Autoindustrie und Gesund- heitsbranche gefragt sind. Mit den Forschungen zu induktiven 108Kapitel 3. Erfolgsgeschichten / Prof. Nejila Parspour

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Energieübertragungssystemen (CET-Systeme) ist eine Vision verknüpft: Langes Warten an der Ladesäule wird überflüssig, weil E-Autos beim Parken und Fahren kabellos aufgeladen wer- den. Ein weiteres Anwendungsgebiet für induktive Energiever- sorgung, das Professorin Parspour sehr „am Herzen liegt“, ist die Medizintechnik. Ziel ist hier eine kabellose Energieversorgung für implantierbare Herzunterstützungssysteme wie etwa Herz- pumpen. Wenn Kabel künftig überflüssig wären, würden da- durch Infektionsherde beseitigt werden. Sie ist von ihrem Forschungsgebiet jeden Tags aufs Neue faszi- niert: „Es begeistert mich zu sehen, dass durch unsere Forschung Probleme gelöst werden und neuartige Lösungen und Aufbauten entstehen. Ich bin in meinem Element, wenn ich Mathematik mit Physik und Technik verbinde.“ Weiterhin wurde Professorin Dr.-Ing. Nejila Parspour 2012 zu ei- ner der ersten drei ÜbermorgenmacherInnen beim gleichnamigen Wettbewerb zum 60-jährigen Bestehen des Landes Baden-Würt- temberg für ihren Verdienst im Bereich „Induktives Laden von Elektrofahrzeugen“ gewählt und wirkt seit 2017 im Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg mit. Professor Dr .-Ing . Nejila Parspour Als Mitgründerin und Studiendekanin des Master-Studiengangs Elektromobilität der Universität Stuttgart will sie ihre Begeiste- rung für MINT jungen Menschen vermitteln und sie dazu moti- vieren, ebenfalls Elektrotechnik als Studienfach zu wählen. 109

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Bilanz Seit der Etablierung des Landesbündnisses im Juli 2011 haben die Bündnispartnerinnen und Bündnispartner intensiv zusammenge- arbeitet und zahlreiche Aktivitäten entwickelt, um mehr Mädchen und Frauen für MINT-Berufe zu gewinnen. Die nachfolgende Übersicht vermittelt überblicksartig einen Eindruck von der Viel- falt der Maßnahmen und Projekte, von denen einzelne exempla- risch in Kapitel 2 vorgestellt werden. • Es wurden zehn gemeinsame Aktionsprogramme mit mehr als 400 Fördermaßnahmen durchgeführt. • Es fanden neun Bilanz- und Spitzengespräche statt. • Es wurden Projekte konzipiert und durchgeführt , wie z. B. Di- alog MINT-Lehre, Satellitenkonzeption experimenta (siehe: „Die Forscherfabrik Schorndorf – eine Science-Erlebniswelt für Kinder“ in Kapitel 2), Mentoring-Programme für Schüle- rinnen und Schüler sowie Studienanfängerinnen und Studi- enanfänger (siehe: „MINToring von SchuleWirtschaft BW“ in Kapitel 2), „Wing - Wiedereinstieg von Ingenieurinnen“ (siehe: Projekt „Wing - Wiedereinsteig von Frauen in MINT-Berufen“ in Kapitel 2) sowie Karriere- und Netzwerkförderprogramme für Nachwuchswissenschaftlerinnen der außeruniversitären und industriellen Forschung und Entwicklung (siehe: „Empow- erment-Tag für Wissenschaftlerinnen“ und „Netzwerk Frauen. Innovation.Technik Baden-Württemberg“ in Kapitel 2). • Es wurden neue Formate aufgesetzt, wie MINT-Camps, Careerwalks (siehe: „Die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH bringt Wiedereinsteigerinnen und Akade- mikerinnen aus MINT-Bereichen mit regionalen Unterneh- men zusammen“ in Kapitel 2), MINT-Role Models, Girls‘ Digital Camps (siehe: „Girls‘ Digital Camps“ in Kapitel 2). • Es wurden mehr als 200 Veranstaltungen und Kongresse durchgeführt, wie z. B. MINT-Kongresse für Lehrkräfte, Ver- anstaltung „TOP-Ingenieurinnen im März 2012“ (siehe: 25 TOP-Ingenieurinnen – Begegnungen mit ausgezeichneten Frauen aus dem Südwesten“ in Kapitel 2), Kompetenzwork- shops für MINT-Unternehmen (siehe: „Kompetenzwork- shop-Reihe (für HR-Verantwortliche) in Unternehmen“ in Kapitel 2), European MINT Convention 2014 bis 2016. • Gemeinsam mit Bündnispartnern wurden neun Expertenge- spräche zu folgenden Themen veranstaltet: „Wiedereinstieg von Ingenieurinnen“, „Migrantinnen für MINT-Berufe gewin- nen“, „Qualitätssicherung von MINT-Projekten und –Initia- tiven“, „Erfolgsfaktoren von MINT-Projekten in der Berufs- und Studienorientierung“, „MINT-Förderung von Frauen in Unternehmen“, „Aktive Elternarbeit in der Berufsorientie- rung“, „Wiedereinstieg in MINT-Berufe“, „Evaluation von 112Kapitel 4. Bilanz und Ausblick

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Nach MINT-Bereichen Informatik + 8.485 Mathematik und Naturwissenschaften + 2.453 Technik + 30.751 von 2013 bis 2019 Studienanfängerinnen in allen MINT-Studienfächern von 2013 bis 2019 + 802 Frauen in MINT-Ausbildungs- berufen Frauen in MINT in Baden-Württemberg Veränderung der Anzahl von Frauen von2013 bis 2019 Frauen in MINT-Berufen insgesamt + 41.689 Zuwachs + 498 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg © Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg MINT-Fördermaßnahmen“ und „MINT-Regionen in Baden- Württemberg“. • Publikationen erstellt, wie z. B. die gemeinsam von Wirt- schaftsministerium und Wissenschaftsministerium heraus- gegebene Broschüre „Wie MINT-Projekte gelingen! Qua- litätskriterien für gendersensible MINT-Projekte in der Berufs- und Studienorientierung“, die erstmals 2015 und als aktualisierte und ergänzte Ausgabe 2019 erschienen ist. Die verschiedenen Fördermaßnahmen der Landesregierung sowie die zahlreichen Aktivitäten der Bündnispartnerinnen und Bünd- nispartner haben seit der Gründung des Landesbündnisses dazu beigetragen, dass in Baden-Württemberg eine insgesamt positive Entwicklung erreicht werden konnte. Im Zeitraum von 2013 bis 2019 stieg beispielsweise die Anzahl der in MINT-Berufen sozi- alversicherungspflichtig beschäftigten Frauen im Land um 41.689 von 177.703 auf 219.392. Das entspricht einer Zunahme um 23,5 Prozent. In der Informatik erhöhte sich die Anzahl im selben Zeitraum um 8.485 von 18.904 auf 27.389. Dies stellt einen Zu- wachs von 44,9 Prozent dar. Den höchsten quantitativen Anstieg bei den weiblichen MINT-Beschäftigten verzeichnet der Bereich Technik. Hier erhöht sich von 2013 bis 2019 die Anzahl von sozi- alversicherungspflichtig Beschäftigten um 30.751 von 139.527 auf 170.278. Das entspricht einer Zunahme von 22 Prozent. Die An- zahl von sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften nahm im selben Zeitraum um 2.453 von 19.272 auf 21.725 zu. Das bedeutet eine Zunahme um 12,7 Prozent. 113

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Beim Blick auf den Nachwuchsbereich zeigt sich eine etwas lang- samere, aber kontinuierlichere Zunahme. Im Zeitraum von 2013 bis 2019 hat die Anzahl der weiblichen Auszubildenden in den gewerblich-technischen Berufen in Baden-Württemberg um 802 von 7.826 auf 8.628 zugenommen – trotz einer insgesamt rückläu- figen Anzahl von weiblichen Auszubildenden. Dies entspricht ei- nem Anstieg von ca. zehn Prozent. Die Anzahl der Studienanfän- gerinnen in allen MINT-Studienfächern in Baden-Württemberg hat sich zwischen 2013 und 2019 um 498 von 15.291 auf 15.789 erhöht. Das bedeutet einer Zunahme von 3,3 Prozent. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zahl der Studienanfängerin- nen und Studienanfänger bis 2016 zunächst stärker angestiegen ist, aber seit 2017 bei Frauen und Männern insgesamt zurückgegangen ist. Hier spielen unter anderem Präferenzen und die Antizipation der Arbeitsmarktchancen eine entscheidende Rolle. Bei der zah- lenmäßigen Entwicklung im genannten Zeitraum ist zu berücksich- tigen, dass sich kulturelle Muster nur langfristig aufbrechen lassen. Entscheidend sind Verbesserungen der Rahmenbedingungen und der Abbau struktureller Barrieren, insbesondere im Spannungsfeld Berufswahl, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Einkommen und Aufstiegschancen. Für das nach wie vor geringere Interesse von Frauen für Informatik und Technik gibt es verschiedene Gründe. Dazu zählen u.a. weiterhin männlich assoziierte Berufsbilder wie der Informatiker als Nerd, eine oft noch fehlende systematische, vertiefte Berufsorientierung für technische Fächer, ein bei Schüle- rinnen oft geringeres Selbstvertrauen in die eigenen MINT-Kom- petenzen sowie ein funktionales Verständnis von Technik und deren Vermittlung. Im Bereich Mathematik und Naturwissenschaf- ten stellt sich die Situation bei den Studienanfängerinnen dage- gen anders dar. In Baden-Württemberg ist hier im Zeitraum von 2013 bis 2019 der Frauenanteil von 36,7 Prozent auf 52,6 Prozent angestiegen, obwohl in absoluten Zahlen ein Rückgang von 8161 auf 6719 Personen zu verzeichnen war. Da die Anzahl von männli- chen Studienanfängern in Mathematik und Naturwissenschaft aber deutlich stärker gesunken ist, erhöhte sich der prozentuale Anteil ihrer Kommilitoninnen beträchtlich. 114Kapitel 4. Bilanz und Ausblick

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Nach MINT-Bereichen Informatik + 44,9 % Mathematik und Naturwissenschaften + 12,7 % Technik + 22 % von 2013 bis 2019 Studienanfängerinnen in allen MINT-Studienfächern von 2013 bis 2019 + 10,2 % Frauen in MINT-Ausbildungs- berufen Frauen in MINT in Baden-Württemberg Veränderung des Anteils von Frauen von2013 bis 2019 Frauen in MINT-Berufen insgesamt Lorem ipsum + 23,5 % Zuwachs + 3,3 % Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg © Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg Mit dem Landesbündnis „Frauen in MINT-Berufen“ wurden eine politische Vereinbarung sowie die Koordinierung und Zusam- menarbeit der maßgeblichen MINT-Akteure im Land entlang ei- ner gemeinsamen Strategie erreicht. Auf dieser Grundlage konnte das Thema „Frauen in MINT-Berufen“ seit 2011 in konzertierter Aktion gemeinsam vorangebracht und eine verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit und Bewusstseinsbildung erreicht werden. Un- geachtet der erzielten Erfolge besteht mit Blick auf die dargestellte aktuelle Situation weiterhin deutlicher Handlungsbedarf, sowohl unter gleichstellungspolitischen wie unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten. Zumal sich der Fachkräftebedarf aus demogra- fischen und technologischen Gründen weiter verschärfen wird. Dies gilt insbesondere für IT- und technische Berufe. Frauen bil- den hier nach wie vor eine wichtige Zielgruppe, deren Talente, Interessen und Kompetenzen (noch) besser gefördert werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich kulturelle Verän- derungen – etwa bezogen auf Berufsmuster oder geschlechtsbe- zogene Klischees – nur langsam erreichen lassen. Im Hinblick auf den seit Jahren auf niedrigem Niveau verharrenden Frauenanteil in nichtakademischen MINT-Berufen kommt erschwerend hinzu, dass der Anteil weiblicher Auszubildenden insgesamt seit Jahren rückläufig ist. Immer mehr Schulabgängerinnen entscheiden sich für ein Hochschulstudium, da sie sich dadurch bessere Karriere- chancen versprechen. Hier gilt es für alternative Karrierewege zu sensibilisieren und deren Chancen und gesellschaftliche Relevanz deutlicher zu machen. Dementsprechend bestehen weiterhin He- rausforderungen und Handlungsbedarfe in den Schulen, bei der Beruflichen Orientierung, bei der Berufswahl, bei der Vereinbar- keit von Beruf und Familie, bei der beruflichen Entwicklung und bei Aufstiegschancen in Wirtschaft und Wissenschaft. 115

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Ausblick MINT-Fachkräfte verfügen über die notwendigen Kompetenzen für die Lösung von zukunftsweisenden Aufgaben etwa in Bereichen der Digitalisierung, Klimaschutz und Gesundheit, die wiederum für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft unabdingbar sind. Im Jahr 2019 verzeichnete Baden-Württemberg mit 34 Prozent den bundesweit höchsten Anteil von Beschäftigten in MINT-Be- rufen und wird durch die technologischen Herausforderungen voraussichtlich auch künftig den höchsten Bedarf an MINT-Fach- kräften haben. Gleichzeitig wird in den kommenden Jahren ein erheblicher Ersatzbedarf im MINT-Bereich aus demografischen Gründen entstehen, da die Generation der Babyboomer in den nächsten Jahren aus dem Erwerbsleben ausscheiden wird. Laut Prognosen des Instituts der deutschen Wirtschaft werden zwei Drittel des akademischen Nachwuchses allein zur Kompensati- on der altersbedingten Abgänge benötigt werden. Dabei nimmt der Einfluss des demografischen Wandels auf die Nachfrage nach MINT-Beschäftigten in den nächsten Jahren sukzessive zu. Umso wichtiger ist es daher, alle Potenziale zu aktivieren sowie mehr Mädchen und Frauen für MINT-Berufe und -Studiengänge zu gewinnen und tradierte Berufswahlmuster nachhaltig zu durch- brechen. Future Skills und Vielfalt sind die entscheidenden Er- folgs- und Innovationsfaktoren für die Zukunft. Gemeinsames Ziel der Bündnispartnerinnen und Bündnispartner ist es daher, im Sinne der Chancengleichheit und der Fachkräftesicherung, die Repräsentanz und Erwerbsbeteiligung von Mädchen und Frauen in MINT-Berufen noch deutlich zu steigern. Dafür gilt es, eine zielgruppenspezifische Ansprache, Heranführung und Ausbil- dung in allen MINT-Studienfächern und Ausbildungsberufen so- wie positive Entwicklung im Beruf zu erreichen. Flankierend dazu ist es wichtig, gesellschaftliche Leitbilder, MINT-Bildungsangebo- te, Infrastrukturen (Ganztagesbetreuung) und Unternehmenskul- turen zu verändern. Dies kann nur durch die Zusammenarbeit aller gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Akteure und der Sozialpartner gelingen. Nachhaltige Veränderungen sind nur bei langfristig angelegten und strukturell verankerten Maßnahmen beginnend bei der frühkindlichen Bildung über eine klischeefreie Berufliche Orientierung bis hin zur Personalpolitik und Karriere- förderung in Unternehmen zu erwarten. 116Kapitel 4. Bilanz und Ausblick

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qualitativ und quantitativ weiterzuentwickeln. Konkret bedeutet dies, die Zusammenarbeit mit den bestehenden Partnern weiter zu vertiefen, neue, relevante Entwicklungen, Themen, Bedarfe und Handlungsfelder aufzugreifen sowie weitere Partnerinnen zu sensibilisieren und zu integrieren. Zugleich gilt es, verstärkt Un- ternehmen direkt einzubinden und ein landesweites MINT-Netz- werk mit Unternehmen aufzubauen. Der Erfolg und die Brei- tenwirkung des Landesbündnisses hängen entscheidend von den gemeinsamen Aktivitäten und dem Engagement aller Bünd- nispartnerinnen und Bündnispartner ab. Gemeinsam wollen wir eine chancenreiche und chancengleiche Zukunft gestalten. Zudem sollen die attraktiven Perspektiven der MINT-Berufe auch hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Relevanz z. B. im Be- reich Klimaschutz und Digitalisierung besser verdeutlicht und genutzt werden. Kontinuierliche Veränderungen der Lebens- und Arbeitswelt machen zudem lebenslanges Lernen und stetige Wei- terbildung zur Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit notwendig. Mehr Vielfalt in MINT-Berufen sowie dauerhafte Perspektiven und Karrieremöglichkeiten für Frauen in diesem Bereich tragen dazu bei, den Standort Baden-Württemberg nachhaltig zu stärken und zukunftsfest zu machen. Das Bündnis unterstützt damit die Anstrengungen der Landesregierung zur Fachkräftesicherung so- wie zur Förderung von Diversity und Innovation. Ergänzend dazu forciert das Bündnis weiterhin die Umsetzung von Zielen des MINT-Aktionsplans auf Bundesebene. Zudem bleibt das gemeinsame Ziel aller Bündnispartnerinnen und Bündnispartner eine konsistente MINT-Bildungskette in der Fläche, die optimal auf die regionalen Bedarfe in Baden-Würt- temberg zugeschnitten ist und die aktuelle Entwicklungen und die Chancen der Digitalisierung adäquat aufgreift. Dafür ist es notwendig, die Aktivitäten und Formate der Landesinitiative und des Landesbündnisses „Frauen in MINT-Berufen“ kontinuierlich 117

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Zehn Jahre Frauen in MINT-Berufen: Perspektiven für einen Kulturwandel in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft Professorin Dr. Barbara Schwarze Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um die Summary der Key Note von Frau Professorin Dr. Barbara Schwarze im Rahmen der Jubiläums- veranstaltung des Landesbündnisses „Frauen in MINT-Berufen“ am 18. Oktober 2021. „Wer soll in Zukunft arbeiten?“ fragte die Arbeitsforschung schon vor zehn Jahren. Wer soll die neuen Herausforderun- gen im Hinblick auf den Klimawandel, die Digitalisierung und kontinuierliches Lernen in den MINT-Berufen und -Studien- gängen bewältigen und umsetzen? Die Ziele für eine nachhal- tige Entwicklung, die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen rücken für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zunehmend in den Vordergrund. Die notwen- dige Schonung von Klima und Umwelt hat vielen jungen Frau- en deutlich gemacht, wie wichtig ein umfassendes Engagement für ihre persönliche Zukunft ist. So zeigen Innovationsstudien, dass technologische und soziale Innovationen erforderlich sind, um die anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen. Diese sollen Frauen in viel höherem Umfang mitbe- stimmen und mit gestalten - technologisch und gesellschaftlich. Es geht um ihre und unsere Zukunft. Die neue digitale Medienvielfalt bewirkt bereits häufig – soweit ungesteuert – einen „Informations-Overload“. Für junge Frauen ist eine MINT-Berufsorientierung – verstärkt durch die Auswir- kungen der Corona-Pandemie – noch weniger greifbar geworden, und bedarf – wie zehn Jahre des Bündnisses „Frauen in MINT- Berufen“ in Baden-Württemberg zeigen – gezielten Handelns entlang der schulischen und beruflichen Entscheidungswege bis hin zu den Perspektiven für Karrierewege für Frauen in MINT. Die Entwicklung der Beteiligung von Frauen an MINT-Berufen hat in den letzten Jahren ermutigende, vorwärtsweisende und zugleich widersprüchliche Ergebnisse gezeigt. In Deutschland ist es gelungen, die Zahl der jungen Frauen, die sich für ein MINT- Studium (34 Prozent) entscheiden, in den letzten zehn Jahren wesentlich zu erhöhen. Die Ingenieurwissenschaften, zu denen auch die Informatik gehört, haben in den vergangenen Jahren ihre jeweilige Anzahl von Studienanfängerinnen um mehrere 10.000 Erstsemester gesteigert. Mit einer prozentualen Beteiligung von rund elf Prozent an du- alen MINT-Ausbildungsberufen fällt der Anteil junger Frauen im Bereich der beruflichen Bildung nach wie vor zu gering aus. Internationale Bildungsstudien (ICILS) zeigen allerdings, dass 120Anhang | Summary von Professorin Dr. Schwarze

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Schülerinnen der achten Jahrgangsstufe in Deutschland über höhere mittlere computer- und informationsbezogene Kompe- tenzen verfügen als ihre männlichen Mitschüler. Zudem gibt es zwischen Mädchen und Jungen dieser Stufe keine Kompetenzun- terschiede im Bereich des „Computational Thinking“ (dem infor- matischen Denken). Wichtige Voraussetzungen für die zukünfti- gen Fachkräftebedarfe und eine Arbeitsgesellschaft im Umbruch. WO LIEGEN HINDERNISSE, WAS BIETET NEUE PERSPEKTIVEN? Starke und dauerhafte Geschlechterklischees behindern in Schu- len, Beratungs- und Orientierungsprozessen, bei Eltern, Füh- rungskräften und beruflichen Fachkräften in der Wirtschaft eine vorurteilsfreie Sicht auf Interessen und Kompetenzen von Frauen für MINT. Hier setzt die Bundesinitiative Klischeefrei mit Me- thodensets, Studien, Materialien, Infotheken an, eine wichtige Voraussetzung für eine Berufs- und Studienorientierung frei von Vorurteilen. Sie wird durch ein breites Bündnis aus Politik, Wirt- schaft, Wissenschaft und Berufsbildung getragen und unterstützt. Die lange gewachsene Techniksozialisation der Ausbildungs- und Lehrkräfte im technischen Umfeld bildet ein berufliches Set von Einstellungen und Verhaltensweisen, innerhalb derer für junge Frauen oft keine Passung gesehen wird. Perspektiven bieten somit Unternehmenskulturen, die sich mit den Geschlechterklischees auseinandersetzen, und die Aufgabe der Gewinnung von Frau- en für duale Ausbildungen in Fortbildung, Mentoring und klare Richtlinien für eine eigene Kultur ohne Vorurteile integrieren. Es bedarf der Schulungen für eine Kompetenzerweiterung tech- nischer Lehr-, Beratungs- und Ausbildungskräfte für eine duale MINT-Ausbildung von Frauen ohne Geschlechterklischees. Für die jungen Frauen selbst sollte eine längere Praxisphase in der Technik zur Rückmeldung zu ihren technikbezogenen Interessen und Kompetenzen führen sowie begleitende „Communities of Sup- port and Joy“ von Frauen für Frauen in MINT ihre Vernetzung er- möglichen. Damit erfolgt eine Stärkung des Vertrauens in die eigenen Stärken und Kompetenzen für duale MINT-Berufe, die die Erkennt- nisse der Berufsorientierungsforschung erfolgreich umsetzen kann. WER ALSO WIRD IN ZUKUNFT IN MINT ARBEITEN? Überraschung: Es werden viel mehr Frauen sein, da die Anforderungen an die Themen und die Arbeit der Zukunft ihnen entgegenkommen werden. Wer in einem übergreifenden Engagement von Wirtschaft, Wissenschaft, Industrie- und Handwerksorganisationen Frauen für die duale Ausbildung gewinnt, kann hier eine Vorreiterrolle für mehr Nachwuchskräfte einnehmen. Lasst uns die Chancen jetzt ergreifen! Professorin Dr . Barbara Schwarze 121

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Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung“ Bündnis für Frauen in MINT-Berufen schaffen die beteiligten Akteure eine gemeinsame Plattform, bilden ein gemeinsames Partnernetz, und entwickeln ein gemeinsames Aktionsprogramm und Bausteinkonzept, PRÄAMBEL Mit dem Bündnis für Frauen in MINT-Berufen • • • um die Frauenerwerbstätigkeit im MINT-Bereich nachhaltig zu erhöhen, ihre Aktivitäten im Bereich „Frauen in MINT-Berufen“ zu bündeln, abzustimmen und zu vernetzen sowie in konzertier- ter Aktion gemeinsam noch mehr Erfolg und Breitenwirksamkeit zu erreichen. HINTERGRUND Hintergrund des Bündnisses bilden die Empfehlungen des Inno- vationsrates und die Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ des Landes Baden-Württemberg, die vom Ministerium für Fi- nanzen und Wirtschaft und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gemeinsam in konzertierter Aktion mit Unternehmen, Verbänden, Kammern, Stiftungen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen durchgeführt werden soll. Frauen sind bisher in den MINT-Berufen stark unter- repräsentiert und bilden einen wichtigen Talentepool, der besser aktiviert werden muss. Nur 8 % der weiblichen Auszubildenden wählen in Baden-Württemberg bisher einen MINT-Ausbildungsberuf, 27 % der Studentinnen wählen ein MINT-Studium. Nur 4 % der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen sind bisher in Baden-Württemberg tätig. in MINT-Berufen ZIELE DES BÜNDNISSES Zielsetzung ist es daher, die Chancengleichheit und das Arbeits- kräftepotenzial in allen MINT-Studien und Ausbildungsberufen durch eine verstärkte Heranführung, Ausbildung und Erwerbs- beteiligung von Mädchen und Frauen in MINT-Berufen deutlich zu erhöhen. Das Berufswahlverhalten und die Berufs- und Lebensperspekti- ven von Mädchen und Frauen sollen positiv verändert und die Zukunftschancen der MINT-Berufe besser verdeutlicht und ge- nutzt werden. In Baden-Württemberg fehlen derzeit rund 100.000 Fachkräf- te. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird sich der bestehende Mangel an Fachkräften weiter verschärfen. Der größte Mangel herrscht heute wie künftig bei Berufen im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT). Das Bündnis widmet sich Maßnahmen im MINT-Bereich ent- lang der zentralen Weichenstellungen und erfolgskritischen Handlungsfelder des gesamten Bildungs- und Berufsverlaufs von Mädchen und Frauen und bezieht die an diesen Prozessen Betei- ligten ein. Dies wird im Kontext einer ganzheitlichen Bildungs- und Berufsbiografie gesehen. 122Anhang | Bündnispapier 2011, 04. Juli 2011

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• Frühkindliche Bildung • Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung • Übergang Schule – Ausbildung – Studium • Reduzierung des Abbruchs in Ausbildung und Studium • Erleichterung des Übergangs zwischen Ausbildung, Schule und Beruf • • Förderung der Berufswegplanung und des Aufstiegs • Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen in Unternehmen und Stärkung der beruflichen Identität Reduzierung des Ausstiegs aus MINT-Berufen • Erleichterung der Rückkehr und des Wiedereinstiegs Die Unterzeichner/innen und Unterstützer/innen des Bündnisses wollen • für die Bedeutung und Notwendigkeit von „Frauen in MINT-Berufen“ werben, die vorhandenen Aktivitäten von Unternehmen, Bildungs- und Forschungs- einrichtungen, Kammern, Verbänden, Institutionen und Wissenschaft in Baden-Württemberg aufgreifen und bündeln, • • weitere Maßnahmen anstoßen und entwickeln. Die bereits bestehenden Strukturen und Aktivitäten in Ba- den-Württemberg für Mädchen und Frauen in MINT-Berufen sollen somit gestärkt und weiterentwickelt werden. Die betei- ligten Partner wollen erfolgreiche Projekte nachhaltig verankern und die Erfolgswirklichkeit von vernetzten Maßnahmen exem- plarisch prüfen. Damit sollen im Ergebnis mehr Mädchen und Frauen für MINT-Berufe gewonnen, MINT-Berufe für Mädchen und Frau- en attraktiver gemacht und Frauen in MINT-Berufen dauerhafte Perspektiven und Karrieremöglichkeiten geboten werden, um den Standort Baden-Württemberg zu stärken. DIE ZIELE IM EINZELNEN • Gewinnung von Mädchen und Frauen für eine berufliche Tätigkeit im MINT-Bereich in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, z. B. Mäd- chen und junge Frauen durch neue didaktische Konzepte und Vorbilder für MINT begeistern. Steigerung der Attraktivität von beruflichen Tätigkeiten im MNT-Bereich Sensibilisierung und Qualifizierung (MINT- und Gender-Schulungen) der am Prozess beteiligten Personen – z. B. Eltern, Erziehende, Ausbildende, Lehrende, Beratende, betriebliche Entscheidungsträgerinnen und Entschei- dungsträger sowie weitere Multiplikatorinnen und Multiplikatoren • • • Karriereförderung und Verbesserung der Wiedereinstiegschancen von Frauen im MINT-Bereich • Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf • Verringerung der Ausstiegs- und Abbruchquote (drop out) VORGEHEN UND BEITRÄGE Hierfür wollen die Beteiligten eigene Beiträge in das Bündnis ein- bringen und sich bezüglich der Umsetzung der Ziele regelmäßig austauschen. Dazu entwickelten die Bündnispartnerinnen und Bündnispartner ein Aktionsprogramm und gemeinsame Lösungs- ansätze. Sie vereinbaren eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit und werden im Rahmen eines jährlichen Spitzengesprächs eine gemeinsame Bilanz über die Wirkungen des Bündnisses ziehen. Das Bündnis forciert die Umsetzung von Zielen des Nationalen Pakts „Komm, mach MINT“ und trägt gleichzeitig zur Erreichung von Zielen des Bündnisses für Ausbildung auf Landesebene bei. KOORDINATION UND BETEILIGTE Das Bündnis wird koordiniert durch das Ministerium für Finan- zen und Wirtschaft Baden-Württemberg. 123

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Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung“ Bündnis für Frauen in MINT-Berufen PRÄAMBEL Mit dem Bündnis für Frauen in MINT-Berufen schaffen die beteiligten Akteurinnen und Akteure eine gemeinsame Plattform, bilden ein gemeinsames Netzwerk von Partnerorganisationen und entwickeln ein gemeinsames Aktionsprogramm und Bausteinkonzept, • • • um die Frauenerwerbstätigkeit im MINT-Bereich nachhaltig zu erhöhen, ihre Aktivitäten im Bereich „Frauen in MINT-Berufen“ zu bündeln, abzustimmen und zu vernetzen sowie in konzertier- ter Aktion gemeinsam noch mehr Erfolg und Breitenwirksamkeit zu erreichen. HINTERGRUND Hintergrund des Bündnisses bildet die vom Ministerrat auf Emp- fehlung des Innovationsrates im März 2010 beschlossene Landes- initiative „Frauen in MINT-Berufen“ des Landes Baden-Württem- berg, die vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst ge- meinsam in konzertierter Aktion mit Unternehmen, Verbänden, Kammern, Stiftungen, Hochschulen und Forschungseinrichtun- gen durchgeführt wird. Aufgrund der Bedeutung des Themas und der damit verbundenen Herausforderungen wurde die Landes- initiative im Jahr 2015 entfristet sowie dauerhaft und nachhaltig im Referat Wirtschaft und Gleichstellung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus verankert. In den zehn Jahren seit Bestehen des Landesbündnisses konnten zahlreiche Fortschritte für Frauen in MINT-Berufen in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung erzielt werden. So stieg der Anteil der Studienanfängerinnen in den MINT-Studienfächern in Ba- den-Württemberg seit 2011 um vier Prozentpunkte von rund 27 Prozent auf gut 31 Prozent an. Die Zahl der von Frauen erreichten Studienabschlüsse und Promotionen in diesen Fächern erhöhte sich im selben Zeitraum um rund 60 Prozent von knapp 6.500 auf gut 10.000 Abschlüsse. Der Anteil von weiblichen Auszubilden- den in dualen gewerblich-technischen Berufen stieg seit 2011 um knapp drei Prozentpunkte von acht auf elf Prozent. Auch bei der Erwerbsbeteiligung zeichnet sich ein positiver Trend ab: Im Jahr 2019 verzeichnete Baden-Württemberg mit 34 Prozent den bun- desweit höchsten Anteil von Beschäftigten in MINT-Berufen. Der Frauenanteil beträgt in diesen Beschäftigungsfeldern inzwischen rund 16 Prozent, dies entspricht einer Steigerung seit dem Jahr 2013 um gut 23 Prozent auf rund 219.000 weibliche Beschäftigte. Im Teilbereich Informatik entwickelte sich die Zahl der beschäf- tigten Frauen besonders dynamisch und steigerte sich in diesem Zeitraum sogar um knapp 45 Prozent auf rund 27.000. Auch das Interesse und die Beteiligung am Bündnis sind seit 2011 stetig gewachsen – sowohl bezogen auf die Anzahl der Bünd- nispartnerinnen und Bündnispartner als auch die von ihnen um- gesetzten Maßnahmen entlang der lebensphasenorientierten Stra- tegie. Das Thema „Frauen in MINT-Berufen“ hat zudem durch 124Anhang | Bündnispapier 2021, 18. Oktober 2021

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gezielte und kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit eine verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Trotz der bereits erzielten Erfolge besteht weiterhin Handlungsbe- darf. Aufgrund der demographischen Entwicklung, der fortschrei- tenden Digitalisierung sowie der ökologischen Transformation wird sich der bestehende Mangel an MINT-Fachkräften weiter verschärfen. Dies gilt insbesondere für IT- und technische Berufe. Frauen sind in MINT-Berufen, insbesondere in IT und Technik, immer noch stark unterrepräsentiert und bilden eine wichtige Zielgruppe, deren Talente, Interessen und Kompetenzen besser gefördert werden müssen. ZIELE DES BÜNDNISSES Ziel des gemeinsamen Bündnisses ist es daher, im Sinne der Chancengleichheit und der Fachkräftesicherung, die Repräsen- tanz und Erwerbsbeteiligung von Mädchen und Frauen in den MINT-Berufen deutlich zu erhöhen. Hierzu wollen die Bündnis- beteiligten eine adressatinnengerechte Ansprache, Heranführung und Ausbildung in allen MINT-Studienfächern und Ausbildungs- berufen sowie Förderung im Beruf erreichen. Dies gilt insbesondere für die MINT-Fachbereiche und Berufe, in denen trotz der bereits erreichten Erfolge und Fortschritte nach wie vor eine deutliche Unterrepräsentation von Frauen zu ver- zeichnen ist. Das Berufswahlverhalten und die Berufs- und Lebensperspekti- ven von Mädchen und Frauen sollen positiv verändert und die Zukunftschancen der MINT-Berufe auch im Hinblick auf die Zu- kunftsthemen Digitalisierung und Klimaschutz besser verdeut- licht und genutzt werden. Stetige Veränderungen der Lebens- und Arbeitswelt machen zudem lebenslanges Lernen und Weiter- bildung zur Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit notwendig. Das Bündnis widmet sich den Maßnahmen im MINT-Bereich entlang der zentralen Weichenstellungen und erfolgskritischen Handlungsfelder des gesamten Bildungs- und Berufsverlaufs von Mädchen und Frauen und bezieht die an diesen Prozessen Betei- ligten ein. Dies wird im Kontext einer ganzheitlichen Bildungs- und Berufsbiografie gesehen: • Frühkindliche Bildung • Frühzeitige und vertiefte Berufs- und Studienorientierung • Übergang von Schule in Ausbildung oder/und Studium • Reduzierung des Abbruchs in Ausbildung und Studium • Erleichterung des Übergangs zwischen Ausbildung oder Studium in die • Erwerbstätigkeit Stärkung der Identifizierung mit den gewählten MINT-Berufen und Reduzierung des Ausstiegs aus MINT-Berufen • Förderung der Berufswegplanung und des Aufstiegs sowie des Erhalts der Beschäftigungsfähigkeit vor dem Hintergrund technologischer Umbrüche • Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen in Unternehmen bzw. in Institutionen • Erleichterung der Rückkehr und des Wiedereinstiegs sowie des Quereinstiegs Die Unterzeichnenden und Unterstützenden des Bündnisses wollen • • für die Bedeutung und Notwendigkeit von „Frauen in MINT-Berufen“ werben, die vorhandenen Aktivitäten von Unternehmen, Bildungs- und Forschungs- einrichtungen, Wissenschaft, Kammern, Verbänden und Institutionen in Baden-Württemberg aufgreifen, sichtbar machen, bündeln und die Akteurinnen und Akteure strukturell vernetzen, • weitere erfolgswirksame Maßnahmen anstoßen und entwickeln sowie • die Wichtigkeit des Erwerbs insbesondere digitaler Kompetenzen für alle Tätigkeitsbereiche befördern. 125

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Die bereits bestehenden Strukturen und Aktivitäten in Ba- den-Württemberg für Mädchen und Frauen in MINT-Berufen sol- len somit gestärkt und weiterentwickelt werden. Die beteiligten Partnerinnen und Partner wollen erfolgreiche Projekte nachhaltig verankern und die Erfolgswirksamkeit von vernetzten Maßnah- men exemplarisch prüfen. Chancengleiche Unternehmenskulturen, etablierte Strukturen und Netzwerke, Role Models und Führungskräfte sind weitere Anknüpfungspunkte auf dem Weg zu einer höheren Anzahl von Frauen, die MINT-Berufe auch tatsächlich ausüben. Damit sollen weiterhin mehr Mädchen und Frauen für MINT-Be- rufe gewonnen, MINT-Berufe für diese attraktiver gemacht sowie Frauen in MINT-Berufen dauerhafte Perspektiven und Karriere- möglichkeiten geboten werden, um den Standort Baden-Würt- temberg nachhaltig zu stärken und zukunftsfest zu machen. DIE ZIELE IM EINZELNEN • • Systematische und strukturelle Verknüpfung von außerschulischen und schulischen MINT-Angeboten, Stärkung einer durchgängigen Berufs- und Studienorientierung MINT-Bereich für Schülerinnen, im • Adressatinnengerechte Vermittlung der zukunftsweisenden Chancen und individuellen Perspektiven für Mädchen und Frauen durch eine Ausbildung oder berufliche Tätigkeit im MINT-Bereich in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, mit dem Ziel, sie dafür zu gewinnen. Dazu wollen die Beteiligten zielgruppengerechte, wirkungsvolle Formate und didaktische Konzepte sowie weibliche Vorbilder einsetzen, die für MINT begeistern, z. B. über Social Media, und entsprechende Karrierewege aufzeigen. Steigerung der Attraktivität von beruflichen Tätigkeiten im MINT-Bereich durch Sichtbarmachung der Bedeutung für gesellschaftlich relevante Themen wie Gesundheit oder Umwelt- und Klimaschutz, • • Unterstützung des Quereinstiegs in IT- und Technikberufe • Sensibilisierung und Qualifizierung der am Prozess beteiligten Personen – z. B. Eltern, Erziehende, Ausbildende, Lehrende, Beratende, betriebliche Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger sowie weitere Multipli- katorinnen und Multiplikatoren, • Karriereförderung und Verbesserung der Wiedereinstiegschancen von Frauen im MINT-Bereich in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, • Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Privatleben, Sorgearbeit und Beruf in MINT-Tätigkeiten und Umsetzung einer familienbewussten Führung • Verringerung der Ausstiegs- und Abbruchquoten aus der MINT-Erwerbs- tätigkeit von Frauen. VORGEHEN UND BEITRÄGE Hierfür wollen die Beteiligten eigene Beiträge in das Bündnis einbringen und sich bezüglich der Umsetzung der Ziele weiter- hin regelmäßig austauschen. Dazu schreiben die Bündnispartne- rinnen und Bündnispartner das gemeinsame Aktionsprogramm und gemeinsame Lösungsansätze jährlich fort. Sie stärken die ge- meinsame Öffentlichkeitsarbeit und ziehen im Rahmen des jähr- lichen Spitzengesprächs gemeinsam Bilanz über die Wirkungen des Bündnisses. Das Bündnis forciert die Umsetzung von Zielen des MINT-Ak- tionsplans des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der MINT-Vernetzungsstelle Deutschland. Gleich- zeitig trägt das Bündnis zur Erreichung von Zielen der Fachkräf- teallianz Baden-Württemberg und des Bündnisses für Ausbildung auf Landesebene bei. Das Bündnis unterstützt die Anstrengungen der Landesregierung zur Fachkräftesicherung sowie zur Förderung von Diversity und Innovation. KOORDINATION UND BETEILIGTE Das Bündnis wird koordiniert durch das Ministerium für Wirt- schaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg. 126Anhang | Bündnispapier 2021, 18. Oktober 2021

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Bei Gründung 2011: Akademie für Luft- und Raumfahrt German Aerospace Academy (ASA) Baden-Württemberg Stiftung gGmbH Baden-Württemberg: Connected e .V . Baden-Württembergischer Handwerkstag e .V . Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag BIOPRO Baden-Württemberg GmbH CoachingMeisterei Deutscher Gewerkschaftsbund Bezirk Baden-Württemberg deutscher ingenieurinnenbund e .V . (dib) Duale Hochschule Baden-Württemberg Klett MINT GmbH Kontaktstellen Frau und Beruf Baden-Württemberg Landesfrauenrat Baden-Württemberg Hochschulen Baden-Württemberg Landesrektorenkonferenz der Pädagogischen 127Anhang | Übersicht der Bündnispartnerinnen und Bündnispartner

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Landesverband der Arbeitskreise Unternehmerfrauen Landesverband der baden- im Handwerk Baden-Württemberg e .V . württembergischen Industrie e .V . MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg mbH MiNe-MINT e .V . / Schülerforschungslabor Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Kepler-Seminar e .V . Baden-Württemberg MINISTERIUM FÜR SOZIALES, GESUNDHEIT UND INTEGRATION Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Ministerium für Wissenschaft, Forschung Regionaldirektion Baden-Württemberg Tourismus Baden-Württemberg und Kunst Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit MINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT, FORSCHUNG UND KUNST Rektorenkonferenz der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Baden-Württemberg SCHULEWIRTSCHAFT Baden-Württemberg Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e .V . (Arbeitgeberverband Südwestmetall) Verband Deutscher Maschinen- und Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie Anlagenbau Baden-Württemberg Landesstelle Baden-Württemberg 128Anhang | Übersicht der Bündnispartnerinnen und Bündnispartner

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Bündnisbeitritt 2014: Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Jugendbildung Baden-Württemberg – natec Landesverband für naturwissenschaftlich-technische Jugendbildung Baden-Württemberg e. V. Landesverband naturwissenschaftlich-technische Technoseum Umwelttechnik BW GmbH Universität Stuttgart Bündnisbeitritt 2015: AEROSPACE LAB e .V . Jugendforschungszentrum Experimenta – Science Center der Region Herrenberg-Gäu Heilbronn-Franken gGmbH Hochschule Esslingen Landesmesse Stuttgart Verband deutscher Unternehmerinnen e .V . (VdU) Bündnisbeitritt 2016: Femtec .Alumnae e .V . Jugendstiftung Baden-Württemberg 130Anhang | Übersicht der Bündnispartnerinnen und Bündnispartner

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Bündnisbeitritt 2021: Gesellschaft für Umweltbildung Baden-Württemberg Metropolregion Rhein-Neckar GmbH Stiftung „Junge Kreative Köpfe“ Wissenswerkstatt Friedrichshafen Bildverzeichnis AEROSPACE LAB e.V. Jugendforschungszentrum Herrenberg-Gäu Martin Stollberg Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg Kraufmann&Kraufmann GmbH Krasser Fotografie Michael Latz Forscherfabrik Schorndorf Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Kompetenzzentrum Technik-Diversity- Chancengleichheit e.V. Pädagogische Hochschule Freiburg, Landes- verband für naturwissenschaftlich-technische Jugendbildung Baden-Württemberg (natec), Metropolregion Rhein-Neckar-GmbH Körber Stiftung BMBF/Hans-Joachim Rickel Sebastian Weimann Landesmesse Stuttgart GmbH Baden-Württembergische Handwerkstag 02, 61 02 08-09 18-19, 73, 83 10-11, 16 15 17 20, 39 22-23 24 26 27 29 33 35 36 element-i-Bildungsstiftung IJF/Natalie Dees LIFE e.V. Matt Stark, www.mattstark.de istock, wavebreakmedia Girls‘ Digital Camp Rhein-Neckar, PH Heidelberg unsplash, Tran Mau Tri Tam CyberMentor, Lehrstuhl für Schulpädagogik, Universität Regensburg Foto Krause Lübeck 41 43 45 47 47 49 51 51 51 KIT - Karlsruher Institut für Technologie 53, 98 Landesverband für naturwissenschaftlich-technische Jugendbildung Baden-Württemberg (natec) Unternehmer Baden-Württemberg e.V. IHK Region Stuttgart Adobe Stock, Monkey Business Fotolia, WavebreakMediaMicro Adobe Stock, Robert Kneschke Handwerkskammer Freiburg 2013 Netzwerk F.I.T. 55 57 59 63 65 66 69 71 Baden-Württemberg Stiftung Elfriede Liebenow Fotografie Fotolia.com, Peter Atkins Matthias Respondek Kompetenzzentrum Technik-Diversity- Chancengleichheit e.V. unsplash, thisisengineering unsplash, linkedinsalesnavigator Thanaa Alhakkak Clara Springer Michelle Wild Experimenta Julia Mann Tobias Maurer Annika Vielsack generic.de software technologies AG Ulrike Scheller das foto - die Fotografen in Esslingen SAP SE Nejila Parspour Professorin Dr. Barbara Schwarze 74-75 77 77 79 81 85 85 88 91 92 94 95 97 99 101 102 105 106 109 121 132Anhang | Übersicht der Bündnispartnerinnen und Bündnispartner